JudikaturVwGH

Ra 2023/05/0070 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Umweltrecht
15. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, in der Revisionssache des Mag. D W, LL.M., in L, vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. Februar 2023, LVwG AV 778/001 2022, betreffend einen Antrag auf Auskunftserteilung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde O; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit E-Mail vom 1. Februar 2021 stellte der Revisionswerber unter Bezugnahme u.a. auf das NÖ Auskunftsgesetz an den Bürgermeister der Marktgemeinde O. (im Folgenden: Bürgermeister) das Begehren auf Übermittlung sämtlicher Umweltinformationen zu einem Projekt auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG O. Dabei handle es sich „unter anderem um folgende Informationen [...]: Baubehördliche Bescheide, Abwasserrechtliche Bescheide sowie die dazugehörigen Projektbeschreibungen“.

2 Mit Schreiben vom 1. März 2021 wurde der Revisionswerber vom Bürgermeister um Konkretisierung seines Informationsbegehrens ersucht, auf welches dieser mit E-Mail vom 16. März 2021 antwortete.

3 Mit Bescheid vom 8. Juni 2021 verweigerte der Bürgermeister die Erteilung der Auskunft; die dagegen erhobene Berufung des Revisionswerbers wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde O. (belangte Behörde) vom 13. Mai 2022 als unbegründet abgewiesen.

4 Gegen den Berufungsbescheid vom 13. Mai 2022 erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG). Dieses erteilte dem Revisionsweber in weiterer Folge unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 Z 3 NÖ Auskunftsgesetz einen Verbesserungsauftrag, zu welchem der Revisionswerber in seinem Schreiben vom 27. Jänner 2023 ausführte, dass der Bürgermeister, die belangte Behörde und auch das LVwG Verzeichnisse oder Listen zur Verfügung zu stellen hätten, damit klar ersichtlich sei, wo Umweltinformationen zu finden seien. Er sei nach der Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformations-RL) in seinem Begehren zu unterstützen. Aufgrund der Errichtung des Glashauses, auf welches sich sein Begehren beziehe, sei zu erwarten, dass es einen Baubescheid gebe. Unter Umständen gebe es auch einen abwasserrechtlichen Bescheid. In einem Baubescheid werde die Bebauung des Umweltbestandteils Boden behandelt und handle es sich dabei um eine Umweltinformation im Sinne des § 8 Z 1 NÖ Auskunftsgesetz. Weiters würden im Baubescheid auch Maßnahmen getroffen, die auf die Sicherheit für die menschliche Gesundheit Auswirkungen hätten. In einem abwasserrechtlichen Bescheid würden die Umweltbestandteile Wasser und Boden behandelt werden und Maßnahmen getroffen werden, die auf die Sicherheit für die menschliche Gesundheit Auswirkungen hätten. Sollten keine Bescheide vorliegen, sei diese Information zu erteilen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen (1.) und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision nicht zulässig sei (2.).

6 Begründend führte das LVwG unter Verweis auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass es sich beim Inhalt von Plänen und sonstigen Projektunterlagen, aus denen die genaue Ausgestaltung und Situierung eines Projektes, das sich auf Umweltbestandteile und Umweltfaktoren auswirken könne, abgeleitet werden könne, um Umweltinformationen handle. Die bloße Frage nach Unterlagen sei jedoch zu ungenau, um Inhalt und Umfang der gewünschten Umweltinformationen ausreichend klar zu bezeichnen. Es sei daher Gelegenheit zur Präzisierung zu geben. Eine Verpflichtung zur Bereitstellung eines Inhaltsverzeichnisses von verwaltungsbehördlichen Akten durch Verwaltungsbehörden oder Gerichte könne aus der Umweltinformations-RL nicht abgeleitet werden. Der Revisionswerber habe sein Informationsbegehren trotz Aufforderung nicht konkretisiert.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird zusammengebracht vorgebracht, der Revisionswerber sei in seinem „einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen iSd § 10 Abs 1 NÖ Auskunftsgesetz verletzt worden“. Das LVwG habe „die bisherige Rechtsprechung missachtet“ und sei „aufgrund dessen zu einer falschen Entscheidung gelangt“. Sowohl der Bürgermeister als auch das LVwG hätten Verzeichnisse oder Listen zur Verfügung stellen sollen, damit klar ersichtlich sei, wo die Umweltinformationen zu finden seien. Aufgrund des errichteten Glashauses könne davon ausgegangen werden, dass es jedenfalls einen entsprechenden Baubescheid und einen etwaigen abwasserrechtlichen Bescheid gebe. Gemäß § 8 Z 3 NÖ Auskunftsgesetz seien Verwaltungsakte und Pläne Umweltinformationen, sofern sie sich auf Umweltbestandteile wie Luft, Wasser, Boden, Landschaft, usw. auswirken. Nach ständiger Rechtsprechung solle die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein, um eine richtlinienkonforme Auslegung zu gewährleisten. Der Verwaltungsgerichtshof habe beispielsweise die Errichtung von Parkplätzen und Sportanlagen aufgrund der möglichen Umweltauswirkungen als Vorhaben bzw. Tätigkeit im Sinne der jeweils zugrundeliegenden Umweltinformationsgesetze qualifiziert. Das angefochtene Erkenntnis beruhe einzig auf der Begründung, dass der Revisionswerber sein Auskunftsbegehren nicht ausreichend präzise bezeichnet habe; dies sei „nicht nur das Ergebnis falscher Gesetzesanwendung, sondern geht eindeutig von der bisherigen Rechtsprechung ab“.

8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, mwN).

13 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa nochmals VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, mwN). Schon diesem Erfordernis entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die im Wesentlichen bloß Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) beinhaltet, nicht. Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird darin nicht formuliert (vgl. zu diesem Erfordernis für viele etwa VwGH 14.12.2023, Ra 2023/05/0229, mwN).

14 Betreffend das in der Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele nochmals etwa VwGH 14.12.2023, Ra 2023/05/0229, mwN). Auch dieser Anforderung wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht.

15 Im Übrigen ist zu bemerken, dass das LVwG für seine Rechtsauffassung, das im Revisionsfall vorliegende Informationsbegehren sei zu allgemein geblieben und die begehrte Auskunft infolgedessen nicht zu erteilen, konkrete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/05/0078, Rn 21, betreffend die Übermittlung von Bescheiden und Plänen) angeführt hat. Damit setzt sich die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen nicht auseinander und legt insbesondere auch nicht dar, auf Grund welcher besonderen Umstände im konkreten Fall die Übermittlung von vollständigen Bescheiden samt den bezughabenden vidierten Plänen an den Revisionswerber geboten gewesen wäre (vgl. auch VwGH 24.5.2012, 2010/03/0035, zur Qualifikation der Frage nach „konkreten detaillierten Projektunterlagen“ und „Plänen“ als zu ungenau).

16 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2024

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