JudikaturVwGH

Ra 2025/16/0017 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über den Antrag der Dr. R H, Rechtsanwältin in F, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. Jänner 2025, RV/3100060/2024, betreffend Aberkennung der Selbstberechnungsbefugnis, und in der Revisionssache gegen dieses Erkenntnis, den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, mit dem die Befugnis der Revisionswerberin zur Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 11 Abs. 2 GrEStG aberkannt worden war, mit näherer Begründung ab. Dieses Erkenntnis wurde der Revisionswerberin nach dem Vorbringen in der Revision bzw. nach den im Verfahrensakt einliegenden Nachweisen am 13. Jänner 2025 zugestellt.

2 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete (an das Bundesfinanzgericht adressierte) Revision vom 9. Februar 2025 brachte die Revisionswerberin am 24. Februar 2025 elektronisch unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof ein. Am 25. Februar 2025 (Postaufgabedatum) versendete sie die Revision per Post an das Bundesfinanzgericht, wo sie am 26. Februar 2025 einlangte.

3 Mit Verfügung vom 26. Februar 2025 leitete der Verwaltungsgerichtshof die Revisionim Hinblick auf § 24 Abs. 1 und § 25a Abs. 5 VwGG zuständigkeitshalber dem Bundesfinanzgericht weiter.

4 Mit Vorlagebericht vom 19. März 2025 legte das Bundesfinanzgericht die Revision vom 9. Februar 2025 dem Verwaltungsgerichtshof vor.

5 Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 2025 wurde die Revisionswerberin aufgefordert, zur Frage der Rechtzeitigkeit der Revisionserhebung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung Stellung zu nehmen.

6 Mit Eingabe vom 9. April 2025 stellte die Revisionswerberin den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte dazu vor, sie habe am 24. Februar 2025 mehrfach versucht, die Revision beim Bundesfinanzgericht elektronisch einzubringen. Da dies nicht möglich gewesen sei, habe sie sich mit der Hotline von „JurXpert“ in Verbindung gesetzt, wo ihr mitgeteilt worden sei, dass die (elektronische) Einbringung aufgrund technischer Probleme „derzeit“ nicht möglich sei. Zwecks Wahrung der Rechtzeitigkeit habe sie in der Folge die Revision direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, was technisch möglich gewesen sei. Am folgenden Tag (dem 25. Februar 2025) habe sie die Revision nochmals postalisch an das Bundesfinanzgericht geschickt. Die Versäumung der Revisionsfrist gehe daher auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurück, weil die Revisionswerberin durch eine technische Störung der Verbindung daran gehindert worden sei, ihrer Verpflichtung, die Revision elektronisch zu übermitteln, nachzukommen.

Zu Spruchpunkt I.:

7Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

8Der Begriff des minderen Grads des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben. An berufliche rechtskundige Parteienvertreter ist dabei ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen (vgl. VwGH 4.8.2022, Ra 2020/13/0063, mwN).

9In den Fällen des § 46 Abs. 1 VwGG wie vorliegend ist der Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht und ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

10Die Frist im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG beginnt mit dem „Wegfall des Hindernisses“. Als Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG ist jenes Ereignis iSd § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Einhaltung der Frist verhindert hat (vgl. etwa VwGH 2.2.2022, Ra 2021/03/0024, mwN).

11Im Wiedereinsetzungsantrag ist konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu bezeichnen, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. VwGH 31.10.2022, Ra 2022/14/0256, mwN).

12 Im vorliegenden Fall wurde die Frist zur Erhebung der Revision unstrittig versäumt (vgl. unten zu Spruchpunkt II.).

13 Die Revisionswerberin führt im Wiedereinsetzungsantrag aus, die Antragstellung zum jetzigen Zeitpunkt erfolge deshalb, weil ihr „nun mehr bekannt gegeben wird, dass die weitergeleitete Revision erst am 26. Februar 2025 beim Bundesfinanzgericht“ eingelangt sei. Damit bringt sie offenbar zum Ausdruck, von der Versäumung der Revisionsfrist erst aufgrund der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2025 erfahren zu haben.

14 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof wie bereits ausgeführtmit Verfügung vom 26. Februar 2025 die Revision zuständigkeitshalber dem Bundesfinanzgericht weitergeleitet hat und diese Verfügung auch der Revisionswerberin elektronisch zugestellt wurde (Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich am 27. Februar 2025; Zustellung gemäß § 75 Abs. 2 VwGG somit am 28. Februar 2025). Die Revisionswerberin hätte somit bereits aufgrund dieser Weiterleitung jedenfalls erkennen müssen, dass die Revision nicht innerhalb der Revisionsfrist beim Bundesfinanzgericht (als zuständige Stelle) eingelangt ist (Wegfall des Hindernisses iSd § 46 Abs. 3 VwGG).

15Dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Fall der Einbringung der Revision bei einer unzuständigen Stelle die Revisionsfrist nur gewahrt wird, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt, wobei die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters erfolgt (vgl. etwa VwGH 3.2.2025, Ra 2024/16/0041, mwN), muss einem berufsmäßigen Parteienvertreter bekannt sein.

16Ausgehend davon ist die zweiwöchige Frist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG für die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrags bereits am 14. März 2025 abgelaufen, womit der vorliegende Antrag verspätet ist.

Zu Spruchpunkt II.:

17Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen und beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 BVG gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

18Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt eine Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die für die Erhebung der Revision geltende Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt (vgl. etwa VwGH 2.12.2024, Ra 2024/15/0053, mwN).

19 Im vorliegenden Fall endete die sechswöchige Revisionsfrist ausgehend von der unbestrittenen Zustellung der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes am 13. Jänner 2025 mit Ablauf des 24. Februar 2025. An eben diesem Tag wurde die gegenständliche Revision (kurz nach 21 Uhr) beim Verwaltungsgerichtshofentgegen § 25a Abs. 5 VwGG und somit bei der unzuständigen Stelle eingebracht. Am 26. Februar 2025, als die Revision vom Verwaltungsgerichtshof an das zuständige Bundesfinanzgericht übermittelt wurde und dort einlangte, war die Revisionsfrist bereits abgelaufen. Auch die postalisch an das Bundesfinanzgericht versendete Revision wurde nach Ablauf der Revisionsfrist nämlich am 25. Februar 2025 zur Post gegeben.

20Die Revision erweist sich daher als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen war.

Wien, am 23. Mai 2025