Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des M S (auch M S) in W, vertreten durch Mag. Gerold Schwarzer als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Langeder, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Stutterheimstraße 16 18/Stiege 2/Etage 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. November 2024, W191 22780461/28E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 17. Jänner 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er homosexuell und mit seinem Freund von der „Gesellschaft“ erwischt worden sei. Er sei mit dem Tode bedroht worden und fürchte im Fall einer Rückkehr um sein Leben.
2Mit Bescheid vom 16. August 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Erkenntnis vom 2. Jänner 2024 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Mit Erkenntnis vom 26. Juni 2024, E 223/2024 17, hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) dieses Erkenntnis wegen massiver Begründungsmängel zur Gänze auf.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer weiteren Verhandlung neuerlich als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Begründend schenkte es dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers, homosexuell zu sein und aufgrund seines gleichgeschlechtlichen Kontaktes mit Partnern in seinem Herkunftsstaat verfolgt zu werden, keinen Glauben. Dazu nahm es eine ausführliche Beweiswürdigung vor, in der es auch auf die vom VfGH beanstandeten Begründungsmängel näher einging.
6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit eine Verletzung der Verhandlungspflicht geltend macht.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. zu alldem etwa VwGH 6.2.2025, Ra 2025/19/0003, mwN).
11 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass in der gesonderten Begründung der Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 7.1.2025, Ra 2024/14/0844, mwN). Dies gilt insbesondere auch in jenem Fall, in dem geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht hätte nach bereits erfolgter Verhandlung eine weitere Tagsatzung anberaumen müssen (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/20/0292, mwN).
12 Die Revision rügt in ihrer Zulässigkeitsbegründung, dass das BVwG nach Aufhebung des Erkenntnisses vom 2. Jänner 2024 durch den VfGH keine weitere Verhandlung durchgeführt hat. Die vom VfGH als „unzureichend befundene Beweiswürdigung aus dem ersten Erkenntnis“ sei „durch eine neue und breiter angelegte Beweiswürdigung ersetzt“ worden, wobei der Revisionswerber zu den darin angestellten Vorhalten des BVwG betreffend „angebliche Widersprüche und Unglaubwürdigkeiten nicht Stellung“ habe nehmen können. Da seit der Verhandlung bereits dreizehn Monate vergangen seien, könne überdies nicht davon ausgegangen werden, dass die „persönlichen Eindrücke des Gerichts noch vollständig und in verwertbarer Frische“ vorhanden seien, was iZm aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unverzichtbar sei.
13 Mit diesem Vorbringen wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht dargetan. Es besteht entgegen der Rechtsauffassung der Revisionauch keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes, dem Asylwerber im Weg eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (vgl. etwa VwGH 23.12.2024, Ra 2024/18/0712, 0713, mwN). Dass der Revisionswerber die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Widersprüche im Übrigen widerlegen hätte können, wird nicht einmal behauptet.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 8. April 2025