LandesrechtVorarlbergVerordnungenMethodik der Kosten-Nutzen-Analyse für Stromerzeugungsanlagen, Industrieanlagen sowie Fernwärme- oder Fernkältenetze mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW

Methodik der Kosten-Nutzen-Analyse für Stromerzeugungsanlagen, Industrieanlagen sowie Fernwärme- oder Fernkältenetze mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW

In Kraft seit 21. April 2021
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§ 1 § 1 Kosten-Nutzen-Analyse

(1) Diese Verordnung legt nähere Bestimmungen zur Methodik der Kosten-Nutzen-Analyse nach § 12 des Gesetzes über Betreiberpflichten zum Schutz der Umwelt und § 6 Abs. 3 des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes für die im Gesetz genannten Anlagen (Vorhaben nach Art. 14 Abs. 5 lit. a, b, c und d der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz) fest.

(2) Für die Kosten-Nutzen-Analyse gelten die Grundsätze gemäß Anhang IX Teil 2 der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz.

(3) Bei der Kosten-Nutzen-Analyse wird die geplante Anlage bzw. die geplante erhebliche Modernisierung der Anlage nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes über Betreiberpflichten zum Schutz der Umwelt oder § 6 Abs. 3 des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (Vorhaben nach Art. 14 Abs. 5 lit. a, b, c oder d der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz) mit einer gleichwertigen Anlage verglichen, bei der dieselbe Menge an Strom oder an Prozesswärme erzeugt, jedoch Abwärme rückgeführt und Wärme mittels hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung oder durch Anbindung an ein Fernwärme- oder Fernkältenetz abgegeben wird (Vergleichsanlage). Die Kosten-Nutzen-Analyse stützt sich auf eine Beschreibung der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage (§ 4) und beinhaltet eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (§ 5).

§ 2 § 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung ist

a) „Industrieanlage“ eine Anlage, die ausschließlich Prozesswärme für einen industriellen Prozess erzeugt;

b) „Kraft-Wärme-Kopplung“ (KWK) die gleichzeitige Erzeugung thermischer Energie und elektrischer oder mechanischer Energie in einem Prozess;

c) „hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung“ die KWK, die den in Anlage IV des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 festgelegten Kriterien entspricht;

d) „geplante Anlage“ die Errichtung oder erhebliche Modernisierung einer Anlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW, bei der Abwärme mit einem nutzbaren Temperaturniveau entsteht, oder einer thermischen Stromerzeugungsanlage mit einer thermischen Gesamtnennleistung von mehr als 20 MW, die nicht die Kriterien an eine hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung erfüllt;

e) „erhebliche Modernisierung“ eine Modernisierung, deren Kosten mehr als 50 % der Investitionskosten für eine neue vergleichbare Anlage betragen;

f) „Vergleichsanlage“ eine zur geplanten Anlage bezüglich Wärme- bzw. Stromerzeugung gleichwertige Anlage, bei der dieselbe Menge an Prozesswärme oder Strom erzeugt, jedoch Abwärme rückgeführt und Wärme mittels hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung oder durch Anbindung an ein Fernwärme- oder Fernkältenetz abgegeben wird;

g) „Eigenbedarf“ jener Energiebedarf, wie Wärme oder Strom, der für den Betrieb der Industrieanlage oder der thermischen Stromerzeugungsanlage erforderlich ist;

h) „Eigenversorgung“ die innerhalb des Betriebes genutzte Energie, wie Strom oder Wärme, abzüglich des Eigenbedarfs der Industrieanlage oder der thermischen Stromerzeugungsanlage.

§ 3 § 3 Systemgrenze

(1) Systemgrenze ist die Grenze, innerhalb derer die geplante Anlage und etwaige geeignete bestehende oder potenzielle Wärmebedarfspunkte, die über die Anlage versorgt werden können, berücksichtigt werden; dabei ist den praktischen Möglichkeiten (wie z.B. technische Machbarkeit und Entfernung) Rechnung zu tragen.

(2) Die Systemgrenze ist so festzulegen, dass sie die geplante Anlage und die potenziell möglichen Wärmelasten für die Vergleichsanlage umfasst, beispielsweise Gebäude und Industrieprozesse oder vorhandene Fernwärmesysteme sowie in städtischen Gebieten jene Wärmelasten und -kosten, die bestehen würden, wenn eine Gebäudegruppe oder ein Stadtteil ein neues Fernwärmenetz erhielte bzw. an ein solches angeschlossen wäre oder angeschlossen werden würde. Innerhalb dieser Systemgrenze sind die Gesamtkosten für die Bereitstellung von Wärme und Kälte – im Falle einer thermischen Stromerzeugungsanlage die Gesamtkosten für die Bereitstellung für Wärme und Strom – für die geplante Anlage und die Vergleichsanlage zu ermitteln und zu vergleichen.

(3) Die Festlegung der Systemgrenze wird durch die verfügbare Abwärme der geplanten Anlage und durch die potentielle Wärmeabnahme der möglichen Abnehmer bestimmt. Das Verhältnis von nutzbarer Abwärme und dazu erforderlicher Trassenlänge hat zumindest 800 kWh pro Laufmeter Trasse zu betragen.

§ 4 § 4 Technische Anlagenbeschreibung

(1) Die Kosten-Nutzen-Analyse stützt sich auf eine Beschreibung der geplanten Anlage und der Vergleichsanlage und zeigt deren grundsätzliche Charakteristika.

(2) Die Anlagenbeschreibung hat insbesondere folgende technischen Daten zu enthalten:

a) thermische Leistung, im Falle einer thermischen Stromerzeugungsanlage auch die elektrische Leistung ab Generatorklemme;

b) Brennstofftyp;

c) Brennstoffwärmeleistung (jährlich);

d) thermische Energie (jährlich): Gesamterzeugung, davon Eigenbedarf der Anlage, Eigenversorgungsanteil der Anlage, Wärmeverluste des Fernwärmenetzes und nutzbare Wärme;

e) gegebenenfalls elektrische Energie (jährlich): Gesamterzeugung, davon Eigenbedarf der Anlage, Eigenversorgungsanteil der Anlage und Anteil der Netzeinspeisung;

f) geplante Betriebsstunden (jährlich);

g) geplante Volllaststunden (jährlich);

h) Verwendung;

i) Standort.

§ 5 § 5 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

(1) Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung umfasst eine Finanzanalyse einschließlich einer Sensitivitäts- und Risikoanalyse sowie die Barwertbestimmung.

(2) Die Finanzanalyse hat insbesondere folgende wirtschaftlichen Daten zu enthalten:

a) Nutzen aus dem Verkauf von Energie (jährlich);

b) Förderungen und Subventionen (einmalig/jährlich);

c) Restbuchwert (einmalig);

d) Betriebs- und Instandhaltungskosten (jährlich);

e) Finanzierungskosten (jährlich);

f) Brennstoffkosten (jährlich);

g) Steuern und Abgaben (einmalig/jährlich);

h) CO 2 -Kosten (jährlich);

i) sonstige Kosten (einmalig/jährlich);

j) Investitions-, Reinvestitions- und Installationskosten (einmalig);

k) kalkulatorischer Zinssatz;

l) Betrachtungszeitraum, falls er von dem in Abs. 3 festgelegten Betrachtungszeitraum von 30 Jahren abweicht;

m) Kosten-Nutzen-Steigerungsraten, falls solche angenommen werden;

n) Berücksichtigung externer Kosten und Nutzen, insbesondere in Zusammenhang mit Umweltauswirkungen, Klimaauswirkungen, Gesundheit, Nutzen für die Verbraucher (Wärme-Kälte- bzw. Strompreis), Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und Primärenergieeinsparungen, den Arbeitsmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit, wenn für die Bewertung wissenschaftlich belegte, verwertbare Parameter verfügbar sind.

(3) Im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse sind die Barwerte für die geplante Anlage und die Vergleichsanlage zu ermitteln und einander gegenüber zu stellen (Barwertvergleich). Dazu sind die Cashflows für die nach Abs. 2 erfassten Kosten- und Nutzengrößen für jedes Jahr des Betrachtungszeitraumes zu bestimmen. Die Kosten- und Nutzengrößen sind über die Jahre hinweg konstant zu realen Preisen zu berücksichtigen, außer es wird eine belastbare Grundlage für die Annahme zukünftiger Preisentwicklungen innerhalb des Betrachtungszeitraumes dargelegt. Der Betrachtungszeitraum beträgt 30 Jahre, außer es wird eine belastbare Grundlage für die Annahme eines anderen Betrachtungszeitraumes dargelegt. Der Barwert ergibt sich aus der Summe der abgezinsten Cashflows über den Betrachtungszeitraum. Dazu ist ein angemessener kalkulatorischer Zinssatz zu verwenden. Alle anfallenden Kosten- und Nutzenkomponenten werden auf das Jahr hin abgezinst, in dem sie anfallen.

(4) Im Rahmen der Finanzanalyse sind sensible Kostenfaktoren innerhalb einer realistischen Bandbreite anzusetzen und deren Einfluss auf das Ergebnis darzustellen, um besonderen Unsicherheiten bei Annahmen und zukünftigen Entwicklungen Rechnung zu tragen (Sensitivitäts- und Risikoanalyse). Im Detail sind folgende Kostenfaktoren mit den jeweils angegebenen Bandbreiten zu berücksichtigen:

a) kalkulatorischer Zinssatz (Variation +/- 75%);

b) durchschnittlicher Day-Ahead Börsepreis Strom (Variation +/- 50%);

c) erzielbarer Preis für Verkauf von Wärme/Kälte (Variation +/- 50 %);

d) CO 2 Preis (Variation +/- 50 %);

e) Brennstoffkosten (Variation +/- 50 %);

f) Verbrauchsszenarien/Erlösszenarien (Variation +/- 50 %).

(5) Das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist zu dokumentieren.

§ 6 § 6 Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse

Ein positives Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse liegt vor, wenn nach erfolgter Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (§ 5) der abgezinste Gesamtnutzen die abgezinsten Gesamtkosten übersteigt.