Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Posch und die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Arbeitsmarktservice Mattersburg gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2025, W228 2304092 1/9E, betreffend Gewährung von Weiterbildungsgeld (mitbeteiligte Partei: Mag. V T), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 11. September 2024 gab die nunmehr revisionswerbende regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) einem Antrag der Mitbeteiligten, ihr ab dem 1. August 2024 Weiterbildungsgeld zuzuerkennen, keine Folge. Die Mitbeteiligte habe keine geeigneten Nachweise über eine Ausbildung ab dem 1. August 2024 vorgelegt.
2 Der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das AMS mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. November 2024 nicht statt. Die Mitbeteiligte habe mit ihrem Dienstgeber eine Bildungskarenz von 1. August 2024 bis 31. Juli 2025 vereinbart. In ihrem Antrag auf Zuerkennung von Weiterbildungsgeld habe sie vorgebracht, sie werde ab dem 1. August 2024 an einer Doktorarbeit, die sie an der Universität Osnabrück einreichen werde, arbeiten. Auf die Aufforderung hin, einen „Nachweis über die Ausbildung ab 1.8.2024 bis 31.7.2025“ vorzulegen, habe sie ein Schreiben eines Universitätsprofessors vom 27. Juli 2024 vorgelegt, mit dem dieser bestätigt habe, dass er die Mitbeteiligte bei der Vorbereitung und Erarbeitung einer Dissertation betreue, mit der die Mitbeteiligte die Promotion an der Universität Osnabrück plane. Am 9. September 2024 habe die Mitbeteiligte eine Bestätigung der Universität Osnabrück nachgereicht, der zufolge der Antrag der Mitbeteiligten auf Aufnahme als Doktorandin eingelangt sei, die nächste Sitzung des Promotionsausschusses jedoch erst am 9. Oktober 2024 stattfinden würde. Daraufhin habe das AMS den Bescheid vom 11. September 2024 erlassen.
3 Am 15. Oktober 2024 habe die Mitbeteiligte neuerlich die Zuerkennung von Weiterbildungsgeld beantragt und in der Folge eine Bestätigung der Universität Osnabrück vom 21. Oktober 2024, wonach sie als Doktorandin zugelassen worden sei, sowie eine weitere Bestätigung derselben Universität vom 28. Oktober 2024, der zufolge die Mitbeteiligte ordnungsgemäß als Studentin im Wintersemester 2024/2025 immatrikuliert sei, vorgelegt. Daraufhin sei der Mitbeteiligten ab 15. Oktober 2024 Weiterbildungsgeld in der Höhe von € 43,51 täglich zuerkannt worden.
4 Die Mitbeteiligte habe also „per 1. August 2024 keine universitäre Ausbildung absolviert“, da die Zulassung als Doktorandin erst per 21. Oktober 2024 erfolgt und eine Inskriptionsbestätigung ab dem Wintersemester 2024/2025 vorgelegen sei. Ein bloßer „Austausch“ mit einem Professor, der die beabsichtigte Erarbeitung der Dissertation begleiten werde, könne nicht als ausreichender Nachweis für die Absolvierung eines Doktoratsstudiums angesehen werden, zumal die Mitbeteiligte zum damaligen Zeitpunkt nicht als Doktorandin zugelassen gewesen sei.
5 Nach Stellung eines Vorlageantrages durch die Mitbeteiligte gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung „mit der Maßgabe, dass der [Mitbeteiligten] ab 1. August 2024 das Weiterbildungsgeld im gesetzlichen Ausmaß (Tagsatz in Höhe von € 43,51)“ zu gewähren sei, statt. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 In der Begründung hielt das Bundesverwaltungsgericht insbesondere fest, um an der Universität Osnabrück studieren zu können, bedürfe es nach § 17 der Immatrikulationsordnung der Universität Osnabrück nicht zwingend der Einschreibung. Erst zum Zeitpunkt der Abgabe der Dissertation, der Begutachtung und der Disputation müssten Promovierende eingeschrieben sein. Um sich jedoch einschreiben zu können, bedürfe es u.a. einer Entscheidung des Promotionsausschusses über die Annahme und einer Bestätigung über die Betreuungszusage. Die Mitbeteiligte habe im August und September 2024 mit zahlreichen, im Einzelnen angeführten E Mails mit dem Professor, der die in der Beschwerdevorentscheidung erwähnte Betreuungszusage abgegeben habe, kommuniziert, insbesondere über das Exposé, das ihm die Mitbeteiligte übermittelt habe.
7Die Ansicht des AMS, dass eine Zulassung als Doktorandin und eine Immatrikulation vorliegen müssten, um von der Absolvierung einer Weiterbildungsmaßnahme im Sinne des § 26 AlVG ausgehen zu können, widerspreche dem Erkenntnis VwGH 17.10.2023, Ro 2022/08/0017, das in einem vergleichbaren Zusammenhang die Glaubhaftmachung der Absolvierung der Weiterbildungsmaßnahme ausreichen habe lassen. Das von der Mitbeteiligten ab 1. August 2024 betriebene Doktoratsstudium an der Universität Osnabrück sei „geeignet, eine Weiterbildungsmaßnahme iSd § 26 AlVG darzustellen“.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung insbesondere vor, die Promotionsordnung der Universität Osnabrück bezeichne die von der Mitbeteiligten im August und September 2024 durchlaufenen Verfahrensschritte bis zur Entscheidung des Promotionsausschusses über die Zulassung zum Doktoratsstudium als „Vorverfahren“. Dem AMS sei keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bekannt, die ein „außeruniversitäres Betreuungsverhältnis im Anfangsstadium einer beabsichtigten Dissertation“ als Ausbildung im Sinne des § 26 AlVG qualifiziert hätte.
12§ 26 AlVG ist gemäß § 80 Abs. 19 AlVG in der Fassung des Art. 14 Z 1 Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025, BGBl. I Nr. 7/2025, mit Ablauf des 31. März 2025 außer Kraft getreten.
13Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes folgend vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. VwGH 3.12.2024, Ro 2023/08/0021, mwN).
14 Dass über die hier aufgeworfene Frage, ob das Durchlaufen der Schritte des „Vorverfahrens“ nach der Promotionsordnung der Universität Osnabrück oder einer vergleichbaren Regelung bereits als Weiterbildung im Sinne des § 26 AlVG zu gelten hat, noch in einer nennenswerten Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird, ist nicht wahrscheinlich.
15 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. September 2025