Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Innsbruck, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 15. Oktober 2024, Zl. RV/3100422/2024, betreffend Einkommensteuer 2023 (mitbeteiligte Partei: W F in V), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.
1 Der Mitbeteiligte ist nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes (BFG) ASVG Pensionist und hat für eine nähere bezeichnete Bank gearbeitet. Er erhielt als (ehemaliger) Mitarbeiter dieser Bank vergünstigte Kontoführungskonditionen, vergünstigte Depotgebühren sowie höhere Guthabenzinsen auf Spareinlagen.
2 Am 19. Mai 2024 hat der Mitbeteiligte seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2023 eingereicht.
3 Mit Bescheid vom 12. Juni 2024 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2023 fest, wobei es die dem Mitbeteiligten gewährten Vergünstigungen aus seinem früheren Dienstverhältnis als steuerpflichtige Einkünfte einstufte, die soweit für die Revision von Bedeutung nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 fielen.
4 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision zugelassen wurde, gab das BFG der Beschwerde Folge und änderte die Bemessungsgrundlage sowie die Höhe der festgesetzten Abgaben zu Gunsten des Mitbeteiligten ab. Begründend führt es aus, nach § 47 Abs. 1 EStG 1988 sei „Arbeitnehmer“ eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit beziehe, zu denen gemäß § 25 EStG 1988 auch Bezüge und Vorteile aus einem früheren Dienstverhältnis zählten. Demnach kämen geldwerte Vorteile iSd § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 auch ehemaligen Dienstnehmern zu Gute, weil diese ebenfalls als Arbeitnehmer im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen anzusehen seien. Die dem Mitbeteiligten von seinem ehemaligen Arbeitgeber gewährten vergünstigen Kontoführungskonditionen und vergünstigten Depotgebühren seien somit infolge Nicht-Überschreitens der 1.000 € Grenze steuerfrei. Der erhöhte Zinsertrag sei bereits gemäß § 97 EStG 1988 der Kapitalertragsteuer unterworfen worden, womit die Steuer abgegolten sei.
6 Die Revision ließ das BFG mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft ehemaliger Mitarbeiter fehle.
7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Amtsrevision des Finanzamtes. Darin bringt es vor, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Rechtsfrage fehle, ob ein Arbeitgeber den Mitarbeiterrabatt gemäß § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 auch ehemaligen Arbeitnehmern steuerfrei gewähren könne. Auch fehle Rechtsprechung zur Frage, ob auf Grund der Formulierung in § 3 Abs. 1 Z 21 lit. a EStG 1988 der Mitarbeiterrabatt vom Arbeitgeber nur eingeschränkt für seine „aktiven“ Arbeitnehmer (Mitarbeiter), somit für Personen, die in einem aufrechten Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stünden, steuerfrei behandelt werden könne.
8 Der Mitbeteiligte erstattete hierzu eine Revisionsbeantwortung.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Amtsrevision ist zulässig, aber nicht begründet.
11 Die einschlägigen Bestimmungen des EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung lauten auszugsweise:
„§ 3. (1) Von der Einkommensteuer sind befreit:
[...]
21. Der geldwerte Vorteil gemäß § 15 Abs. 2 Z 3 lit. a aus dem kostenlosen oder verbilligten Bezug von Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber oder ein mit dem Arbeitgeber verbundenes Konzernunternehmen im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (Mitarbeiterrabatt), nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) Der Mitarbeiterrabatt wird allen oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern eingeräumt.
b) Die kostenlos oder verbilligt bezogenen Waren oder Dienstleistungen dürfen vom Arbeitnehmer weder verkauft noch zur Einkünfteerzielung verwendet und nur in einer solchen Menge gewährt werden, die einen Verkauf oder eine Einkünfteerzielung tatsächlich ausschließen.
c) Der Mitarbeiterrabatt ist steuerfrei, wenn er im Einzelfall 20% nicht übersteigt.
d) Kommt lit. c nicht zur Anwendung, sind Mitarbeiterrabatte insoweit steuerpflichtig, als ihr Gesamtbetrag 1 000 Euro im Kalenderjahr übersteigt.
[...]
§ 15 [...] (2) [...] 3. Für Mitarbeiterrabatte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 21 gilt Folgendes:
a) Ist die Höhe des geldwerten Vorteils nicht mit Verordnung gemäß Z 2 festgelegt, ist für Mitarbeiterrabatte der geldwerte Vorteil abweichend von Z 1 von jenem um übliche Preisnachlässe verminderten Endpreis zu bemessen, zu dem der Arbeitgeber Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Sind die Abnehmer des Arbeitgebers keine Letztverbraucher (beispielsweise Großhandel), ist der um übliche Preisnachlässe verminderte übliche Endpreis des Abgabeortes anzusetzen.
[...]
§ 25. (1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:
1.a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.
[...]
§ 47. (1) Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt.“
12 Mit § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 wurde eine Steuerbefreiung für sogenannte Mitarbeiterrabatte geschaffen. Voraussetzung ist unter anderem , dass der Arbeitgeber diese einem oder mehreren Gruppen von Arbeitnehmern einräumt. Der Begriff des Arbeitnehmers richtet sich nach § 47 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988. Demnach gilt als Arbeitnehmer jede natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Solche Einkünfte liegen nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 insbesondere dann vor, wenn Bezüge oder Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis bezogen werden.
13 Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage lässt sich keine Absicht des Gesetzgebers entnehmen, dass Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen nicht unter die Steuerbefreiung fallen sollen. So wird als Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung nur genannt, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiterrabatt allen Mitarbeitern oder zumindest bestimmten Gruppen von Mitarbeitern einräumen muss (vgl. RV 684 BlgNR 25. GP, 7).
14 § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 erfasst somit auch Vorteile, die aus einem früheren Dienstverhältnis entspringen. Diese können sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind unter die Steuerbefreiung fallen und als Mitarbeiterrabatt gelten.
15 Nach den unbestrittenen Feststellungen des BFG wurden dem Mitbeteiligten auf Basis seines früheren Dienstverhältnisses vergünstigte Kontoführungskonditionen und vergünstigte Depotgebühren gewährt. Demnach ging das BFG zu Recht davon aus, dass diese Vorteile unter die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 fallen können.
16 Läge die Ursache der günstigen Bankkonditionen nicht im (früheren) Dienstverhältnis des Mitbeteiligten, sondern wären sie etwa Ausfluss einer allgemeinen Kundenbindungsaktion oder allgemeiner, nicht mitarbeiterbezogener „Rabatte“, so wären die Vorteile im Übrigen gar nicht steuerbar iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 und würde sich die Frage nach einer allfälligen Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 21 EStG 1988 schon von vorneherein nicht stellen.
17 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
18 Das Kostenbegehren des Mitbeteiligten, welcher sich vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 23 Abs. 1 VwGG nur durch einen Rechtsanwalt oder (wie hier in Abgabensachen) durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen kann, war abzuweisen, weil ein Mitbeteiligter gemäß § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG nur Anspruch auf Ersatz des Aufwandes hat, der für ihn mit der Einbringung einer Revisionsbeantwortung durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war (Schriftsatzaufwand), und die Revisionsbeantwortung nicht durch einen solchen eingebracht wurde (VwGH 12.11.2019, Ro 2018/16/0047).
Wien, am 27. Mai 2025