Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. E, 2. mj. M, 3. mj. B und 4. mj. E, alle vertreten durch Mag. a Hela Ayni Rahmanzai, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 2. Jänner 2025, Zl. 405 11/458/1/29 2025, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Erstrevisionswerber ist der Vater der minderjährigen zweit bis viertrevisionswerbenden Parteien; sie sind afghanische Staatsangehörige.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (im fortgesetzten Verfahren nach dem Erkenntnis VfGH 16.9.2024, E 2793/2024 10) soweit gegenständlich von Bedeutungder Säumnisbeschwerde der revisionswerbenden Parteien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in dem bei der Salzburger Landesregierung anhängigen Verfahren nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) über den Antrag auf Verleihung bzw. auf Erstreckung der Verleihung gemäß § 8 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG Folge gegeben, dem Erstrevisionswerber gemäß § 20 Abs. 1 StbG die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass er innerhalb von zwei Jahren ab Zusicherung das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband (Afghanistan) nachweist, und den zweit bis viertrevisionswerbenden Parteien die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass sie innerhalb von zwei Jahren ab Zusicherung ihr Ausscheiden aus ihrem bisherigen Staatsverband (Afghanistan) nachweisen. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
3 Zur Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit des Verzichts der revisionswerbenden Parteien auf die afghanische Staatsangehörigkeit traf das Verwaltungsgericht nähere Feststellungen zur afghanischen Rechtslage sowie gestützt auf den „aktuellst vorliegenden“ Bericht der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 6. Mai 2024 zum „faktischen Prozedere“ des Ausscheidens aus dem afghanischen Staatsverband; die revisionswerbenden Parteien seien den Ausführungen in diesem Bericht nicht substanziiert entgegen getreten. Davon ausgehend kam das Verwaltungsgericht zusammengefasst zum Ergebnis, dass den revisionswerbenden Parteien das Ausscheiden aus dem afghanischen Staatsverband möglich und zumutbar sei, zumal sie keine Asylberechtigten seien und eine Einreise nach Afghanistan zum Zweck Stellung eines Antrags auf Ausscheiden aus dem afghanischen Staatsverband nicht erforderlich sei, sondern die Anträge bei den von den Taliban anerkannten Vertretungsbehörden in Islamabad oder Teheran auch durch einen bevollmächtigten Vertreter gestellt werden könnten.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der VfGH lehnte mit Beschluss vom 5. Juni 2025, E 438/2025 9, die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, es stelle sich „die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, ob ein Verwaltungsgericht eine Entlassung aus dem bisherigen Staatverband verlangen kann, wenn die tatsächliche Möglichkeit eines Austritts angesichts der politischen Lage im Herkunftsstaat unklar ist oder faktisch ausgeschlossen ist, und ob die bloße Berufung auf eine nicht mehr aktuelle außenpolitische Stellungnahme hierfür ausreichend erscheint.“ Insbesondere fehle eine „höchstgerichtliche Klärung, wie weit Verwaltungsgerichte verpflichtet sind, sich mit der aktuellen außenpolitischen Realität und der effektiven Funktionsfähigkeit ausländischer Botschaften, vor allem wenn diese mit De Facto Regierungen zusammenarbeiten, ... auseinanderzusetzen.“
9In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. für viele VwGH 7.5.2025, Ra 2025/01/0081, mwN).
10Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. etwa VwGH 9.10.2025, Ra 2025/02/0180, mwN).
11Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen darzulegen (vgl. für viele VwGH 11.4.2024, Ra 2024/01/0076, mwN).
12 Diesen Erfordernissen entspricht das erwähnte Zulässigkeitsvorbringen nicht.
13Den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere deshalb nicht entsprochen, weil sich im Hinblick auf den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt, wonach der Austritt der revisionswerbenden Parteien aus dem afghanischen Staatsverband möglich und zumutbar ist, nicht aufgezeigt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von den abstrakt gestellten Rechtsfragen abhängen sollte. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 27.6.2025, Ro 2024/06/0009; 24.7.2024, Ra 2025/01/0134, jeweils mwN).
14 Soweit sich dem Zulässigkeitsvorbringen andeutungsweise die Geltendmachung von Verfahrensmängeln entnehmen lässt („bloße Berufung auf eine nicht mehr aktuelle außenpolitische Stellungnahme“) wird schon mangels fallbezogener Konkretisierung deren Relevanz nicht dargelegt.
15Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt aber ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 15.5.2025, Ra 2023/01/0320, mwN).
16 In der Revision werden keine sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. November 2025
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