JudikaturVwGH

Ra 2025/04/0181 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des Mag. V S, vertreten durch MMag. Michael Krenn, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2025, Zl. W211 2291308 1/18E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz; mitbeteiligte Partei: i GmbH), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1. Mit Schreiben vom 15. August 2023 (ergänzt mit weiteren Eingaben vom 21., 22. und 23. August) erhob der Revisionswerber gegen die mitbeteiligte Partei Datenschutzbeschwerde. Begründend führte er im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei habe ihn nicht rechtzeitig auf das Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 Abs. 4 DSGVO sowie auf das Recht auf jederzeitigen Widerruf seiner Einwilligung iSd Art. 7 Abs. 3 zweiter Satz DSGVO hingewiesen. Er sei von einem Mitarbeiter der mitbeteiligten Partei getäuscht worden, damit er näher bezeichnete Datenschutzerklärung unterschreibe. Die Datenschutzerklärung sei somit von Anfang an als ungültig zu betrachten.

2 2. Mit Bescheid vom 28. März 2024 wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde als unbegründet ab.

3 3. Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab (Spruchpunkt A1). Unter einem wies es einen Antrag des Revisionswerbers auf Schadenersatz gemäß Art. 82 DSGVO mit Beschluss zurück (Spruchpunkt A2) und erklärte die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

4 Das BVwG stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

5 Die mitbeteiligte Partei sei ein gemeinnütziges Unternehmen, das arbeitssuchende Personen dabei unterstütze, eine neue Perspektive am Arbeitsmarkt zu finden. Hierfür würden arbeitsmarktpolitische Projekte von öffentlichen Auftraggebern umgesetzt. In diesem Zusammenhang habe das Arbeitsmarktservice (als Fördergeber) der mitbeteiligten Partei (als Förderungsnehmerin) die Aufgaben der Beratungs- und Betreuungseinrichtung mit der Bezeichnung „jobservice W“ übertragen. Mit „jobservice W“ werde das arbeitsmarktpolitische Ziel der Erhöhung der Vermittlungsfähigkeit durch Klärung und Bearbeitung von Problemstellungen im Vorfeld der Vermittlungstätigkeit umgesetzt. Die mitbeteiligte Partei habe mit dem Arbeitsmarktservice W einen Förderungsvertrag und einen damit im Zusammenhang stehenden Auftragsverarbeitungsvertrag gemäß Art. 28 DSGVO abgeschlossen. Im Auftragsverarbeitungsvertrag werde festgelegt, welche Datenarten von der mitbeteiligten Partei für die Erfüllung des abgeschlossenen Förderungsvertrages verarbeitet werden dürften. Zudem würden darin der Umfang sowie die Mittel der Datenverarbeitung, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, die zulässige Datenaufbewahrung sowie die Vernichtung der Daten festgelegt. Der Revisionswerber sei der mitbeteiligten Partei vom Arbeitsmarktservice W zum „jobservice W“ zugewiesen worden. Im Zuge dieses Projektes habe die mitbeteiligte Partei dem Revisionswerber eine im Einzelnen dargestellte Information gemäß Art. 13 DSGVO vorgelegt, die er zum Nachweis seiner Kenntnisnahme unterzeichnet habe.

6 Beweiswürdigend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass sich die getroffenen Feststellungen aus dem Akteninhalt, insbesondere dem Förderungsvertrag und dem Auftragsverarbeitungsvertrag, ergäben.

7 Den festgestellten Sachverhalt würdigte das BVwG rechtlich im Wesentlichen wie folgt:

8 Der Revisionswerber behaupte zusammengefasst eine rechtswidrige Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch die mitbeteiligte Partei im Rahmen von „jobservice W“, die Verletzung der Informationspflicht gemäß Art. 13 DSGVO sowie des Widerspruchsrechts gemäß Art. 21 DSGVO. Die Pflicht zur Information gemäß Art. 13 f DSGVO treffe den Verantwortlichen. Die betroffene Person müsse ihren Anspruch auf Einschränkung gemäß Art. 21 DSGVO (auch) gegenüber dem Verantwortlichen geltend machen. Die mitbeteiligte Partei, die als Förderungsnehmerin des Arbeitsmarktservice W das Projekt „jobservice W“ umsetze, sei hinsichtlich des Zwecks und der Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten an die Weisungen des Arbeitsmarktservice W gebunden. Die Regelungen des Auftragsverarbeitungsvertrages ließen der mitbeteiligten Partei keinen Raum, einen hinreichenden Einfluss auf die durchgeführten Datenverarbeitungen auszuüben. Es hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die mitbeteiligte Partei überdies nicht legitimierte Datenverarbeitungen durchgeführt hätte. Die mitbeteiligte Partei sei folglich nicht als Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO hinsichtlich der gegenständlich „gerügten“ Datenverarbeitung zu qualifizieren. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die mitbeteiligte Partei unter eigenem Namen auftrete und eigenes „Geschäftspapier“ verwende. Da sich auch die vom Revisionswerber behauptete Verletzung im Recht auf Geheimhaltung bloß auf die von ihm unterschriebene Information zum Datenschutz gemäß Art. 13 DSGVO beziehe, sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

9 Das BVwG sei sachlich nicht zuständig, über den vom Revisionswerber begehrten Schadenersatz gemäß Art. 82 DSGVO abzusprechen. Folglich sei entsprechender Antrag des Revisionswerbers zurückzuweisen.

10 4. Gegen dieses Erkenntnis inhaltlich jedoch nur gegen dessen Spruchpunkt A1 richtet sich die außerordentliche Revision.

11 5.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 5.2. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst vor, das angefochtene Erkenntnis „leidet an einer gravierenden Verletzung zentraler Verfahrensvorschriften infolge evident unvollständiger, substanzloser Sachverhaltsfeststellung“. Das BVwG habe „sich ausschließlich auf die äußerliche Erscheinung eines formellen ‚Auftragsverarbeitungsvertrags‘ gestützt“ und somit „objektiv rechtswidrig ausgeblendet“, dass die mitbeteiligte Partei, als „nomineller Auftragsverarbeiter“, durch die eigenmächtige Bestimmung von Zwecken und Mitteln in Bezug auf die konkrete Datenverarbeitung vielmehr als Verantwortlicher zu qualifizieren sei.

15 5.3. Der Revisionswerber beabsichtigt mit diesem Vorbringen offenbar nahezulegen, dass das BVwG bei Berücksichtigung weiterer (festzustellender) Umstände, zu dem Schluss hätte gelangen müssen, dass die mitbeteiligte Partei (doch) als datenschutzrechtlicher Verantwortlicher zu qualifizieren sei. Der Revisionswerber verabsäumt es allerdings, derlei Umstände im Einzelnen näher darzulegen, womit sein diesbezügliches Vorbringen völlig unkonkret bleibt und schon aus diesem Grund nicht geeignet ist, eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 BVG darzulegen (vgl. VwGH 25.10.2016, Ra 2016/07/0081, mwN).

16 Vor diesem Hintergrund vermag der Revisionswerber auch keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B VG darzulegen, insofern er vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „[o]b ein nomineller Auftragsverarbeiter hier: [die mitbeteiligte Partei]durch die eigenmächtige Bestimmung von Zwecken und Mitteln in Bezug auf eine konkrete Verarbeitung [...] zwingend als Verantwortlicher iSd Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren ist“. Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen entfernt sich der Revisionswerber vom im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt (vgl. etwa VwGH 1.8.2025, Ra 2024/04/0401 bis 0407, Rn. 23).

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. September 2025