JudikaturVwGH

Ro 2024/15/0014 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
23. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie Senatspräsident Mag. Novak und Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts für Großbetriebe in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 9. Februar 2024, Zl. RV/6100676/2016, betreffend Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2013 gemäß § 299 BAO (mitbeteiligte Partei: P Privatstiftung, vertreten durch die LeitnerLeitner Salzburg GmbH, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1Die mitbeteiligte Partei ist eine österreichische Privatstiftung, die die Anwendungsvoraussetzungen des § 13 KStG 1988 erfüllt und deren Begünstigte in der Schweiz ansässig sind. Sie erzielte im Jahr 2013 u.a. zwischensteuerpflichtige Einkünfte iSd § 13 Abs. 3 KStG 1988. Weiters tätigte sie Zuwendungen an die in der Schweiz ansässigen Begünstigten in Höhe von 212.017,86 €. Das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser Zuwendungen steht nach Art. 21 Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweiz ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat (Schweiz) zu. Die Entlastung von der Kapitalertragsteuer erfolgte direkt an der Quelle.

2 Das Finanzamt erließ am 9. Jänner 2015 entsprechend der damaligen Rechtslage einen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2013 und setzte die Körperschaftsteuer ohne Entlastung von der Zwischensteuer aufgrund der Zuwendungen an die in der Schweiz ansässigen Begünstigten fest.

3Mit Schriftsatz vom 19. November 2015 stellte die mitbeteiligte Partei einen Antrag nach § 299 BAO auf Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides vom 9. Jänner 2015. Sie begehrte die vollständige Entlastung von der Zwischensteuer im Ausmaß der getätigten Zuwendungen und führte zur Begründung aus, nach Auffassung des EuGH verstoße die Nichtentlastung von der Steuer nach § 22 Abs. 2 KStG 1988 für Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte, die wie dies gegenständlich der Fall sei aufgrund eines DBA von der Kapitalertragsteuer entlastet würden, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und sei daher unionsrechtswidrig.

4 Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom 23. Mai 2016 als unbegründet ab, wogegen die mitbeteiligte Partei Beschwerde erhob.

5Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde der mitbeteiligten Partei „gemäß § 279 BAO Folge“. Es hob den „angefochtenen Bescheid“ auf. Weiters führte es (im Spruch seiner Entscheidung) aus: „Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.“ Zur Begründung verwies es auf das EuGH Urteil vom 17. September 2015, F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt , C589/13, und vertrat den Standpunkt, § 13 Abs. 3 vorletzter Satz KStG 1988 verstoße auch in der durch das Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015) geänderten Fassung gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit; die in dieser Bestimmung normierte Einschränkung sei mit Art. 63 AEUV nicht vereinbar und werde daher verdrängt.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegenden Amtsrevision, zu der die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgerichtaußer in den Fällen des § 278 BAOimmer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist dabei durch die Sache des Verfahrens begrenzt (vgl. VwGH 24.5.2023, Ra 2023/15/0021, mwN).

9Dem angefochtenen Erkenntnis liegt ein Bescheid zugrunde, mit dem das Finanzamt den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2013 gemäß § 299 BAO abgewiesen hat. Wenn auch nach § 299 BAO die Entscheidung über die Aufhebung eines Bescheides der Abgabenbehörde zusteht, ist es im Zuge des Beschwerdeverfahrens über eine solche Abweisung Aufgabe des Verwaltungsgerichts, in der Sache selbst zu entscheiden. Ist das Verwaltungsgericht der Ansicht, dass der Antrag auf Aufhebung entgegen dem bei ihm angefochtenen Bescheid des Finanzamtsberechtigt ist, so ist der Bescheid des Finanzamts abzuändern und auszusprechen, dass der Bescheid, dessen Aufhebung beantragt wurde, aufgehoben wird. Allfällige neue Bescheide sind sodann vom Finanzamt zu erlassen (vgl. VwGH 29.9.2022, Ra 2021/15/0052, mwN).

10Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht zwar der Beschwerde („gemäß § 279 BAO“) Folge, hob aber nicht (in Abänderung des beim Bundesfinanzgericht angefochtenen Bescheides) den Bescheid, dessen Aufhebung gemäß § 299 BAO beantragt worden war (also den Körperschaftsteuerbescheid 2013) auf, sondern den beim Bundesfinanzgericht „angefochtenen Bescheid“ (also den Bescheid, mit dem der Antrag auf Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 2013 abgewiesen worden war). Damit würde im Ergebnis der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Aufhebung gemäß § 299 BAO unerledigt bleiben. Wie aus den Ausführungen betreffend „Bemessungsgrundlage“ und „Höhe der festgesetzten Abgabe“ hervorgeht, intendierte das Bundesfinanzgericht offenbar (überdies?) eine inhaltliche Entscheidung über den Körperschaftsteuerbescheid 2013, womit es auch die „Sache“ des Beschwerdeverfahrens überschritt.

11Das angefochtene Erkenntnis war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 23. Juli 2025