Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Mag. A H, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 19. Dezember 2024, 405 3/1268/1/13 2024, betreffend Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tamsweg), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 22. April 2024 verhängte die belangte Behörde über den Revisionswerber als Eigentümer eines näher genannten Apartments in einem Apartmenthaus wegen einer Übertretung des § 31 Abs. 1 Z 2 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) gemäß § 78 Abs. 1 Z 3 ROG 2009 eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 18 Stunden), weil er dieses Apartment entgegen den Bestimmungen des ROG 2009 zwischen 3. Februar 2024 und 10. Februar 2024 (gemeinsam mit Familienangehörigen) bewohnt habe, obwohl es ausschließlich zur touristischen Vermietung genutzt werden dürfe.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis mit der Maßgabe ab, dass dem Revisionswerber vorgeworfen wurde, er habe als Eigentümer des genannten Apartments dieses im genannten Zeitraum „als Zweitwohnsitz genutzt, obwohl die Marktgemeinde M eine Zweitwohnung Beschränkungsgemeinde ist und das genannte Objekt nicht in einem ausgewiesenen Zweitwohnungsgebiet liegt.“ Weiters wurde ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens festgelegt und eine Revision für nicht zulässig erklärt.
In seiner Begründung stützte sich das LVwG soweit relevant insbesondere auf § 5 Z 15, 16 und 17 ROG 2009, wonach die Eigennutzung von Apartments in Beherbergungsbetrieben die Annahme einer touristischen Beherbergung ausschließe. Die Wortfolge in § 5 Z 15 ROG 2009 „die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen“ beziehe sich aufgrund einer grammatikalischen Interpretation nur auf die „Verfügungsrechte über Wohnungen, Wohneinheiten oder Wohnräume“ und nicht auf „Eigennutzungen“; die Wortfolge „Eigennutzungen, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen“ ergebe inhaltlich keinen Sinn, weil eine Eigennutzung mit dem typischen Beherbergungsvertrag nichts zu tun habe.
Bis 2018 sei gemäß § 31 Abs. 2 ROG 2009 eine Verwendung als Zweitwohnung anzunehmen gewesen, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken gedient hätten und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus erfolgt sei, wobei Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgingen, die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus ausgeschlossen hätten.
In den Erläuternden Bemerkungen zu den am 1. Jänner 2018 in Kraft getretenen § 5 Z 15 und Z 17 ROG 2009 [Nr. 307 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages; 5. Session der 15. GP, S 50 f] werde dazu festgehalten:
„ ... Ausdrücklich klargestellt wird, und zwar im Hinblick auf die Ausnahme gemäß § 5 Z 17 lit a sublitt bb betreffend Zweitwohnungen, dass Eigennutzungen der Wohnung keine Form einer touristischen Beherbergung darstellen. Damit wird sichergestellt, dass etwa der Aufenthalt einer Person in einer in ihrem Eigentum stehenden Wohnung (in der sie rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit hat, nach ihrem Willen die Zeit der Eigennutzung zu bestimmen) nicht als touristische Beherbergung angesehen werden kann. Gleiches gilt für Miteigentümer, Anteilscheinbesitzers udgl, die ein direktes Zugriffsrecht auf eine Wohneinheit haben.
...
Betreffend die Ausnahme für den Tourismus (sublit bb) gilt es zu bedenken, dass die Eigennutzung von Wohnungen keine Form touristischer Beherbergung von ‚Gästen‘ darstellt (s dazu auch die Ausführungen zu Z 15). ...“
3 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2025, E 308/2025 5, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In seiner Begründung führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Verwendung der in Rede stehenden Wohnung durch den Revisionswerber um touristische Beherbergung iSd § 5 Z 15 ROG 2009 handle, seien keine spezifisch verfassungsrechtlichen Überlegungen anzustellen.
4 In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Revision wird zu deren Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes „typischer Beherbergungsvertrag“ in § 5 Z 15 ROG 2009 beziehungsweise weiche das LVwG von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wenn es die dem Gesetzeswortlaut widersprechenden Erläuternden Bemerkungen zur Auslegung dieser Bestimmung heranziehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
5 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
6 § 5 Z 15 und 17 ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009 idF LGBl. Nr. 103/2022, lauten (auszugsweise):
„15. touristische Beherbergung: die Beherbergung von Gästen in Beherbergungsbetrieben oder Privatunterkünften (Privatzimmervermietung, tage oder wochenweise Vermietung von Wohnungen), wobei Eigennutzungen oder Verfügungsrechte über Wohnungen, Wohneinheiten oder Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, die Annahme einer touristischen Beherbergung ausschließen; [Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof]
...
17. Zweitwohnung und Verwendung als Zweitwohnung:
a) Zweitwohnung: Wohnung, die nicht verwendet wird:
aa) ...
bb) für die touristische Beherbergung von Gästen,
cc) ...
b) Verwendung als Zweitwohnung: Innehabung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten und zum Wohnen oder Schlafen (tatsächlich) benutzt wird.“
Gemäß § 31 Abs. 2 ROG 2009 in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung lag eine Verwendung als Zweitwohnung vor, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienten und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus (gewerbliche Beherbergung, Privatzimmervermietung udgl) erfolgte. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgingen, schlossen die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus aus.
7 Der Revisionswerber bringt vor, die Auslegung des LVwG entferne sich vom Gesetzestext; die Merkmale einer Nutzung, die nicht über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgingen, träfen auch auf seinen Aufenthalt zu, wie etwa die Vermarktung über einen gewerblichen Betreiber, die Zurverfügungstellung von Bettwäsche, Handtüchern usw., die Durchführung der Endreinigung. Darüber hinaus habe er das Apartment nicht alleine genutzt, sondern mit weiteren Familienangehörigen, und er habe die Ortstaxe entrichtet.
Es könne keinen Unterschied machen, ob der Bruder des Revisionswerbers die Unterkunft für den vorgeworfenen Tatzeitraum zwecks gemeinsamen Aufenthalts buche oder der Revisionswerber selbst, oder ob er zulässigerweise ein gleichwertiges Nachbarobjekt in demselben Apartmenthaus nutze.
Die „vielleicht wohlmeinende Absicht der Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (zustimmend kommentiert von Schmidjell/Diwald )“ hätten nicht Eingang in den Gesetzestext gefunden. Innerhalb ihres Wortsinns seien § 5 Z 15 und Z 17 lit. a) sublit. bb) und lit. b) ROG 2009 verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Eigennutzung einer Wohnung, die über den typischen Beherbergungsvertrag nicht hinausgehe, die Annahme einer touristischen Beherbergung nicht ausschließe. Eine in den Erläuternden Bemerkungen einer Regierungsvorlage gegebene Begründung, die im Wortlaut, im Normenzusammenhang und im Zweck der novellierten Bestimmung unter Anwendung zulässiger Interpretationsmethoden keine Deckung finde oder die dem Gesetzeswortlaut sogar diametral widerspreche, könne nicht zur Auslegung dieser Bestimmung herangezogen werden.
8 Die Bindung der Verwaltung an die Gesetze nach Art. 18 BVG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm. Dies bedeutet bei der Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter „korrigierender Auslegungsmethoden“. Auf Erkenntnisquellen außerhalb des kundgemachten Gesetzes (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Parlamentarische Protokolle etc.) darf zur Interpretation einer Rechtsvorschrift nur zurückgegriffen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzgebers Zweifel aufwirft; für sich allein können sie über den normativen Inhalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen (vgl. VwGH 20.6.2023, Ro 2022/06/0014, Rn. 21f, mwN).
9 Zunächst wird festgehalten, dass der Verfassungsgerichtshof die an ihn gerichtete Beschwerde bereits mangels spezifisch verfassungsrechtlicher Fragen zurückwies. Mit dem Hinweis, dass § 5 Z 15 und Z 17 lit. a) sublit. bb) und lit. b) ROG 2009 in der vom Revisionswerber gewünschten Weise verfassungskonform auszulegen sei, zeigt der Revisionswerber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
10 Der Rechtsansicht des Revisionswerbers, wonach sich die Auslegung des LVwG vom Gesetzestext entferne und die Erläuternden Bemerkungen keine Deckung im Gesetzeswortlaut fänden, kann nicht gefolgt werden. Der Revisionswerber geht auf die im angefochtenen Erkenntnis aufgezeigte Änderung der Rechtslage durch die Novelle LGBl. Nr. 82/2017 überhaupt nicht ein. Er legt auch nicht dar, welchen Inhalt eine „Eigennutzung, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgeht“, habe und worin der Unterschied zu „Verfügungsrechten über Wohnungen, Wohneinheiten oder Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen“ liege. Folgte man der Rechtsansicht des Revisionswerbers, hätte die Einführung des Begriffes „Eigennutzungen“ in § 5 Z 15 ROG 2009 durch die Novelle LGBl. Nr. 82/2017 im Vergleich zu § 31 Abs. 2 ROG 2009 in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung keinen (eigenen) inhaltlichen Anwendungsbereich. Eine solche inhaltsleere Gesetzesänderung kann dem Landesgesetzgeber nicht unterstellt werden.
11 Auch der Hinweis in der Revision auf den Kommentar zum Salzburger Raumordnungsrecht 2023 von Schmidjell/Diwald ist nicht zielführend; die Autoren merken zu § 5 Z 15 ROG 2009 unter anderem an:
„... Durch die nun erfolgte Präzisierung werden Eigennutzungen jedenfalls ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist dem Grunde nach einer Klarstellung, denn einen Beherbergungsvertrag mit sich selbst abzuschließen ändert nichts daran, dass die Gestaltungsrechte bestehen bleiben. Allerdings ist mit dem dezidierten Ausschluss jeglicher Eigennutzung durch die Legaldefinition klargestellt, dass die bisherige häufig im Rahmen der sogenannten ‚buy to let‘ Modelle (...) vorgesehene Eigennutzung nunmehr zur Gänze unzulässig wird. Die Nutzung war bis Ende 2017 insoweit zulässig, als dem Eigentümer im Rahmen der Vertragsgestaltung nicht mehr Rechte eingeräumt wurden wie sonstigen Gästen. ...“ (Fehler im Original)
Mit diesen Ausführungen setzt sich die Revision nicht auseinander. Dass „die vielleicht wohlmeinende Absicht der Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (zustimmend kommentiert von Schmidjell/Diwald ) [...] nicht Eingang in den Gesetzestext gefunden “ (Hervorhebung im Original) hätten, sind diesem Kommentar nicht zu entnehmen.
12 Der Umstand, dass Umgehungen möglich sind, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen.
13 Das angefochtene Erkenntnis ist auch nicht dadurch rechtswidrig, dass das LVwG zur Auslegung des § 5 Z 15 ROG 2009 die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage LGBl. Nr. 82/2017 heranzog. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Rechtsansicht stehen diese Erläuterungen nämlich mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang.
14 Aus der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung des § 5 Z 15 ROG 2009 sowie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage LGBl. Nr. 82/2017 ergibt sich für den Verwaltungsgerichtshof zweifelsfrei, dass der Begriff „touristische Beherbergung“ so zu verstehen ist, dass jene Personen, die Wohnungseigentum an einer Wohnung haben, diese nicht auch als „Gäste“ nutzen können, oder mit anderen Worten: Eigennutzungen schließen eine touristische Beherbergung aus. Aus diesen Gründen kommt es auf die vom Revisionswerber gewünschte Auslegung des Begriffes „typischer Beherbergungsvertrag“ nicht an.
15Da aus den dargelegten Gründen die in der Revision behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
Wien, am 3. September 2025