Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kieslich, über die Revision des M W in W, vertreten durch die Felfernig Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. März 2023, LVwG S 1847/001 2022, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 23. Mai 2022 wurde über den Revisionswerber wegen Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO durch Überschreiten der in einem Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, indem er mit 91 km/h gefahren sei (wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei), gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 320, (Ersatzfreiheitsstrafe 52 Stunden) verhängt.
2 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Es verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines näher genannten Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Der Revisionswerber erachtet seine Revision zusammengefasst deshalb als zulässig, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen mit einem Protokoll zu belegen sei (Hinweis auf VwGH 12.10.2022, Ra 2021/02/0233 und VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0037). Im vorliegenden Fall sei das Messprotokoll nicht unterfertigt und stelle einen bloßen Computerauszug dar. Die darin dokumentierten Messungen seien zudem nicht glaubwürdig, weil nach dem Messprotokoll die Messwiederholungen punktgenau um 10:00 Uhr und 10:30 Uhr durchgeführt worden seien. Weiters seien die nach den Verwendungsbestimmungen des verwendeten Messgeräts LTI 20/20 TruSpeed „vor Beginn der Messungen an einem neuen Aufstellungsort“ vorgeschriebenen Kontrollen nicht durchgeführt worden.
7 Gemäß der vom Revisionswerber zitierten Judikatur ist die Anfertigung und Vorlage des Messprotokolls zwar keine Bedingung für die Richtigkeit einer Verkehrsgeschwindigkeitsmessung, weil dieses lediglich dem Zweck dient, die durchgeführten Kontrollen dazutun (siehe wörtlich in den Verwendungsbestimmungen „zu belegen“), also bloß ein Beweismittel neben anderen Beweismitteln bildet. Die Durchführung der Kontrollen ist jedoch eine notwendige Bedingung für die Wertung der danach folgenden Geschwindigkeitsmessungen als richtig (vgl. VwGH 12.10.2022, Ra 2021/02/0233, mwN).
8 Wenn die Revision die Einhaltung der Verwendungsbestimmungen bestreitet, wendet sie sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Der Verwaltungsgerichtshof ist grundsätzlich als Rechtsinstanz tätig; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 1.6.2022, Ra 2021/02/0058, mwN).
9 Das Verwaltungsgericht ging in seiner Beweiswürdigung auf die Frage der Richtigkeit des Messprotokolls ein und zog dazu auch die Aussagen der in der Verhandlung befragten Zeugen heran, insbesondere des Polizeibeamten, der das Messprotokoll erstellt hat. Die Revision vermag eine Abweichung von der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit nicht aufzuzeigen.
10 Soweit die Revision vorbringt, dass das Ergebnis der Lasermessung nicht hätte verwendet werden dürfen, weil die vor den Messungen zwingend durchzuführenden Gerätetests, nämlich der Visiertest und die 0 km/h Messung, nicht vom selben Standort aus durchgeführt worden seien, ist entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der unterschiedlichen Messpositionen von zirka zehn Metern (die beiden genannten Testmessungen seien auf dasselbe Ziel erfolgt) auseinandergesetzt hat und insbesondere auf Basis der zu diesem Sachverhalt eingeholten Stellungnahme des Bundesamtes für Eich und Vermessungswesen zur Beurteilung gekommen ist, dass die unterschiedlichen Messpositionen fallbezogen unerheblich seien. Die Zulässigkeitsbegründung der Revision hält dem nichts Stichhältiges entgegen.
In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Mai 2023