Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr. in Wiesinger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 5. Jänner 2024, Zl. RV/4100535/2016, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2013 und 2014 (mitbeteiligte Partei: „S“ Privatstiftung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union über die mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 2025, Ro 2024/15/0016, vorgelegte Frage ausgesetzt.
1Die Mitbeteiligte ist eine österreichische Privatstiftung, die die Anwendungsvoraussetzungen des § 13 KStG 1988 erfüllt und deren Begünstigte in Deutschland, der Slowakei, Polen, Russland, Serbien, der Ukraine, Kroatien, Rumänien sowie Bosnien und Herzegowina ansässig sind. Die Mitbeteiligte erzielte in den Jahren 2013 und 2014 zwischensteuerpflichtige Einkünfte iSd § 13 Abs. 3 KStG 1988 und tätigte Zuwendungen an ihre Begünstigten. Das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser Zuwendungen steht nach Art. 21 der jeweiligen dem OECD Musterabkommen entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen mit Ausnahme von Deutschland jeweils ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu.
2 Das Finanzamt erließ am 23. Oktober 2015 entsprechend der damaligen Rechtslage Körperschaftssteuerbescheide für die revisionsgegenständlichen Jahre und setzte die Körperschaftsteuer ohne Entlastung von der Zwischensteuer aufgrund von Zuwendungen an die im Ausland ansässigen Begünstigten fest.
3 Der dagegen von der Mitbeteiligten erhobene Beschwerde gab das Finanzamt mit den Beschwerdevorentscheidungen vom 10. Juni 2016 teilweise statt und änderte die Körperschaftssteuerbescheide vom 23. Oktober 2015 für die Jahre 2013 und 2014 insoweit ab, als Österreich aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland ein beschränktes Quellenbesteuerungsrecht zukomme, sodass die Zuwendungen an in Deutschland ansässige Begünstigte endgültig mit Kapitalertragsteuer belastet sind und es in diesem (beschränkten) Umfang zu einer Anrechnung auf die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer komme. Hinsichtlich der übrigen Zuwendungen, die an in anderen Staaten ansässige Begünstige geleistet wurden, nahm das Finanzamt mangels Quellenbesteuerungsrechts Österreichs keine Entlastung von der Zwischensteuer vor.
4 Daraufhin stellte die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde statt und hob die bekämpften Bescheide auf. Zur Begründung verwies es auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 17. September 2015, F.E. Familienprivatstiftung Eisenstadt , C589/13, und vertrat die Rechtsansicht, § 13 Abs. 3 letzter Satz KStG 1988 verstoße auch in der durch das Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015) geänderten Fassung gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit; die in dieser Bestimmung normierte Einschränkung sei mit Art. 63 AEUV nicht vereinbar und werde daher verdrängt.
6In der dagegen erhobenen Amtsrevision macht das Finanzamt zusammengefasst geltend, dass durch die mit dem AbgÄG 2015 vorgenommene Änderung des § 13 Abs. 3 sowie § 24 Abs. 5 KStG 1988 keine Unionsrechtswidrigkeit mehr bestehe, da durch die Neuregelung Privatstiftungen mit Zuwendungen an ausländische Begünstigte nicht schlechter gestellt würden als Privatstiftungen mit Zuwendungen an inländische Begünstigte. Durch die geänderte Besteuerungssystematik werde nunmehr die Einmalbesteuerung der in § 13 Abs. 3 KStG 1988 erfassten Einkünfte der Privatstiftung in Österreich konsequent und unabhängig von der Ansässigkeit der Zuwendungsempfänger sichergestellt.
7Mit dem im Spruch genannten Beschluss vom 24. Juni 2025, Ro 2024/15/0016, legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:
„Steht Art. 63 AEUV einer Steuerregelung eines Mitgliedstaates wie der im Ausgangsverfahren anzuwendenden entgegen, nach der eine im Inland ansässige Privatstiftung auf bestimmte Einkünfte (insbesondere Zinserträge, Erträge aus Beteiligungsveräußerungen und Liegenschaftsveräußerungen) Körperschaftsteuer zu entrichten hat, ihr diese Körperschaftsteuer aber insoweit erstattet wird, als sie Zuwendungen (Schenkungen) an Begünstigte tätigt und diese Zuwendungen der inländischen Kapitalertragsteuer unterliegen, sodass die Erstattung dieser Körperschaftsteuer unterbleibt, insoweit die Begünstigten mit den empfangenen Zuwendungen (aufgrund einer innerstaatlichen Befreiungsbestimmung oder aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens) nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen?“
8Der Beantwortung dieser Frage durch den EuGH kommt auch für die Behandlung der vorliegenden Revision Bedeutung zu. Es liegen daher die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, weshalb das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das genannte Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen war.
Wien, am 26. August 2025