Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des A Y, vertreten durch Mag. Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2025, W126 22886301/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 1. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. Jänner 2024 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 23. Mai 2025 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 12. August 2025, E 1817/2025 7, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisionnach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach seinem Vorbringen zu einer im Herkunftsstaat bestehenden Verfolgung kein Glauben geschenkt wurde.
8Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 16.7.2025, Ra 2025/20/0168 bis 0173, mwN).
9 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nicht unschlüssiger Weise mit dem Vorbringen des Revisionswerbers befasst und ist zum Ergebnis gelangt, dass seinen Angaben zu einer Verfolgung im Herkunftsland nicht zu folgen sei. Dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären, wird vom Revisionswerber nicht dargetan.
10Im Besonderen ist hier aufgrund des Vorbringens in der Revision anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Vernehmung eines Asylwerbers zu stützen. Auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 ist es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben der Erstbefragung zu späteren Angaben unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sindeinzubeziehen (vgl. VwGH 12.5.2025, Ra 2025/20/0052, mwN). Zudem ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass die sich auf die Angaben der Erstbefragung beziehenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung ohnedies nur einen Aspekt der beweiswürdigenden Erwägungen ausmachen.
11 Soweit der Revisionswerber einen Verfahrensmangel geltend macht, ist anhand seines Vorbringens schon nicht zu sehen, weshalb die von ihm (als Ausdruck einer SMS sowie in Kopie) vorgelegten Unterlagen der Prüfung auf Echtheit zugänglich wären.
12 Weiters wird vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Verweigerung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Revisionswerber im Herkunftsstaat über kein tragfähiges familiäres Netzwerk verfüge und er in Mogadischu einem Minderheitenclan angehöre.
13 Nach den nach dem oben Gesagten nicht zu beanstandenden Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts handelt es beim Revisionswerber um einen gesunden, erwerbsfähigen und gut ausgebildeten jungen Mann, der aus Mogadischu stammt, dort über ein soziales Netz verfügt und überdies einer der großen („noblen“) Clanfamilien in Somalia angehört.
14 Es gelingt dem Revisionswerber mit seinem Vorbringen, dem er im Übrigen nicht die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, sondern in Bezug auf den Sachverhalt seine eigene Prämisse zugrunde legt, nicht darzulegen, dass er sich im Fall der Rückkehr nach Mogadischu in einer die Existenz bedrohenden Notlage wiederfände. Zudem ist was hier ergänzend anzumerken ist anhand der vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu sehen, dass derartiges der Fall wäre, selbst wenn der Revisionswerber nach der Rückkehr im Herkunftsstaat keine familiäre Unterstützung erhielte und die Mitglieder seines Clans nicht mehrheitlich in Mogadischu vertreten wären.
15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. Oktober 2025