JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0476 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des H A, vertreten durch Rast Musliu Rechtsanwälte in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. August 2025, I414 23164131/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber, ein tunesischer Staatsangehöriger, stellte am 30. Juni 2022 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2Mit - rechtskräftigem - Bescheid vom 31. Juli 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag sowohl hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Tunesien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Am 29. April 2025 stellte der Revisionswerber einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen mit dem Fortbestehen der bereits in seinem Erstantrag vorgebrachten Fluchtgründe sowie ergänzend damit, dass er vor einem Jahr eine Frau kennengelernt habe, die er heiraten wolle. Er habe sich hier in die Gesellschaft integriert.

4Mit Bescheid vom 29. Juni 2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Folgeantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Es wurde dem Revisionswerber erneut kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht festgelegt.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 5. August 2025 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Weiters erklärte das Verwaltungsgericht die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisionnach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

9Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 BVG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 20.8.2025, Ra 2025/20/0076, mwN).

10 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass das Verwaltungsgericht sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlung und ohne Begründung hinwegsetzen dürfe und es für das erkennende Gericht nicht zulässig gewesen sei, ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorwegzunehmen. Das Vorliegen von ausreichenden und eindeutigen Beweisergebnissen für die Annahme einer bestimmten Tatsache rechtfertige nicht die Auffassung, dass die Vernehmung des zum Beweis des Gegenteils geladenen Revisionswerbers nicht geeignet sei, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Das Bundesverwaltungsgericht habe das „Überraschungsverbot“ außer Acht gelassen und habe ohne nachvollziehbare Begründung „von der Einvernahme des zur Verhandlung beantragten Revisionswerbers Abstand genommen“. Die Feststellungen zu seiner fehlenden sozialen und beruflichen Integration seien unrichtig. Der Revisionswerber spreche sehr gut Deutsch und sei im Bundesgebiet „sozial komplett verankert“. Die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes sei vor diesem Hintergrund unvertretbar und könne keinen Bestand haben.

11 Durch eine solche bloß pauschale Behauptung der Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird aber keine konkrete Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt. Es muss in der Revision vielmehr ein konkreter Bezug zwischen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und dem Revisionsfall hergestellt werden. Das Zulässigkeitsvorbringen lässt einen Bezug auf die individuelle Situation des Revisionswerbers gänzlich vermissen. Auf die konkret auf den Revisionswerber bezogenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wird in der Revision überhaupt nicht eingegangen. Insgesamt wird die Revision den oben dargestellten Anforderungen sohin nicht gerecht.

12 Zudem wird soweit ansatzweise gerade noch erkennbar der Sache nach sachverhaltsbezogene Umstände angesprochen werdenvom Revisionswerber nicht aufgezeigt, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen beweiswürdigenden Erwägungen mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären (vgl. zum Prüfmaßstab im Revisionsverfahren betreffend die Beweiswürdigung VwGH 23.6.2025, Ra 2025/20/0214, mwN).

13Im Übrigen wird in der Begründung der Zulässigkeit der Revision auch der Anforderung an eine Relevanzdarstellung bei Verfahrensmängeln nicht Rechnung getragen (vgl. zur Notwendigkeit der konkreten Relevanzdarlegung von Verfahrensmängeln etwa VwGH 5.3.2025, Ra 2025/20/0009, mwN).

14 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Oktober 2025