Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des X, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer und DDr. Michael Dohr, LL.M., LL.M., Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen das am 23. Oktober 2024 mündlich verkündete und am 24. April 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW 103/039/3685/2024 11, betreffend Versagung der Ausstellung eines Reisepasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) in der Sache einen Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Reisepasses nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei. Begründend führte das Verwaltungsgericht Wien im Wesentlichen aus, dass angesichts des Vorlebens des Revisionswerbers, insbesondere seiner zahlreichen strafgerichtlichen Verurteilungen einschließlich solcher nach dem Verbotsgesetz 1947, Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass durch seinen Aufenthalt im Ausland die Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde, weswegen die Ausstellung des begehrten Reisepasses nach § 14 Abs. 1 Z 4 Passgesetz 1992 (PassG 1992) zu versagen sei. Bei der Beurteilung, ob von einer durch den Reisepass ermöglichten Reisetätigkeit des Revisionswerbers auch künftig eine Gefahr ausgehen kann, berücksichtigte das Verwaltungsgericht, dass eine internationale Vernetzung der rechtsextremen Szene aus Berichten diverser Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hervorgehe, die dem Bereich „Verfassungsschutz“ zuzurechnen seien. Gerade in derartigen Kreisen würden die Überzeugungen des Revisionswerbers, der dort geradezu eine Identifikationsfigur darstelle, auf einen nicht unbeachtlichen Grad an Zustimmung stoßen.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen die revisionswerbende Partei verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die von der revisionswerbenden Partei vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht der revisionswerbenden Partei verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 3.4.2025, Ra 2024/01/0267, mwN).
7 Die vorliegende Revision führt unter der Überschrift „4. Revisionspunkte“ aus:
„Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in seinem subjektiven Recht auf einzelfallabhängige und ordentliche Interessenabwägung bei der Beurteilung der Frage der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Abwägung mit der Frage des Schutzes der Versammlungs-, Meinungsfreiheit und Freizügigkeit eines Österreichischen Staatsbürgers, dessen Verurteilungen mehr als drei Jahrzehnte respektive ein Jahrzehnt zurückliegen, verletzt.“
8 Bei den geltend gemachten Rechtsverletzungen handelt es sich nicht um Revisionspunkte, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiellrechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden können. Werden die Revisionspunkte wie im gegenständlichen Fall unmissverständlich ausgeführt, so sind sie auch einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht mehr zugänglich (vgl. wiederum VwGH 3.4.2025, Ra 2024/01/0267, mwN). Schon deshalb erweist sich die Revision als nicht zulässig.
9 Soweit sich der Revisionswerber gegen die durch das Verwaltungsgericht nach § 14 Abs. 1 Z 4 PassG 1992 vorgenommene Beurteilung wendet, weist der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen auf Folgendes hin:
10 Gemäß § 14 Abs. 1 Z 4 PassG 1992 ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
11 § 14 Abs. 1 Z 4 PassG 1992 setzt die aus näher festzustellenden „Tatsachen“ ableitbare Annahme voraus, dass der Betreffende durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik gefährden würde.
Eine solche Gefährdungs bzw. Zukunftsprognose stellt eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, die im Allgemeinen sofern sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurdenicht revisibel ist (vgl. zu alledem VwGH 20.3.2025, Ra 2025/01/0055, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
12Zur Begründung der Prognose einer Gefährdung im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 4 PassG 1992 ist zwar nicht Voraussetzung, dass der Betreffende tatsächlich schon einmal ein Reisedokument für den verpönten Zweck benützt hat; vielmehr ist es nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen hinreichend, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, es werde in Zukunft zu einer entsprechenden Gefährdung kommen. Dabei ist aber das Gesamtverhalten in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände diese Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl. abermals VwGH 20.3.2025, Ra 2025/01/0055, mwN).
13 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht angestellte Prognose mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wäre, zumal sich der Revisionswerber mit seiner Kritik, wonach das Verwaltungsgericht lediglich zwei seiner strafgerichtlichen Verurteilungen und seine Teilnahme an näher genannten Demonstrationen berücksichtigt habe, von den Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses entfernt.
14Auch liegt entgegen der Behauptung des Revisionswerbers Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur nach § 14 Abs. 1 Z 4 PassG 1992 anzustellenden Prognose vor (vgl. erneut VwGH 20.3.2025, Ra 2025/01/0055, mwN).
15 Schließlich wird mit der bloß pauschalen Bezugnahme auf eine Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ohne fallbezogen eine konkrete maßgebliche Rechtsfrage dazustellen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 5. August 2025