Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer sowie den Hofrat Mag. M. Mayr, LL.M., als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision (bei Einbringung der Revision) des Mag. Alex Tschuprina, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter der A, nunmehr der A, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 29. September 2023, RV/7102632/2014, betreffend Kapitalertragsteuer 2007 bis 2009, Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 sowie Körperschaftsteuer 2007 bis 2009, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheiden vom 7. und 8. Oktober 2013 wurden bei der Revisionswerberin nach Durchführung einer Außenprüfung die Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 wiederaufgenommen und neue Körperschaftsteuerbescheide für die genannten Jahre erlassen; weiters wurden für diesen Zeitraum Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer erlassen.
2 Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 24. Februar 2014 abgewiesen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009, Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 sowie Kapitalertragsteuer 2007 bis 2009 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens stellte das Bundesfinanzgericht fest, es sei auf den Konten der Revisionswerberin zu diversen Einzahlungen von Offshore Gesellschaften in näher genannter Höhe gekommen. In der Folge hätten die drei zeichnungsberechtigten Personen, Dr. CP, Dr. MP und IM, von den inländischen Bankkonten der Revisionswerberin näher genannte Beträge in Millionenhöhe abgehoben.
5 Von diesen Behebungen sei nur ein bestimmter Betrag beim Zoll als Bargeldausfuhr gemeldet worden. Die Differenz, also zumindest die Summe der nicht gemeldeten überführten Barbeträge, sei dem Machthaber Dr. CP, dem Machthaber und Gesellschafter Dr. MP sowie dem Gesellschafter Geschäftsführer IM in jeweils näher genanntem Umfang zugeflossen. Dr. CP und Dr. MP hätten mit IM eine enge Freundschaft und langjährige Geschäftspartnerschaft gepflegt und eine beherrschende Stellung bei der Revisionswerberin ausgeübt.
6 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, eine verdeckte Ausschüttung bedinge nicht, dass die auf Ebene der Kapitalgesellschaft eingetretene Vermögensminderung zum Zufluss eines entsprechenden Vermögensvorteils beim Anteilsinhaber führe. Dieser könne auch einer nahestehenden Person zugutekommen, was gegenständlich bei Dr. CP und Dr. MP der Fall sei. Es entspreche nicht dem Fremdvergleich, die Tätigkeit von Angestellten oder Treuhändern der Beteiligungsgesellschaft mit hohen Beträgen ohne eine der Angehörigenjudikatur entsprechende Vereinbarung abzugelten.
7 Es sei erwiesen, dass die Vertreter der Revisionswerberin und Machthaber mit beherrschender Stellung im bewussten Zusammenwirken durch gemeinsame Willensbildung zum Nachteil der Revisionswerberin gehandelt und die eingetretene Vermögensminderung unmittelbar kausal bewirkt hätten. Somit sei die subjektive Komponente der verdeckten Ausschüttung erfüllt.
8 Es sei der Außenprüfung zu folgen, wenn sie die nicht als Bargeldtransfer gemeldeten Barbeträge als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet habe. Ziel einer Schätzung sei es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Die Wahl der Schätzungsmethode sei grundsätzlich frei. Es sei jene Methode zu wählen, die am geeignetsten erscheine. Die vorgenommene Schätzung und die Anwendung des Verhältnisses der durchgeführten Barbehebungen der Zeichnungsberechtigten auf den Bankkonten der Revisionswerberin auf die nicht gemeldeten Bargeldtransfers werde „hiermit als geeignet erachtet“. Die Revisionswerberin habe am Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht mitgewirkt. Beweismittelanbote fehlten gänzlich.
9 Dass die ausländischen Geschäfte im Inland aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen und der anzuwendenden Befreiungsmethode nicht zu versteuern gewesen wären und die Geschäftsleitung der Revisionswerberin sich im Ausland befunden hätte, könne nicht festgestellt werden, zumal sich IM, dessen Gattin und Tochter mit Wohnsitz im Inland befunden hätten.
10 Es seien neue Tatsachen im Außenprüfungsverfahren hervorgekommen, sohin sei die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 zu Recht erfolgt.
11 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom 17. September 2024, E 3572/2023 8, ab und trat sie zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.
12 Gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts richtet sich die Revisionswerberin mit der gegenständlichen Revision.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt demnach anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 21.3.2025, Ra 2021/13/0146, mwN).
17In den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist dabei konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht oder welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 26.8.2025, Ra 2025/13/0100, mwN).
18 Die Revisionswerberin bestreitet zunächst die „Berechtigung zur Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung“ und erhebt dazu die Frage, ob die „belangte Behörde“ (damit ist nach dem Rubrum der Revision und dem Vorbringen in der Revision offenbar das Bundesfinanzgericht gemeint) tatsächlich dazu ermächtigt sei, die Geschäftstätigkeit der Revisionswerberin erneut zu ermitteln und die Richtigkeit einer darauf basierenden Schätzung zu prüfen. Mit diesem Vorbringen wird worauf auch das weitere Vorbringen in der Revision hindeutet die Schätzungsbefugnis der Behörde und des Verwaltungsgerichts bestritten.
19Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass, soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, sie diese zu schätzen hat (§ 184 Abs. 1 BAO; dies gilt gemäß § 269 Abs. 1 BAO auch für das Verwaltungsgericht). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
20 Die Befugnis (Verpflichtung) zur Schätzung beruht auf der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. Das Bundesfinanzgericht führte dazu näher aus, die Buchhaltung der Revisionswerberin sei (erst) im Nachhinein erstellt worden; Belege seien nicht mehr vollständig vorgelegen. Im Zuge der Außenprüfung seien weitere Unterlagen und Belege abverlangt, aber nicht vorgelegt worden. Kopien von Rechnungen und Frachtbriefen seien nur vereinzelt vorgelegt worden; das Rechnungswesen habe damit nicht verprobt werden können. Bei der Prüfung der Bargeldbeträge hätten sich Ungereimtheiten und Lücken ergeben, die nicht aufgeklärt worden seien. Die vorgegebene Geschäftstätigkeit habe wegen der fehlenden Vorlage von Unterlagen und der fehlenden Mitwirkung der Revisionswerberin nicht verifiziert werden können. Die Revisionswerberin habe zwar behauptet, dass die Grundaufzeichnungen nicht vernichtet worden seien; diese seien aber nicht vorgelegt worden.
21 Diese Tatsachenannahmen des Bundesfinanzgerichts werden im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht konkret bestritten. Vor diesem Hintergrund ist dem Bundesfinanzgericht aber nicht entgegenzutreten, wenn es vom Vorliegen einer Schätzungsbefugnis ausgegangen ist.
22Die Revisionswerberin moniert auch die überlange Verfahrensdauer. Dazu ist sie darauf zu verweisen, dass mit diesem Vorbringen nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses dargetan werden kann. Zur Gewährleistung einer angemessenen Verfahrensdauer stehen die Rechtsbehelfe der Säumnisbeschwerde und des Fristsetzungsantrages zur Verfügung (vgl. VwGH 25.3.2024, Ra 2022/13/0093, mwN). Dass derartige Säumnisbehelfe ergriffen worden wären, wird nicht vorgebracht.
23 Wenn schließlich als Rechtsfrage vorgetragen wird, ob die „belangte Behörde durch Festlegung einer ‚erhöhten‘ Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen eine faktische Beweislastumkehr initiieren“ könne, genügt es, darauf hinzuweisen, dass nach den unwidersprochenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtsdie Revisionswerberin am Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht mitgewirkt habe und Beweismittelanbote gänzlich fehlten. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass eine solche Mitwirkungspflicht auch bei Vorliegen ungewöhnlicher Verhältnisse, die nur durch den Abgabepflichtigen aufklärbar sind, gegeben ist (vgl. VwGH 18.12.2024, Ra 2023/13/0032, mwN).
24 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. Oktober 2025
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