Bescheide & Verordnungen – einfach erklärt
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Dieser Beitrag bietet dir einen Einblick in die zentralen Elemente des Verwaltungshandelns: Bescheide & Verordnungen. Weiters wird auch kurz auf Akte unmittelbarer verwaltungsrechtlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Weisungen eingegangen.
Um einen effektiven Einblick zu gewähren, muss vorab geklärt werden, was eine Verwaltungsbehörde ist und welche Institutionen dazu zählen.
Eine Verwaltungsbehörde ist mit Aufgaben betraut, die der Vollziehung von Gesetzen dienen. Aufgaben wie zum Beispiel der Erteilung einer Gewerbeberechtigung, Ausstellung eines Reisepasses, Zuweisung zu einer Zivildienst-Einrichtung und vielen mehr.
Verwaltungsbehörden sind beispielsweise:
Finanzämter
Bundesdenkmalämter
Polizeidienststellen
Bezirksverwaltungsbehörden, sprich Bezirkshauptmannschaften oder Magistrate in den Städten mit eigenem Statut, wie zum Beispiel Wien
Für Verwaltungsbehörden ist es auch charakteristisch, dass sie einer höheren Verwaltungsbehörde unterstellt sind. Zum Beispiel ist die Polizei dem Bundesministerium für Inneres unterstellt und damit an dessen Weisungen gebunden. Lies mehr zu Weisungen am Ende dieses Artikels.
Einen Sonderfall stellen Gemeinden da, welche gemäß Art 115 ff Bundesverfassungsgesetz (B-VG) territoriale Selbstverwaltungskörper sind. Selbstverwaltungskörper sind juristische Personen, welchen bestimmte Verwaltungsaufgaben übertragen werden und diese, im Gegensatz zu den oben genannten Verwaltungsbehörden, weisungsfrei besorgen. Zwingende Gemeindeorgane gemäß Art 117 Abs 1 B-VG sind die Bürgermeisterin, Gemeinderat und Gemeindevorständin/ Stadtrat oder in Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat. Somit besorgen Gemeindeorgane in ihrem eigenen Wirkungsbereich und die obersten Organe der Bundes- und Landesverwaltung ihre Aufgaben weisungsfrei.
Die obersten Organe der Bundesverwaltung sind die Bundespräsidentin und Bundesministerinnen. Die obersten Organe der Landesverwaltung sind die jeweiligen Landesregierungen, sprich die Landeshauptfrau, stellvertretende Landeshauptfrau und Landesräte.
Aber die gesamte staatliche Verwaltung darf nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden, es gilt das Legalitätsprinzip. Lies mehr dazu in unserem Artikel “Verfassungsgrundsätze – Die Grundprinzipien unserer Demokratie”.
Ein Bescheid ist eine schriftliche Entscheidung einer Verwaltungsbehörde und muss folgende Kriterien erfüllen:
Von einer Verwaltungsbehörde: Verwaltungsbehörden sind wie oben erwähnt zum Beispiel die Bürgermeisterin, Magistrate, Bezirkshauptmannschaften, Finanzämter…
Im Bereich der Hoheitsverwaltung: Hier geht es darum, dass die Behörde hoheitlich handelt und nicht privatwirtschaftlich. Ein privatwirtschaftlicher Akt wäre z.B. eine Gesellschaft zu gründen, weil das jede Person kann. Aber nicht jede Person kann beispielsweise eine Baubewilligung erteilen, eine solche muss hoheitlich ergehen und ist demnach ein hoheitlicher Akt.
Förmlich erlassen: Jeder Bescheid muss gemäß §58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) ausdrücklich als “Bescheid” bezeichnet werden und eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Außerdem muss gemäß §18 Abs 4 AVG die ausstellende Verwaltungsbehörde, das Datum der Genehmigung und den Namen der genehmigenden Person aufweisen.
Individuell: Ein Bescheid muss sich an eine individuelle Person oder abgrenzbaren Personenkreis richten. Zum Beispiel an “Frau X” oder “Bewohnerinnen der Wohnung XY”.
Außenwirksam: Adressierte Personen stehen außerhalb einer Behördenorganisation. Wenn sie innerhalb einer stehen würden, handelt es sich grundsätzlich um eine Weisung. Lies mehr zu Weisungen am Ende dieses Artikels.
Norm: Durch den Bescheid soll eine Rechtslage gestaltet oder verbindlich festgestellt werden. Der im Bescheid enthaltene “Spruch” könnte zum Beispiel lauten “Ihr Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung wurde abgelehnt.”
Leistungsbescheide
Leistungsbescheide zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen. Das wären zum Beispiel Steuerbescheide aber auch Studienbeihilfebescheide. Lies mehr zur Studienbeihilfe in unserem Artikel “Studienbeihilfe & andere Förderungen”.
Rechtsgestaltungsbescheide
Bei Rechtsgestaltungsbescheiden geht es um die Aufhebung, Begründung oder Änderung von Rechtsverhältnissen. Zum Beispiel wären das die Verleihung der Staatsbürgerschaft oder eines akademischen Titels.
Feststellungsbescheide
Feststellungsbescheide stellen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechts oder Rechtsverhältnisses verbindlich fest. Beispiele sind die Zivildiensterklärung und ein Feststellungsbescheid für einen Lehrbetrieb.
Eine Verordnung ist eine generelle Rechtsvorschriften und wird von Verwaltungsbehörden erlassen. Verordnungen wirken wie Gesetze, unterscheiden sich aber im Entstehungsprozess. Lies mehr zur Entstehung von Bundesgesetzen in unseren Artikel “Bundesgesetzgebung – So entsteht ein neues Gesetz”.
Da eine Verordnung von einer Verwaltungsbehörde erlassen wird, durchbricht jede Verordnung das Prinzip der reinen Gewaltentrennung. Denn nach der reinen Gewaltentrennung ist nur der Legislative die Erlassung von Rechtsvorschriften gestattet und nicht der Exekutive, zu der die Verwaltungsbehörden gehören. Es benötigt dazu also immer einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung, wie zum Beispiel der im Art 18 Abs 2 B-VG enthaltenden, die besagt: “Jede Verwaltungsbehörde kann auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereiches Verordnungen erlassen.”
Eine Verordnung muss folgende Kriterien erfüllen, wobei auf viele Voraussetzungen und Erläuterungen des Bescheids verwiesen werden können:
Von einer Verwaltungsbehörde erlassen: Siehe oben.
Im Bereich der Hoheitsgewalt: Siehe oben.
Generell: Der Adressatinnenkreis muss anhand genereller Merkmale beschrieben sein. Die Abgrenzung zwischen Bescheid und Verordnung liegt also genau darin.
Außenwirksam: Siehe oben. Eine Verordnung muss gemäß Art 89 Abs 1 B-VG kundgemacht werden.
Norm: Durch eine Verordnung wird die Rechtslage gestaltet.
Nicht zu verwechseln sind diese Verordnungen mit Europäischen Verordnungen. Die von der EU erlassenen Verordnungen sind in ihren Mitgliedsstaaten unmittelbar geltend und somit sofort anwendbar.
Durchführungsverordnungen
Gemäß Art 18 Abs 2 B-VG benötigen Durchführungsverordnungen eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage (”…aufgrund der Gesetze in ihrem eigenem Wirkungsbereich…”), um diese zu konkretisieren bzw. zu ergänzen. Im Gegensatz zu gesetzesergänzenden und gesetzesändernden Verordnungen benötigen Durchführungsverordnungen keine ausdrückliche verfassungsrechtliche Ermächtigung, aufgrund der generellen im Art 18 Abs 2 B-VG. ”Innerhalb ihres eigenem Wirkungsbereichs” hat zur Folge, dass die Verwaltungsbehörden an ihre allgemeine Vollzugskompetenz gebunden ist, sprich ihrer sachlichen sowie örtlichen Zuständigkeit.
Gesetzesergänzende Verordnungen
Diese “ergänzenden” Verordnungen kommen nur selten vor und können in Fällen, in denen es keine gesetzlichen Regelungen dazu gibt, erlassen werden. Es gibt also keine gesetzlichen Regelungen, aber es werden welche benötigt. Die gesetzesergänzenden Verordnungen gelten nur “subsidiär”, denn sobald ein Gesetz dazu erlassen wird, derogiert es dieses. Sprich das später erlassene Gesetz ändert oder hebt die davor erlassene gesetzesergänzende Verordnung auf. Zum Beispiel regelt Art 118 Abs 6 B-VG die ortspolizeiliche Verordnung, durch die die einfachgesetzliche Rechtslage mit dem Erlass von Verordnungen ergänzt werden kann.
Gesetzesvertretende Verordnungen
Solche Verordnungen können in einem gewissen Bereich, anstelle des Gesetzgebers, Recht erzeugen. Die Bundespräsidentin kann zum Beispiel gemäß Art 65 Abs 2 lit b B-VG neue Berufstitel schaffen. Die Landesregierung kann zum Beispiel gemäß Art 103 Abs 2 B-VG ihre eigene Geschäftsordnung beschließen.
Gesetzesändernde Verordnungen
Diese Verordnungen haben die rechtliche Kraft bestehendes Recht abzuändern. Sie sind besonders stark und demnach nur selten gestattet. Ein solches Recht kommt der Bundespräsidentin zu, nämlich in Form des sogenannten “Notverordnungsrechts” gemäß Art 18 Abs 3 bis 5 B-VG. Dieses erlaubt ihr in Notsituationen, wie zum Beispiel eines Krieges, vorläufig gesetzesändernde Verordnungen auf Vorschlag der Bundesregierung zu erlassen. Bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen dürfen dadurch aber nicht geändert werden.
Sogenannte Akte der unmittelbaren verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergehen ohne vorangehendes Verfahren und es geht um die Erteilung eines Befehls oder die Ausübung von Zwang. Bei AuvBZ wird immer in subjektive Rechte einer Person einseitig eingegriffen.
Beispiele dafür sind:
die Entfernung eines Kfz gemäß §89a Straßenverkehrsordnung (StVO)
die Festnahme gemäß §35 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)
die Schließung eines Gewerbebetriebs gemäß §360 Abs 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO)
Wie bereits am Anfang angesprochen sind die Verwaltungsorgane hierarchisch aufgestellt. Somit erteilen obere Verwaltungsorganen untergestellten Organen verbindliche Weisungen. Diese verwaltungsinternen Anordnungen können als Leitlinien für Mitarbeiterinnen dienen und regeln Organisationsstrukturen und fachliche Aufgaben.
Weisungen sind intern verbindlich gemäß Art 20 Abs 1 B-VG. Nur in Fällen, in welchen sie sich durch die Befolgung der Weisung strafbar machen würden oder die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt bekommen, dürfen sie die Befolgung ablehnen.
Es können auch weisungsfreie Verwaltungskörper eingerichtet werden gemäß Art 20 Abs 2 B-VG. Das sind zum Beispiel die Datenschutzkommission und das Bundesvergabeamt.
Weil Art 1 B-VG lautet: “Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.”
Das Volk wählt das Parlament, welches wiederum staatliche Handlungsakte regelt und kontrolliert.
Organe die hoheitliche Aufgaben erfüllen, sollen für Fehlverhalten vom Parlament verantwortlich gemacht werden können!
Da aber nur die Obersten Verwaltungsorgane dem Parlament verantwortlich sind, kann man ihnen nur Handlungen anderer Verwaltungsorgane vorwerfen, auf die sie auch tatsächlich Einfluss hatten. Durch das Setzen von verbindlichen Weisungen ist dieser Einfluss gegeben.
Deswegen ist die Verwaltung Österreichs hierarchisch aufgebaut. Damit die Letztverantwortlichkeit bei den Obersten Verwaltungsorganen bleibt und das Parlament sie dafür verantwortlich machen kann!
Hast du etwas Neues dazugelernt? Lies dir weitere Artikel von uns durch, wie zum Beispiel “Gefährliche Drohung – einfach erklärt” oder “Zitierregeln für Paragrafen”.