Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak, den Hofrat Dr. Sutter, die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. inWiesinger sowie den Hofrat Dr. Hammerl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamtes Österreich, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 28. August 2024, Zl. RV/3100402/2021, betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010 bis 2018 (mitbeteiligte Partei: W K und Mitbes), zu Recht erkannt:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Das revisionswerbende Finanzamt erließ nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG)nach Durchführung einer Außenprüfung am 26. November 2020 Erledigungen betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2010 bis 2018. Als Adressat war in den Erledigungen jeweils die Gemeinschaft „[K. W.] u Mitbes“ angeführt. Die Zustellung erfolgte „z. Hd. Dr. [X, in ...] Innsbruck“. Als Personen, denen gemeinschaftliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung je zur Hälfte zugeflossen sind, wurden in den Erledigungen K. M. und K. W. angeführt.
2 Das Finanzamt wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag stellte.
3Mit dem angefochtenen Beschluss, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das BFG die Beschwerde als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, gemäß § 93 Abs. 2 BAO sei jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, habe den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergehe. Gemäß § 101 Abs. 3 BAO könnten schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet seien (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person oder einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gelte die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen werde. Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergehe der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen seien.
4Gegenständlich habe das Finanzamt seine als Bescheide intendierten Erledigungen an die Gemeinschaft „[K W] u Mitbes“ gerichtet, ohne im Spruch die Liegenschaft zu bezeichnen, aus der die gemeinschaftlichen Einkünfte erzielt worden seien. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zähle) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt werde. Bei der Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erlange eine Erledigung nach (näher zitierter) Rechtsprechung des BFG keine Bescheidqualität, wenn bei einer an die Gemeinschaft gerichteten Adressierung die Angabe der die Einkünfte vermittelnden Einkunftsquelle (Liegenschaftsadresse) im Bescheidspruch fehle. Das Anführen der Liegenschaften in der Begründung der als Bescheide angestrebten Erledigungen, namentlich im gesondert (ebenfalls an die Gemeinschaft „[K W] u Mitbes“) zugestellten Bericht über die Außenprüfung verhelfe der Erledigung nicht zur Bescheidqualität. Der Bericht sei Teil der Begründung und nicht des Spruchs der auf Bescheide abzielenden Erledigungen. Bestandteile des Spruchs im Außenprüfungsbericht könnten wegen der gesonderten Zustellung des Berichts und dem fehlenden Hinweis gemäß § 101 Abs. 3 BAO (Zustellfiktion) nicht wirken.
5Gegen diesen Beschluss richtet sich die gegenständliche außerordentliche Amtsrevision. Zu deren Zulässigkeit bringt das Finanzamt vor, das BFG nehme im Widerspruch zur hg. Rechtsprechung an, dass bei an eine Vermietungsgemeinschaft gerichteten Feststellungsbescheiden (§ 188 BAO) die Liegenschaften, aus deren Vermietung die gemeinschaftlichen Einkünfte erzielt und verteilt worden seien, im Spruch der Bescheide genannt sein müssten, damit rechtswirksam erlassene Feststellungsbescheide vorlägen. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO habe jeder Bescheid den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergehe. Die Personenumschreibung sei notwendiger Bestandteil des Bescheidspruchs. Bei Zweifeln über den Inhalt des Spruchs sei zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen, zumal der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen sei. Bei Unklarheiten, auf welche konkrete Liegenschaft sich die bekämpften Bescheide bezögen, sei auch der Verweis auf den Außenprüfungsbericht in die Beurteilung einzubeziehen. Die Angabe der Liegenschaftsadresse stelle keinen unverzichtbaren Teil des Bescheidspruchs dar; es müsse der Gegenstand der Besteuerung bloß aus dem Bescheid insgesamt bzw. aus seiner Begründung hervorgehen. Im verwiesenen Außenprüfbericht seien die durch die mitbeteiligte Partei vermieteten Liegenschaften getrennt angeführt gewesen, weswegen die Anforderungen an die Parteibezeichnung und Bezeichnung des Gegenstandes der bescheidmäßigen Einkünftefeststellung nach § 188 BAO erfüllt seien.
6 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Die Revision ist zulässig und auch begründet.
9Gemäß § 93 Abs. 2 BAO hat jeder Bescheid (u.a.) den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Die Personenumschreibung ist notwendiger Bestandteil des Bescheidspruches mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird.
10 Die „Personenumschreibung“ bildet einen notwendigen Bestandteil des Spruches des Abgabenbescheides. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde ist aber als ein Ganzes zu beurteilen. Spruch und Begründung bilden eine Einheit. Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen. Hiebei ist der Spruch im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes auszulegen („gesetzeskonforme“ Bescheidauslegung; vgl. VwGH 26.6.2014, 2013/15/0062, mwN).
11Wenn sich eine Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten vergreift, aber aus der gesamten Erledigung offenkundig ist, wer gemeint war, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; in diesem Fall liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, bei dem, solange eine Berichtigung nicht erfolgt ist, durch Auslegung des Bescheides zu klären ist, an wen er gerichtet ist (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2021/13/0124; vgl. zur hinreichenden Identifizierbarkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch VwGH 29.4.1991, 90/15/0174; vgl. weiters VwGH 19.12.2007, 2007/13/0142).
12 Entgegen der Annahme des BFG ergibt sich aus der hg Rechtsprechung nicht, dass die Angabe der Liegenschaftsadressen einen stets unverzichtbaren Bestandteil des Bescheidspruchs im Rahmen der Parteibezeichnung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts bei der Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellt, auch wenn deren Angabe insbesondere bei Beteiligung eines Gesellschafters an mehreren Gesellschaften bürgerlichen Rechtszweckmäßig sein mag (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2021/13/0124).
13Im hier vorliegenden Fall hat das Finanzamt die gegenständlichen Erledigungen an die Gemeinschaft „[K W] u Mitbes“ gerichtet, ohne im Spruch die der Gemeinschaft zugeordneten Grundstücke konkret zu benennen. In den Erledigungen ist zur Begründung allerdings u.a. auf den Außenprüfungsbericht verwiesen worden, in dem sämtliche betroffenen Grundstücke genannt sind (vgl. auch dazu VwGH 7.4.2022, Ra 2021/13/0124). Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Revisionsbeantwortung nicht, dass im bisherigen Verfahren unklar gewesen wäre, welche Liegenschaften verfahrensgegenständlich waren.
14Eine aus Sicht des BFG allenfalls zu wenig präzise Parteienbezeichnung konnte daher lediglich Anlass für das BFG sein, die Bezeichnung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu präzisieren (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2021/13/0124).
15 Da aus den Erledigungen des Finanzamts jeweils offenkundig war, wer als Bescheidadressat gemeint war, waren die Bescheide des Finanzamts nicht wegen Fehlens einer gesetzmäßigen Bezeichnung des Adressaten unwirksam.
16Der angefochtene Beschluss war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 21. Oktober 2025
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