Logo von GesetzeFinden.at
Logo
AmigaAIRegulatory MonitoringJudikatur MonitoringAmigaAI SummarySearch APIData APISummary API
Enterprise LösungenIKS IntegrationenLegal LLMChat-LösungenDokumentgenerierungFine-tuningSemantische Suche
PlattformBundesrechtLandesrechtJudikatur
TeamJobs
LinkedInInstagram
AGBDatenschutzerklärungImpressumHaftungsausschluss
ThemenGrundlagen des RechtsVerfahrenshilfe – einfach erklärt

Verfahrenshilfe – einfach erklärt

Was ist der Zweck von der Verfahrenshilfe und wann kannst du sie in Anspruch nehmen?

Sijin Sun

Legal & Marketing

20. Januar 2025

Recht 101

♀

Femininum


Weiterlesen

Grundlagen des Rechts

Logo
AmigaAIRegulatory MonitoringJudikatur MonitoringAmigaAI SummarySearch APIData APISummary API
Enterprise LösungenIKS IntegrationenLegal LLMChat-LösungenDokumentgenerierungFine-tuningSemantische Suche
PlattformBundesrechtLandesrechtJudikatur
TeamJobs
LinkedInInstagram
AGBDatenschutzerklärungImpressumHaftungsausschluss

Willkommen zu unserer einfachen Erklärung der Verfahrenshilfe.


Was ist Verfahrenshilfe?

Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ermöglicht jeder Person ein faires Verfahren. Das meint einerseits den Zugang zu einem Gerichtsverfahren, unabhängig von Vermögensverhältnissen, und andererseits die Beigebung einer Anwältin, wenn es für den Fall erforderlich erscheint.

Durch die Verfahrenshilfe wird ein wichtiger Schritt in Richtung “Faires Verfahren für alle” gesetzt. Es geht um die vorläufige finanzielle Entlastung durch den Staat für Menschen die sich beispielsweise ein Gerichtsverfahren und/oder eine Verteidigerin nicht selber finanzieren können. Die Verfahrenshilfe ist im §64 ff Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und muss beantragt werden.

Die wichtigsten Fälle von Verfahrenshilfe sind

  • die vorläufige Übernahme der Prozesskosten im §64 Abs 1 Z1 Zivilprozessordnung (ZPO) und

  • eine einstweilig unentgeltliche Beigebung einer Vertreterin gemäß §64 Abs 1 Z3 Zivilprozessordnung (ZPO).

Es geht also darum, dass Menschen, deren Vermögen ein faires Gerichtsverfahren nicht decken kann, sich kein ungerechtes Ergebnis gefallen lassen müssen.

Prozesskosten

Unter Prozesskosten fallen nicht nur die Gerichtsgebühren, sondern auch Gebühren für Zeuginnen, Sachverständigerinnen & Dolmetscherinnen und vieles mehr, siehe §64 Abs 1 Z1 ZPO.

Beigebung einer Rechtsanwältin

Bei absoluter Anwaltspflicht oder wenn es erforderlich scheint, soll eine Rechtsanwältin, welche in diesen Fällen auch als “Verfahrenshelferin” bezeichnet wird, beigegeben werden.

Absolute Anwaltspflicht gilt in der Regel…

  • vor dem Bezirksgericht mit einem Streitwert über 5000€

  • vor jedem höheren Gericht (Landes-, Oberlandesgericht und Oberster Gerichtshof)

  • im Rechtsmittelverfahren

Erforderlich ist es bei komplexeren oder umfangreicheren Sachverhalten. Zum Beispiel, wenn die Gegnerin anwaltlich vertreten ist und die Gefahr eines nicht vertretbaren Ungleichgewichts besteht. Nicht ausreichend ist es, wenn nur der Umstand besteht, dass die Gegnerin anwaltlich vertreten ist. Es ist also immer eine Einzelfallentscheidung.

Achtung: Die Frage der Erforderlichkeit stellt sich nur in einem Verfahren in der keine absolute Anwaltspflicht gilt.

💡

Teilverfahrenshilfe & Vollverfahrenshilfe Das Gericht muss nicht immer sämtliche Verfahrenskosten vorläufig übernehmen, sondern kann sie auch nur teilweise gewähren. Z.B. verlangt das Gericht, dass die Verfahrenshilfe beantragende Partei 500€ selber zahlt und der Rest vorläufig übernommen wird.

Voraussetzungen

  • Die Prozesskosten sind ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts nicht aufbringbar,

  • die Klage ist nicht offenbar mutwillig oder aussichtslos &

  • es wird ein schriftlicher Antrag beim Gericht 1. Instanz gestellt.

Ob der notwendige Unterhalt beeinträchtigt wird, wird durch das ausgefüllte Vermögensbekenntnis vom Gericht und einer Revisorin geprüft. Die Revisorin kann z.B. Einwände erheben. Notwendiger Unterhalt ist mehr als der notdürftige, aber weniger als der standesgemäße Unterhalt. Es ist eine Einzelfallentscheidung, weil die individuellen Verhältnisse zu beachten sind.

💡

Sieh dir das Vermögensbekenntnis selber an!

Aussichtslos ist ein Fall, wenn dieser bereits ohne nähere Prüfung erfolglos erscheint. Hier ist aber große Zurückhaltung geboten, weil eigentlich eine gerichtliche Sachentscheidung vorgenommen wird. Deswegen sollte man sich eher auf die Mutwilligkeit stützen.

Mutwillig ist eine Prozessführung, wenn man bei anständiger Würdigung des Sachverhalts die Klage unterlassen würde. Zum Beispiel einen verjährten Anspruch einzuklagen oder nur aufgrund Feindseligkeit jemanden zu klagen.

Viel mehr soll die Klage gute Erfolgsaussichten haben!

Beschluss über die Verfahrenshilfe

Das Gericht bewilligt oder lehnt die Verfahrenshilfe in Form von einem Beschluss ab. Die Entscheidung muss begründet werden und kann gemäß §72 Abs 3 Zivilprozessordnung (ZPO) durch Rekurs bekämpft werden. Eine Revision gegen den Beschluss ist jedoch unzulässig gemäß §528 Abs 2 Z4 Zivilprozessordnung (ZPO). Ebenso absolut unzulässig ist ein Revisionsrekurs im Außerstreitverfahren gemäß §62 Abs 2 Z2 Außerstreitgesetz (AußStrG).

Folgen

Wie oben erwähnt, übernimmt der Staat die Kosten nur vorläufig:

  • wenn die Verfahrenshilfe genießende Partei gewinnt, hat die Gegnerin die einstweilig erlassenen Kosten zu ersetzen §70 Zivilprozessordnung (ZPO)

  • wenn die Verfahrenshilfe genießende Partei verliert, muss sie der siegreichen Partei dessen Kosten ersetzen und Nachzahlungen tätigen gemäß §71 Zivilprozessordnung (ZPO)

Die bewilligte Verfahrenshilfe kann auch erlöschen gemäß §68 Zivilprozessordnung (ZPO), z.B. mit dem Tod der Partei oder wenn die Partei während dem Gerichtsverfahren sich die Prozessführung wieder leisten kann.

Sie kann aber auch entzogen werden, wenn sich herausstellt, dass diese von Anfang an nicht gewährt werden durfte, weil z.B. eine Voraussetzung fehlte. Entzogen wird sie auch, wenn das Vermögensbekenntnis falsch ausgefüllt war und bei richtiger Ausfüllung nicht gewährt worden wäre. Wenn das Vermögensbekenntnis falsch oder unrichtig abgegeben wurde und dadurch die Verfahrenshilfe erschlichen wurde, kann das Gericht zusätzlich eine Mutwillensstrafe als auch eine Strafanzeige erstatten gemäß §69 Zivilprozessordnung (ZPO).

Fun Fact: Auch im Verwaltungsgerichtsverfahren kann Verfahrenshilfe gewährleistet werden, siehe dazu den §8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).


Hat dieser Blog-Post dein Interesse geweckt? Wenn ja, sieh dir weitere spannende Artikel an wie “§20 Angestelltengesetz – einfach erklärt”, “Lebenslange Freiheitsstrafe – einfach erklärt” und “Unterhalt während des Studiums”.

Bundesgesetzgebungsverfahren – einfach erklärt

Vom Gesetzesantrag bis zur Kundmachung – was du drüber wissen solltest💡

Recht 101Jus-Studium
03. Juni 2025
  1. Wahlgrundsätze – einfach erklärt

    28. Februar 2025

    ·

    Welche Prinzipien sind bei Wahlen einzuhalten? 🥸

  2. Gewaltenteilung – einfach erklärt

    19. Februar 2025

    ·

    Welche 3 Staatsgewalten gibt es in Österreich? 🤔

  3. Gewährleistung und Garantie – einfach erklärt

    20. Dezember 2023

    ·

    Recht 101

    Jus-Studium

    Gewährleistung oder Garantie? Worin liegen die Unterschiede und wie kann ich meine Rechte einfordern?