Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der M, vertreten durch Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwalt in Graz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 28. Mai 2025, Zl. LVwG 1 1053/2024 R7, betreffend Übertretungen nach dem Versammlungsgesetz 1953 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. November 2024 wurden der Revisionswerberin drei näher genannte Übertretungen des Versammlungsgesetzes 1953 (VersG) zur Last gelegt und hiefür über sie gemäß § 19 VersG drei Geldstrafen in Höhe von jeweils € 200, (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils elf Tage und 16 Stunden) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit Folge, als es in zwei Fällen die Bestrafung aufhob und die diesbezüglichen Strafverfahren einstellte sowie hinsichtlich der dritten Bestrafung den Tatvorwurf präzisierte, die verhängte Strafe auf € 100, (bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage und 20 Stunden) herabsetzte und einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von € 10, festsetzte. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6Die vorliegende außerordentliche Revision moniert, dass das erstinstanzliche Strafverfahren von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (der nach dem Tatort gemäß § 27 Abs. 1 VStG örtlich zuständigen Behörde) gemäß § 29a VStG an die belangte Behörde als jene Behörde, in deren Sprengel die Revisionswerberin ihren Hauptwohnsitz hatte übertragen wurde.
7Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Zulässigkeit der Abtretung eines Strafverfahrens nach § 29a VStG „keine einheitliche Judikatur erkennen“ lasse; ungeklärt sei, unter welchen Voraussetzungen die in § 29a VStG verlangte „wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung“ vorliege. Die vorhandene Judikatur beziehe sich fast ausnahmslos auf Verkehrsdelikte. Es ergebe sich die Frage, ob eine Abtretung nach § 29a VStG „auch dann zulässig [ist], wenn objektiv und tatsächlich keine erhebliche Vereinfachung oder Beschleunigung ersichtlich ist.“
8Gemäß § 29a erster Satz VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird.
9Ob die Voraussetzungen des § 29a VStG zutreffen, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Delegierung. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine erfolgte Delegierung dem Gesetz entsprach, ist somit nicht der der Delegierung nachfolgende tatsächliche Verfahrensverlauf, sondern ausschließlich die auf die Aktengrundlagen im Zeitpunkt der Delegierung gestützte Erwartung des Eintrittes einer wesentlichen Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens (vgl. etwa VwGH 25.6.2013, 2010/09/0121, mwN, betreffend Strafverfahren nach dem AuslBG). Es handelt sich dabei um eine Beurteilung im Einzelfall (vgl. idS bereits VwGH 24.2.2012, 2008/02/0360).
10 Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf im Straßenverkehr begangene Übertretungen dahingehend spezifiziert, dass diesfalls die Übertragung an die zuständige Wohnsitzbehörde grundsätzlicheine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens erwarten lässt (vgl. etwa VwGH 20.4.2016, Ra 2016/02/0069, mit Hinweis auf VwGH 28.5.1993, 93/02/0032).
11Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen sind die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Delegierung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 29a VStG somit durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt. Demnach kommt es für die Rechtmäßigkeit der Übertragung insbesondere nicht darauf an, dass dadurch das nachfolgende Verwaltungsstrafverfahren (tatsächlich) wesentlich beschleunigt oder vereinfacht wurde. Eine Unvertretbarkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Einzelfall zeigt die Revision nicht auf.
12 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. August 2025