JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0099 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des H in I, vertreten durch Mag. Manfred Kantner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, gegen das am 24. März 2025 mündlich verkündete und am 9. April 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, LVwG 2025/40/0341 12, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, er habe zu einem konkret angegebenen Zeitpunkt an einem näher bestimmten Ort, welcher im Ortsgebiet liege, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 79 km/h, überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei. Der Revisionswerber habe dadurch § 52 lit. a Z 10a StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2f StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.600, sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen und 1 Stunde verhängt wurden. Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Kostenbeitrags zum Beschwerdeverfahren und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht traf Feststellungen zum Lenken, der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, dem Tatort, der am Tatort kundgemachten Geschwindigkeitsbegrenzung sowie zum Gerät, mit dem die Geschwindigkeitsüberschreitung gemessen worden sei. Weiters stellte das Verwaltungsgericht fest, die Verwendungsbestimmungen für das Messgerät seien vom Messbeamten eingehalten worden, dieser habe die Fahrbahnbreiten eingemessen, die Pylone mit dem Teleskopstab aufgestellt, das Messgerät ordnungsgemäß einjustiert und ein Kalibrierungsfoto erstellt. Das Messgerät habe sich innerhalb des Fahrzeuges des durchführenden Messbeamten befunden, das auf der Nebenfahrbahn parallel zum Fahrbahnrand abgestellt gewesen sei.

3 In der Folge erläuterte das Verwaltungsgericht ausführlich seine Beweiswürdigung, die rechtlichen Erwägungen sowie die Strafbemessung.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, die Messung sei nicht korrekt durchgeführt worden, zumal die für die Verwendung des Messgerätes vorgeschriebenen Verwendungsbestimmungen nicht eingehalten worden seien. Bereits in der Beschwerde habe er die ordnungsgemäße Durchführung der Messung bestritten und zum Beweis dafür die amtswegige Einholung der Verwendungsbestimmungen beantragt. Diese seien nicht öffentlich zugänglich und könne er die Rechtmäßigkeit der Messung nicht beurteilen. Aufgrund des „Kenntnisstandes“ hätte jedoch dennoch begründet dargelegt werden können, inwieweit bei der Messung den Verwendungsbestimmungen nicht entsprochen worden sei, weil das Messfahrzeug nicht entsprechend den Verwendungsbestimmungen aufgestellt worden sei. Das Fahrzeug müsse parallel zum Fahrbahnrand stehen und die Spurbreiten berücksichtigt werden; dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Zeuge habe nicht angeben können, inwieweit er zur Einmessung ein geeichtes Messrad verwendet habe. Wäre die Messung ungültig, sei das Strafverfahren einzustellen. Es lägen entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes Anhaltspunkte vor, die einen fehlerhaften Messvorgang begründeten. Die „pauschale“ Aussage des Meldungslegers, die Verwendungsbestimmungen eingehalten zu haben, sei für die Feststellung des Verwaltungsgerichtes nicht ausreichend. Überdies sei das Kalibrierungsfoto nicht eingeholt worden, obwohl es beantragt worden sei. Ein solches Foto beweise im Übrigen nicht die ordnungsgemäße Justierung des Messgerätes. Mangels Vorlage könne die ordnungsgemäße Messung nicht bestätigt werden. Die Fahrbahnbreiten seien darüber hinaus bereits im Vordruck enthalten und nicht wie vom Messbeamten ausgesagt eingemessen worden.

9 Weiters sei für die „von Anbeginn“ vom Revisionswerber bestrittene Messung ein Sachverständigengutachten beantragt worden; auch diesem Beweisantrag sei entgegen der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen worden.

10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11 Zur Frage, ob das Verwaltungsgericht zur Beurteilung einer korrekten Messung jedenfalls die Verwendungsbestimmungen sowie ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme im Einzelfall notwendig ist, dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 BVG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 2.10.2020, Ra 2020/02/0208, mwN).

12 Das Verwaltungsgericht hat nach Einholung des Radar Messprotokolles sowie des Eichscheines des Messgerätes und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher der geschulte Messbeamte H., der die Messung vorgenommen hatte, als Zeuge einvernommen wurde, in seiner nicht als unschlüssig zu beurteilenden Beweiswürdigung nachvollziehbar begründet, warum es von einer ordnungsgemäß durchgeführten Messung ausgegangen und eine Fehlmessung ausgeschlossen hat, weshalb der Revisionswerber die vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung zu verantworten hat. Es stützte sich dabei einerseits auf die vom Verwaltungsgericht als glaubwürdig erachtete Zeugenaussage des Messbeamten H. zur korrekten Positionierung des Messfahrzeuges, zur Inbetriebnahme des Messgeräts und zur Übertragung des Messergebnisses ins Messprotokoll, sowie andererseits auf die aktenkundigen Radarfotos und die gültige Eichung des Messgeräts sowie die vom Verwaltungsgericht für glaubhaft erachtete Aussage des Messbeamten, dass er die Verwendungsbestimmungen eingehalten habe.

13 Wenn der Revisionswerber rügt, die Verwendungsbestimmungen seien entgegen seinem Antrag nicht beigeschafft worden und er hätte sie benötigt, um die Rechtmäßigkeit der Messung beurteilen zu können, so ist ihm zu erwidern, dass er sich ohnedies in der Lage sah, im Verfahren diesbezüglich ein konkretes Vorbringen zu erstatten, dem das Verwaltungsgericht beweiswürdigend aber nicht gefolgt ist.

14 Die Revision macht weiters geltend, der Revisionswerber habe im Verfahren aufgezeigt, dass die Messung nicht korrekt erfolgt sei, zumal das Messfahrzeug nicht entsprechend den Verwendungsbestimmungen aufgestellt gewesen und die notwendige Kalibrierung nicht durchgeführt worden sei. Sein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei daher begründet gewesen. Erneut ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht dieses Vorbringen beweiswürdigend für unzutreffend erachtete und sich dabei v.a. auf die Aussage des Messbeamten stützte. Welche zusätzlichen, für das Verfahrensergebnis relevante Ausführungen ein Sachverständiger hätte treffen müssen und können, legt die Revision hingegen nicht dar und zeigt daher keinen relevanten Verfahrensmangel durch die unterbliebene Begutachtung auf.

15 Aus demselben Grund läuft auch das Vorbringen der Revision, das Verwaltungsgericht hätte das vom Revisionswerber beantragte Kalibrierungsfoto beischaffen sollen, dessen Beweiswert vom Revisionswerber im Übrigen ohnehin bestritten wird, ins Leere.

16Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof (als Rechtsinstanz) zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Dass das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, wird vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 31.5.2023, Ra 2023/02/0084, mwN).

17Zuletzt wird zur Zulässigkeit der Revision ausgeführt, der Spruch des Straferkenntnisses sei verfehlt gefasst und entspreche nicht den Bestimmungen des § 44a VStG, weil der vorgeworfene Tatort mit dem tatsächlichen Tatort nicht im Einklang stehe. Dem Spruch sei nicht zu entnehmen, auf welchem Fahrbahnteil der Haupt oder Nebenfahrbahn die Übertretung erfolgt sein solle. Auf der Hauptfahrbahn sei eine Beschränkung von 60 km/h verordnet, für die Nebenfahrbahn eine solche von 30 km/h. Es müsse daher präzise dargelegt werden, auf welcher Fahrbahn die Übertretung gemessen worden sei; dies auch deshalb, um feststellen zu können, ob die eingeholte Verordnung der Übertretung zugrunde gelegt werden könne. Aufgrund der falschen Tatortumschreibung habe er dem Vorhalt nicht konkret entgegentreten können und es bestehe die Gefahr der Doppelverfolgung, weil für die Haupt und Nebenfahrbahn unterschiedliche Geschwindigkeiten festgelegt seien.

18Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zur Erfüllung dieses Erfordernisses darauf an, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass dieser in die Lage versetzt ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. etwa VwGH 17.9.2024, Ra 2024/02/0159, mwN).

19 Im vorliegenden Fall konnte dem Revisionswerber als Beschuldigten nicht zweifelhaft sein, welche konkrete Tat ihm vorgeworfen wurde; der Tatort „Hauptfahrbahn“ wurde durch den Zusatz, dass er die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h überschritten habe, ausreichend bestimmt. Der Revisionswerber erstattete bereits in der Beschwerde ein umfangreiches Vorbringen und bestritt insbesondere die ordnungsgemäße Kundmachung dieser Geschwindigkeitsbegrenzung. Es wird daher im Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt, dass der Tatort nicht ausreichend bestimmt gewesen sei und eine Gefahr der Doppelverfolgung oder der Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Revisionswerbers vorläge.

20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Juli 2025