Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schmied, LL.M., über die Revision des S Y, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in Seiersberg Pirka, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2025, L519 22737342/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte erstmals am 25. Mai 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er unter anderem damit begründete, aufgrund seiner Schwester, die sich der PKK angeschlossen habe, verfolgt zu werden.
2Mit Bescheid vom 8. Mai 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Erkenntnis vom 17. Juli 2024, L510 2273734 1/13E, wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, E 3332/20245, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision mit Beschluss vom 21. November 2024, Ra 2024/01/0385, zurück.
5 Am 13. März 2025 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
6Mit Bescheid vom 3. Juni 2025 wies das BFA diesen Folgeantrag zur Gänze wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Türkei fest, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
7 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem gegenständlichen Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
8 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. September 2025, E 2101/2025-9, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge erhob der Revisionswerber die gegenständliche außerordentliche Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12Der Revisionswerber führt in der Zulässigkeitsbegründung unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 9. September 2021, C-18/20, und das in der Folge ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2021, Ro 2019/14/0006, aus, dass der Haftbefehl als neues Element iSd Art. 40 Abs. 2 und 3 RL 2013/32/EU und des § 68 AVG zu qualifizieren sei und zudem keine entschiedene Sache vorliege.
13Zwar stünde das angesprochene Urteil des EuGH und das anschließend ergangene Erkenntnis VwGH 19.10.2021, Ro 2019/14/0006, einer Sichtweise entgegen, wonach neues Sachverhaltsvorbringen in einem Folgeantrag unter Hinweis darauf unbeachtet bliebe, dass die Tatsachen schon im ersten Asylverfahren hätten vorgebracht werden können und müssen (vgl. VwGH 9.4.2025, Ra 2025/14/0021, mwN).
14 Im gegenständlichen Fall hat das BVwG allerdings dem Fluchtvorbringen bzw. der behaupteten Sachverhaltsänderung nämlich, dass es einen neuen Haftbefehl gebeden „glaubhaften Kern“ abgesprochen, was nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurückweisung des Folgeantrags berechtigte. Diese Judikatur wurde durch das erwähnte Urteil des EuGH nicht berührt (vgl. wiederum VwGH Ra 2025/14/0021, mwN). Dass das BVwG fallbezogen von diesen Leitlinien abgewichen wäre und insbesondere die Erwägungen des BVwG zum fehlenden „glaubhaften Kern“ unzutreffend gewesen wären, legt die Revision nicht dar.
15Soweit in der Zulässigkeitsbegründung gerügt wird, das BVwG habe die Abgrenzung zwischen den Begriffen „Strafverfolgung“ und „politische Verfolgung“ verkannt und die Haftbedingungen in der Türkei nicht berücksichtigt, ist auszuführen, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG lediglich die Frage war, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das BFA gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 9.12.2020, Ra 2019/19/0424, mwN). Dass das BVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt.
16 Soweit der Revisionswerber schließlich eine Verletzung der Verhandlungspflicht entgegen der Bestimmungen des § 21 Abs. 7 BFA VG ins Treffen führt, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahrenwozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFAVG, folgt. Dass das BVwG von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren abgewichen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen (vgl. dazu VwGH 27.8.2025, Ra 2025/19/0154, mwN).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Oktober 2025
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