JudikaturVwGhRa 2024/18/0017

Ra 2024/18/0017 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Dr. Sutter als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des T A, vertreten durch die Marschall Heinz Rechtsanwalts Kommanditpartnerschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2023, I407 2271549 1/10E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, stellte am 20. Mai 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er im Jahr 2013 sein Heimatland als 15 Jähriger aufgrund des Krieges verlassen habe, da der Heimatort der Familie immer wieder bombardiert worden sei. Zudem gab er an, dass er in Syrien den Militärdienst hätte ableisten müssen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, getötet oder inhaftiert zu werden.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. März 2023 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei zwar im wehrdienstpflichtigen Alter und habe seinen Wehrdienst in der syrischen Armee nicht abgeleistet. Er habe im gesamten Verfahren jedoch angegeben, in Syrien im Dorf S im Gouvernement I gelebt zu haben. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG stehe das Dorf unter der Kontrolle der Opposition. Es könne bei einer Rückkehr in sein „Heimatgebiet“ das ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar sei somit schon deswegen nicht von einer Verfolgung des Revisionswerbers seitens des syrischen Regimes ausgegangen werden.

5 Das BVwG folgerte daraus, dass dem Revisionswerber „im Falle einer Rückkehr ins Gouvernement I“ nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr drohe, zur syrischen Armee einberufen zu werden bzw. einer ihn unmittelbar und konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung durch die syrische Regierung bzw. die Armee ausgesetzt zu sein. Sowohl aus dem Länderinformationsblatt als auch aus spezifischen Anfragebeantwortungen zu Syrien gehe zudem hervor, dass die Opposition nicht auf Zwangsrekrutierungen angewiesen sei und ortsansässige Personen in der Regel nicht gegen ihren Willen rekrutiert werden würden. Es erscheine daher auch nicht wahrscheinlich, dass dem Revisionswerber „von dieser Seite“ eine asylrelevante Gefährdung drohe.

6 Des Weiteren erwog das BVwG, dass auch wenn das „Heimatdorf“ des Revisionswerbers nur wenige Kilometer von dem durch das syrische Regime kontrollierten Gebiet entfernt liege und seitens des Regimes in jüngster Zeit Angriffe in der nahe gelegenen Stadt K durchgeführt worden seien noch nicht davon ausgegangen werden könne, dass dem Revisionswerber im Falle seiner Rückkehr eine asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime drohe. Dabei werde nicht verkannt, dass zurückeroberte Gebiete eine besonders hohe Dichte an sogenannten „Checkpoints“, an denen Personen kontrolliert und rekrutiert werden würden, aufwiesen und aus diesen Gebieten eingezogene Männer disproportional oft kurz nach ihrer Einberufung mit minimaler Kampfausbildung als Bestrafung für ihre Illoyalität gegenüber dem Regime an die Front geschickt werden würden. Trotzdem sei es gegenwärtig nicht absehbar, ob es dem Regime gelinge, sein Kontrollgebiet auch auf den Heimatort des Revisionswerbers auszudehnen.

7 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit eine mangelhafte Beweiswürdigung des BVwG geltend macht und mittels Wiederholung der Aussagen des Revisionswerbers in der Verhandlung vor dem BVwG zusammengefasst festhält, dass der Revisionswerber während des Verfahrens detailliert seine Asylgründe dargelegt und geschildert habe, dass sein Leben in Gefahr wäre, wenn er nach Syrien zurückgeschickt werden würde.

8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der Revision die Beweiswürdigung des BVwG bemängelt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 18.12.2023, Ra 2023/18/0131, mwN).

13 Das BVwG kam unter Würdigung der Aussagen des Revisionswerbers über das gesamte behördliche und gerichtliche Verfahren hinweg zum Schluss, dass dieser seine Heimat als Minderjähriger aus Angst vor Krieg verlassen und den Wehrdienst für den syrischen Staat noch nicht abgeleistet habe. Bei einer Rückkehr habe er jedoch schon deswegen keine Verfolgung zu befürchten, da der Heimatort des Revisionswerbers nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehe und sicher erreichbar sei. Dass diese Beurteilung in einer unvertretbaren Weise erfolgt wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen, zumal sie weder bestreitet, dass der Revisionswerber aus dem Dorf S im Gouvernement I stamme, noch, dass sich dieser Ort unter der Kontrolle der Opposition befinde.

14 Wenn die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit des Weiteren lediglich ohne jegliche Bezugnahme auf eine konkrete Rechtsfrage die Aussagen des Revisionswerbers wiederholt, wonach diesem (u.a.) bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat „die Festnahme“ drohe, er „zwangsrekrutiert“, „ins Gefängnis gesteckt“ oder „vielleicht sofort getötet“ werde, legt sie allein damit eine unvertretbare Beweiswürdigung des BVwG nicht dar und übersieht sie zudem, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die (bloße) Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrelevante Verfolgung darstellt, sondern nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen kann (vgl. z.B. VwGH 4.7.2023, Ra 2023/18/0108, mwN).

15 Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig darstellt, nicht weiter einzugehen (vgl. VwGH 18.10.2023, Ra 2023/18/0349, mwN).

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Februar 2024

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