JudikaturVwGH

Ro 2024/15/0002 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak, den Hofrat Dr. Sutter, die Hofrätin Dr. in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis sowie die Hofrätin Dr. in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Vorarlberg, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 29. September 2023, Zl. RV/1100440/2013, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2010 (mitbeteiligte Parteien: 1. V GmbH Co KG als Beteiligte der I AG atypisch stille Gesellschaft, 2. W GmbH Co KG als Beteiligte der I AG atypisch stille Gesellschaft, 3. X GmbH Co KG als Beteiligte der I AG atypisch stille Gesellschaft, 4. Y GmbH Co KG als Beteiligte der I AG atypisch stille Gesellschaft und 5. Z GmbH Co KG als Beteiligte der I AG atypisch stille Gesellschaft, alle vertreten durch die CNC Steuerberatung GmbH Co KG in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1 Die fünftmitbeteiligte Partei ist eine GmbH Co KG. Gesellschafter der KG sind als Komplementärin die A GmbH und als Kommanditistin die X Treuhand GmbH. Bei der X Treuhand GmbH handelt es sich um eine Treuhandkommanditistin, die neben ihrem eigenen Kommanditanteil treuhändig Kommanditanteile für Treugeber (eine Vielzahl natürlicher Personen) hält.

2 Mit Zusammenschlussvertrag (Verkehrswertzusammenschluss) vom 23. Dezember 2010 schlossen sich die I AG ( atypisch stille Gesellschaft) sowie die fünftmitbeteiligte KG unter Bezugnahme auf Art. IV UmgrStG rückwirkend zum 31. März 2010 zu einer neuen I AG atypisch stille Gesellschaft zusammen. Laut § 1 des Vertrages stellt die fünftmitbeteiligte KG als atypisch stille Gesellschafterin eine Einlage von zumindest 1,000.000 € und maximal 1,500.000 €. Geleistet wurde tatsächlich eine Einlage von gesamt 1,300.000 €.

3 Gemäß § 2 des Vertrages ist die fünftmitbeteiligte KG am gesamten Unternehmenswert (samt stillen Reserven und Firmenwert) entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis beteiligt. Die Beteiligungsquote sei der Gewinn- und Verlustverteilung sowie der Abschichtung zugrunde zu legen. Sie errechne sich ausgehend vom einvernehmlich zugrunde gelegten Verkehrswert des Beteiligungsnehmers von 70,143.518,50 € und einer Einlage von 1,500.000 € mit 2,09 %. Bezogen auf die tatsächlich geleistete Einlage von gesamt 1,300.000 € errechnete sich eine tatsächliche Beteiligungsquote von 1,8196 %. Abweichend von der Beteiligungsquote wurde die Verlustzuweisung im Streitjahr 2010 vorrangig an die stille Gesellschafterin (begrenzt mit 190 % ihrer geleisteten Einlage) vereinbart. Die Mitbeteiligte war nicht an der Geschäftsführung beteiligt. Tatsächlich wurden der fünftmitbeteiligten KG 100 % des Verlustes der atypisch Stillen zugewiesen.

4 Es wurde sowohl für die I AG atypisch stille Gesellschaft als auch für die fünftmitbeteiligte KG jeweils ein Gewinnfeststellungsverfahren nach § 188 BAO durchgeführt („doppelstöckige Mitunternehmerschaft“).

5 Die I AG atypisch stille Gesellschaft erklärte in der Feststellungserklärung 2010 Verlustzuweisungen an die fünftmitbeteiligte KG in Höhe von 2,470.000 € (und Sonderbetriebsausgaben).

6 Im Zuge einer Außenprüfung bei der I AG atypisch stille Gesellschaft vertrat das Prüfungsorgan die Auffassung, die der fünftmitbeteiligten KG zugewiesenen Verluste seien als gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988 nicht ausgleichsfähig zu beurteilen. Die geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben seien nicht im gegenständlichen Feststellungsverfahren (der atypisch stillen Gesellschaft), sondern im Feststellungsverfahren der fünftmitbeteiligten KG zu berücksichtigen.

7 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wird in Tz 2 u.a. ausgeführt, im gegenständlichen Fall liege eine modellhafte Gestaltung in der Form vor, dass dem einzelnen Anleger aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werde, in der Anfangsphase seiner Investition Verluste mit seinen übrigen positiven Einkünften zu verrechnen und damit einen Steuerspareffekt zu erzielen. Durch die rückwirkende Beteiligung werde dem Anleger im Zeitpunkt des Eingehens seiner Beteiligung der Verlust von nahezu 200 % seiner Einlage garantiert.

8 Eine wirtschaftliche Begründung der überproportionalen Verlustzuweisungen an die Mitbeteiligte im ersten Jahr der Beteiligung sei gegenüber der Außenprüfung nicht plausibel dargestellt worden. Bei einer Verlustzuweisung von nahezu 200 % der Einlage im Jahr des Eingehens der Beteiligung werde fast die gesamte Investition des Anlegers über seine Einkommensteuerminderung finanziert. Dass auch der subjektive Wille der Modellinitiatoren auf das Erzeugen von Verlusten in der ausgewiesenen Höhe gerichtet sei, könne aus der gesamten Vorgehensweise bei der Abwicklung des Verlustmodells abgeleitet werden.

9 Gegen den aufgrund der Prüfungsfeststellungen gegenüber der atypisch stillen Gesellschaft ergangenen Feststellungsbescheid für das Jahr 2010 wurde Beschwerde (Berufung) erhoben.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das mittlerweile zuständig gewordene Bundesfinanzgericht der Beschwerde insoweit Folge, als es von der Ausgleichsfähigkeit der Verluste der fünftmitbeteiligten KG (gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988) ausging.

11 Strittig sei soweit für das Revisionsverfahren noch relevant , ob der der Mitbeteiligten zugewiesene Verlust in Höhe von 190 % ihrer Einlage ausgleichsfähig sei bzw. ob die Verlustverwertungsbeschränkung nach § 2 Abs. 2a EStG 1988 greife.

12 Die fünftmitbeteiligte KG sei eine GmbH Co KG, welche ertragsteuerlich vermögensverwaltend tätig sei. Da ihre Tätigkeit darin bestehe, sich durch atypisch stille Einlagen am Handelsbetrieb der Kapitalgesellschaft, welche operativ tätig sei und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, zu beteiligen, lägen davon abgeleitet auch bei der mitbeteiligten KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

13 Die Beteiligungsquote der fünftmitbeteiligten KG ergebe sich ausgehend von einem einvernehmlich zugrunde gelegten Verkehrswert der I AG und sei sowohl der Gewinn- und Verlustverteilung als auch der Abschichtung zugrunde zu legen. Abweichend von der Beteiligungsquote sei aber die Vereinbarung getroffen worden, die Verluste bis zu 190 % der geleisteten Einlage vorrangig der fünftmitbeteiligten KG zuzuweisen.

14 Der Vorstand der I AG habe als Motiv für die abweichende hohe Verlustzuweisung im ersten Jahr angegeben, dass es zentrale Strategie der Beteiligungsmodelle sei, sich an solchen Zielkapitalgesellschaften zu beteiligen, die im Jahr der Beteiligung Verlustzuweisungen in Höhe von nahezu 200 % der atypisch stillen Einlage garantieren könnten.

15 § 2 Abs. 2a EStG 1988 enthalte ein allgemeines Ausgleichs- und Vortragsverbot für Verluste, die aus bestimmten Beteiligungen oder Betrieben resultierten. Weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 vortragsfähig seien negative Einkünfte aus einer Beteiligung an Gesellschaften oder Gemeinschaften, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund stehe. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Erwerb oder das Eingehen derartiger Beteiligungen allgemein angeboten werde und auf der Grundlage des angebotenen Gesamtkonzeptes aus derartigen Beteiligungen ohne Anwendung dieser Bestimmung Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen würden.

16 Nach Ansicht des Finanzamts liege eine modellhafte Gestaltung in der Form vor, dass dem einzelnen Anleger aufgrund eines vorgefertigten Konzeptes die Möglichkeit geboten worden sei, in der Anfangsphase seiner Investition Verluste mit anderen Einkünften zu verrechnen und damit einen Steuerspareffekt zu erzielen. Durch die rückwirkende Beteiligung werde dem Anleger im Zeitpunkt des Eingehens seiner Beteiligung der Verlust von 190 % (abweichend von der Substanzbeteiligungsquote) garantiert, was bei nahezu allen Anlegern zur Folge habe, dass die Einlage zur Gänze über die Einkommensteuergutschrift finanziert werde. Aus den niederschriftlichen Aussagen des Vorstandes der I AG sei klar erkennbar, dass erst dadurch das Anlagekonzept umgesetzt worden sei, durch Verlustzuweisungen an Treugeber in Höhe von nahezu 200 % deren „Treuhandkommanditeinlagen“ zur Gänze über Einkommensteuergutschriften zu finanzieren.

17 Das Bundesfinanzgericht verneine aber die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2a EStG 1988, weil im gegenständlichen Fall die Rendite nach Steuern nicht doppelt so hoch gewesen sei wie die Rendite vor Steuern und keine explizite Bewerbung des Modells mit Steuervorteilen erfolgt sei.

18 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zur Qualifikation betrieblicher Einkünfte im Zusammenhang mit einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft mit Treuhandkonstruktion sowie zur Verlustverwertungsbeschränkung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

19 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete ordentliche Revision des Finanzamts, bringt zu ihrer Zulässigkeit ergänzend vor, die für die rechtliche Beurteilung des Revisionsfalles entscheidende Rechtsfrage, ob eine über das Beteiligungsausmaß hinausgehende Verlustzuweisung bis zur Höhe von 190 % der stillen Einlage eines neu eintretenden (fremden) atypisch stillen Gesellschafters anzuerkennen sei, wenn keine wirtschaftlichen Gründe hierfür vorlägen, sei offen geblieben. Das Bundesfinanzgericht habe sich mit der wirtschaftlichen Rechtfertigung für die (überproportionale) alineare Verlustzuweisung im ersten Jahr der Beteiligung der atypisch stillen Gesellschafterin nicht auseinandergesetzt. Die diesbezüglichen Feststellungen des Finanzamts hätten zwar Eingang in das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes gefunden, seien bei der Entscheidungsfindung aber unberücksichtigt geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof habe in einem Fall, dem ein nahezu gleichgelagerter Sachverhalt zu Grunde gelegen sei, festgestellt, dass eine über das Beteiligungsausmaß hinausgehende Verlustzuweisung an einen neu eintretenden atypisch stillen Gesellschafter grundsätzlich unzulässig sei. Die Vereinbarung einer solchen Ergebnisverteilung habe daher für steuerliche Zwecke auch bei Gewinnverteilungsvereinbarungen unter nicht durch Nahebeziehung verbundenen Vertragspartnern unberücksichtigt zu bleiben (Hinweis auf VwGH 1.6.2017, Ro 2015/15/0017).

20 Die Mitbeteiligten haben eine Revisionsbeantwortung erstattet.

21 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 Die Revision ist zulässig und begründet.

23 Voraussetzung für selbständige (betriebliche) Einkünfte ist das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses; dieses kommt in der Unternehmerinitiative und im Unternehmerrisiko zum Ausdruck. In gleicher Weise ist Voraussetzung für die Stellung als Mitunternehmer (auch als atypisch stiller Gesellschafter), dass bei der betreffenden Person Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko gegeben sind (vgl. hiezu Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuerhandbuch, § 23 Tz 19).

24 Die steuerrechtliche Frage, wem Einkünfte zuzurechnen sind, ist in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. etwa VwGH 27.2.2014, 2011/15/0106). Entscheidend ist, ob das Zurechnungssubjekt über die Einkunftsquelle verfügt, also wirtschaftlich über diese disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann (vgl. VwGH 25.2.2015, 2011/13/0003).

25 Werden Einkünfte durch eine Mitunternehmerschaft als Gewinnermittlungssubjekt erzielt, kann in Bezug auf die Verteilung der Einkünfte auf nicht durch persönliche Nahebeziehung verbundene Mitunternehmer üblicherweise davon ausgegangen werden, dass eine Vereinbarung über die Gewinnverteilung der Mitunternehmerschaft dem Beitrag der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszweckes entspricht (VwGH 1.6.2017, Ro 2015/15/0017; 26.4.2006, 2001/14/0196; 24.9.1996, 93/13/0022; 24.10.1995, 92/14/0020). Einkünfte einer Mitunternehmerschaft können aber aus steuerlicher Sicht nicht nach freier Beliebigkeit auf die beteiligten Personen verteilt werden. Die Verteilung muss vielmehr mit dem Beitrag der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszweckes korrespondieren.

26 Im gegenständlichen Fall wurde ein Verkehrswertzusammenschluss mit Buchwertfortführung vereinbart. Die vermögensmäßigen Beiträge aller Beteiligten ergeben sich bereits aus den Beteiligungsquoten an der Mitunternehmerschaft. Leistungen, welche der Unternehmensinhaber (I AG) in den Vorjahren für das Unternehmen erbracht hat, kommen im Wert des von ihm in die atypisch stille Gesellschaft eingebrachten Vermögens zum Ausdruck.

27 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Entscheidung vom 1. Juni 2017, Ro 2015/15/0017, zum Ausdruck gebracht hat, muss für eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Ergebniszuweisung auch bei nicht durch eine Nahebeziehung verbundenen Vertragspartnern ein triftiger wirtschaftlicher Grund vorliegen (vgl. Kauba in Doralt et al, EStG 21 , § 23 Tz 290, 295, mwN, und Zorn , VwGH: Alineare Verlustzuweisung bedarf wirtschaftlicher Gründe, RdW 2017, 588). Ein solcher liegt nicht vor bei einer (in wirtschaftlicher Betrachtungsweise rückwirkenden) Beteiligung an Aufwendungen und Verlusten aus Vorjahren. Ein triftiger wirtschaftlicher Grund wird insbesondere dann vorliegen, wenn die vom Beteiligungsverhältnis abweichende Ergebniszuteilung dazu dient, einen im Verhältnis zur Beteiligungshöhe überproportionalen Beitrag eines Gesellschafters zur Erreichung des Gesellschaftszwecks abzugelten (beispielsweise die Arbeitsleistung eines Gesellschafters mit Kapitalanteil).

28 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts betrug die Beteiligungsquote der mitbeteiligten KG tatsächlich 1,8196 %. Die Fünftmitbeteiligte erhielt im Jahr 2010 den gesamten Verlust der atypisch Stillen, also eine Verlustzuweisung in Höhe von 100 %. Bereits im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wurde festgestellt, dass für diese Vorgangsweise keine wirtschaftliche Begründung ersichtlich sei. Das Bundesfinanzgericht hat diese Feststellungen in seinem Erkenntnis auch wiedergegeben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre aber in Fällen eines derartigen Missverhältnisses zwischen Beteiligungshöhe und Verlustzuweisung eine Prüfung erforderlich gewesen, welche triftigen wirtschaftlichen Gründe hierfür allenfalls ins Treffen geführt werden können und inwieweit dies mit dem jeweiligen Beitrag der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszweckes korrespondiert. Fehlt eine solche nachvollziehbare wirtschaftliche Begründung, kann die Verlustzuweisung aus steuerlicher Sicht nicht anerkannt werden.

29 Im gegenständlichen Fall, in dem der Zusammenschlussvertrag am 23. Dezember 2010 geschlossen wurde, ist auch zu beachten, dass im Wesentlichen Einkünfte des Rückwirkungszeitraumes ab 31. März 2010 verteilt worden sind.

30 Gemäß § 23 Abs. 1 UmgrStG liegt ein Zusammenschluss im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn Vermögen im Sinne des Abs. 2 ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf Grundlage eines schriftlichen Zusammenschlussvertrages und einer Zusammenschlussbilanz einer Personengesellschaft tatsächlich übertragen wird. Gemäß § 23 Abs. 2 UmgrStG zählen zum Vermögen nur Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile.

31 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, 2012/13/0013, mit einem auf Art. IV UmgrStG gestützten, rückwirkend vereinbarten Zusammenschluss einer betriebsführenden GmbH und natürlichen Personen zu einer atypisch stillen Gesellschaft, bei dem die natürlichen Personen als stille Gesellschafter Aktien aus ihrem Privatvermögen in die Gesellschaft einbrachten, befasst. Strittig war, ob die umgründungsteuerliche Rückwirkungsfiktion auch für die Bewertung dieser Aktien kein „begünstigtes“ Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG gilt.

32 Der VwGH führte im Erkenntnis 2012/13/0013 aus, dass das Ertragsteuerrecht im Allgemeinen rückwirkungsfeindlich ist; soweit das UmgrStG Rückwirkungsfiktionen enthält, sind diese als Ausnahmebestimmungen nicht weit auszulegen. Für die Einlage der Aktien als nicht begünstigtes Vermögen ist daher so der VwGH weiter der Teilwert im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages über den Zusammenschluss und nicht der Teilwert am früheren Zusammenschlussstichtag anzusetzen. Die im vereinbarten Rückwirkungszeitraum eingetretene Wertminderung des nicht begünstigten Vermögens war sohin nicht im Gewinn der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen.

33 Geht man davon aus, dass § 23 UmgrStG über den Wortlaut hinaus (vgl. dazu Wiesner , RWZ 2016/20, 83 [85]) dahingehend zu interpretieren ist, dass diese Bestimmung auch einen Zusammenschluss von begünstigtem Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG einerseits mit nicht begünstigtem Vermögen (hier: bloße Geldeinlage) andererseits erfasst (vgl. ErlRV UmgrStG, 266 BlgNR 18. GP 32), so folgt daraus, dass auch in einer solchen Konstellation ein Zusammenschluss auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt grundsätzlich rückwirkend erfolgen kann. Es kann also insbesondere die Zusammenschlussbilanz auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt erstellt werden und begünstigtes Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG mit Ablauf des in der Vergangenheit liegenden Zusammenschlussstichtages nach Maßgabe des § 25 UmgrStG zu den steuerlichen Buchwerten als auf die übernehmende Personengesellschaft übergangen gewertet werden; die Bareinlage ist in der Zusammenschlussbilanz zu erfassen. Aus dem Gesetz ergibt sich aber nicht, dass Personen, die nicht begünstigtes Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG (hier: Geld) einbringen, für Zeiträume vor Abschluss des Zusammenschlussvertrages an gemeinschaftlichen Einkünften der Personengesellschaft partizipieren können. Der Zusammenschluss kann also in Bezug auf vor dem Abschluss des Zusammenschlussvertrages (im Rückwirkungszeitraum) erwirtschaftete Einkünfte für Personen, die nicht begünstigtes Vermögen einbringen, keine Zurechnung bewirken. Im Fall eines rückwirkenden Zusammenschlusses können somit die im Rückwirkungszeitraum als auf Ebene der Personengesellschaft erwirtschaftet anzusehenden Einkünfte nur jenen Personen zugerechnet werden, die begünstigte Vermögen iSd § 23 Abs. 2 UmgrStG eingebracht haben. Sollten allenfalls im Rückwirkungszeitraum Einkünfte aus nicht begünstigtem Vermögen erzielt werden (Zinsen aus Geldanlagen), sind diese steuerlich nicht dem gemeinschaftlichen Gewinn der Personengesellschaft zuzuordnen. Der Zusammenschlussvertrag lässt vielmehr die Zurechnung der auf den Rückwirkungszeitraum entfallenden Einkünfte aus dem nicht begünstigten Vermögen unverändert bei den Personen, die nicht begünstigtes Vermögen einbringen. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, 2012/13/0013, in Bezug auf Personen, die im Rahmen eines Zusammenschlusses nicht begünstigtes Vermögen nämlich Aktien einbrachten, ausgesprochen, dass der im Rückwirkungszeitraum eingetretene Wertverlust der Aktien nicht im gemeinschaftlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen ist, sondern der Wertverlust weiterhin in der persönlichen Sphäre der die Aktien einbringenden Personen verbleibt. Aus diesem Erkenntnis 2012/13/0013, in welchem der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen hat, dass, soweit das UmgrStG Rückwirkungsfiktionen enthalte, diese als Ausnahme von ertragsteuerlichen Grundsätzen nicht weit auszulegen seien, folgt sohin: Wer sich an einem rückwirkenden Zusammenschluss iSd Art IV UmgrStG mit nicht begünstigtem Vermögen (insbesondere Geld) beteiligt, kann an Einkünften, die im Rückwirkungszeitraum von der Personengesellschaft (bzw. von den begünstigtes Vermögen einbringenden Personen) erzielt wurden, nicht partizipieren, bleibt aber (alleiniges) Zurechnungssubjekt der von ihm in diesem Zeitraum aus dem nicht begünstigten Vermögen (allenfalls) erzielten Einkünfte.

34 Das Bundesfinanzgericht hat sein Erkenntnis somit im Rahmen der Anfechtungserklärung der Amtsrevision mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 7. Oktober 2025

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