Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 28. August 2024, Zl. E 003/09/2024.039/010, betreffend Auskunft aus der Zulassungsevidenz (mitbeteiligte Partei: W GmbH in S, vertreten durch die Perl Tax Law Rechtsanwalts GmbH in 1090 Wien, Ferstelgasse 1/ Top 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird stattgegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 23. Februar 2024, 2023 003.328 18/46, abgewiesen wird.
1 1.1. Mit Eingaben vom 27. September 2023, 4. Oktober 2023, 12. Oktober 2023, 19. Oktober 2023, 3. November 2023, 10. November 2023, 1. Dezember 2023, 5. Dezember 2023, 11. Dezember 2023, 13. Dezember 2023, 3. Jänner 2024, 24. Jänner 2024, 31. Jänner 2024 und 7. Februar 2024 beantragte die Mitbeteiligte bei der belangten Behörde jeweils die Übermittlung der Halter und Adressdaten von insgesamt 32 mit Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeugen „zur Vollstreckung von Rechtsansprüchen“, da diese Fahrzeuge die ausgewiesene Höchstparkdauer auf ihren Parkflächen überschritten hätten.
2 Dazu wurden neben den Kennzeichen jeweils der (mit Kalenderdatum und Uhrzeit konkretisierte) Zeitpunkt und der (mit einer Adresse konkretisierte) Ort des „Vergehens“ sowie die (mit einer Ziffernkombination konkretisierte) „Parkplatz Kennung“ mitgeteilt.
3 1.2. Mit Bescheid vom 23. Februar 2024 wies die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrige Revisionswerberin den Antrag der Mitbeteiligten auf Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 ab.
4 Die belangte Behörde stellte fest, die Mitbeteiligte verfüge in Österreich über die Gewerbeberechtigungen „Halten von Räumen und Flächen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen (Garagierungsgewerbe)“ sowie „Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“. Ihr werde durch Parkflächeninhaber die Aufgabe der Parkraumbewirtschaftung übertragen. Jeder Parkende schließe mit ihr einen Vertrag. Ein Verstoß gegen die Parkbedingungen führe zu einer Vertragsstrafe, zu deren weiterer Verfolgung die Mitbeteiligte eine Halteranfrage mache.
5 Der Mitbeteiligten fehlten die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Überwachung von Grundstücken. Sie dürfe die gegenständliche Tätigkeit daher nicht ausführen, weswegen ihr die Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967 nicht gelungen sei.
6 1.3. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Landesverwaltungsgericht Burgenland nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
7 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Mitbeteiligte stelle an näher genannten Adressen Parkflächen, die von Kunden von Lebensmittelketten, Baumärkten und Fast Food Ketten benützt würden, unentgeltlich zur Verfügung.
8 Inhalt der Verträge mit den Betreibern der Betriebsanlagen sei die Übertragung der „Aufgaben der Parkraumkontrolle“ an die Mitbeteiligte. Diese verpflichte sich zur Anbringung und zum Betrieb einer technischen Einrichtung zur Kennzeichenerfassung und einer entsprechenden Beschilderung auf der Parkfläche. Das Kontroll und Mahnverfahren („Prozess zur Überprüfung der Vertragskonformität und Verfolgung der entstandenen Ansprüche“) werde durch die Mitbeteiligte und in ihrem Namen durchgeführt. Dafür würden die Kennzeichen der ein und ausfahrenden Fahrzeuge durch Kennzeichenscanner erfasst und gespeichert. Bei einem detektierten Verstoß gegen die Vertrags und Einstellbedingungen der Mitbeteiligten, insbesondere bei Überschreitung der zulässigen Höchstparkdauer, verfolge die Mitbeteiligte gegen den KFZ Halter eine Vertragsstrafe in Höhe von € 55, (bzw in anderer Höhe), zuzüglich der Kosten der Halteranfrage, sowie gegebenenfalls zuzüglich anfallender Mahn und Rechtsanwaltsgebühren. Ein Verstoß gegen die Höchstparkdauer liege vor, wenn die nach den Vertrags und Einstellungsbedingungen eingeräumte Höchstparkdauer zuzüglich einer gewissen Kulanzzeit überschritten werde, ohne dass der Parkraumnutzer dazu berechtigt sei. Die digitale Parkraumbewirtschaftung durch die Mitbeteiligte erfolge unentgeltlich.
9 Der Vertrag über die Benutzung der Parkflächen werde zwischen der Mitbeteiligten und dem Benutzer der Parkflächen (dem Lenker des Kraftfahrzeuges) geschlossen. Aus diesem Vertrag ergebe sich die Vereinbarung einer Konventionalstrafe bei einem Verstoß gegen die Benutzungsbedingungen, insbesondere bei unzulässiger Überschreitung der ausgeschilderten Höchstparkdauer. Die Aufstellung der Vertrags und Einstellbedingungen für die einzelnen Standorte sei nachgewiesen worden.
10 Die Mitbeteiligte sei Inhaberin der beiden schon im Bescheid der belangten Behörde festgestellten Gewerbeberechtigungen.
11 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, öffentliche Interessen iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967 könnten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur subjektiv öffentliche, sondern auch aus dem Privatrecht erfließende Interessen sein. Die Durchsetzung der Vertragsstrafe, welche der Benützer eines Parkplatzes der Mitbeteiligten bei einem Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen als Vertragspartner schulde, stelle ein solches privatrechtliches Interesse dar.
12 Es liege daher eine andere Konstellation vor als in jenen Fällen, in denen die Auskunft aus der Zulassungsevidenz im Auftrag eines anderen Unternehmens eingeholt werde. Nur in jenen Fällen sei der Umfang der Gewerbeberechtigung des Beauftragten relevant, weil jener kein eigenes rechtliches Interesse habe.
13 Im vorliegenden Fall könne hingegen die Frage, ob die Einnahmen aus Vertragsstrafen eine Entgeltlichkeit und damit (vor dem Hintergrund des § 4 GewO 1994) überhaupt eine gewerbliche Tätigkeit der Mitbeteiligten begründeten, dahinstehen. Entweder die Gewerbeordnung 1994 sei auf die Tätigkeit der Mitbeteiligten gar nicht anzuwenden, da gar keine Gewerbsmäßigkeit vorliege, oder diese Tätigkeit sei von der bestehenden Gewerbeberechtigung umfasst. In beiden Fällen bestünde ein rechtliches Interesse an der Durchsetzung der Vertragsstrafe.
14 Die gegenständlichen Auskünfte seien daher zu erteilen. Da das Verwaltungsgericht jedoch über keinen Zugang zur Zulassungsevidenz verfüge, sei die Auskunft durch die belangte Behörde, welche die Zulassungsevidenz führe, zu erteilen, wozu das Verwaltungsgericht auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Aufhebung und Zurückverweisung) verwies.
15 1.4. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht. Die Mitbeteiligte erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
16 2. Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 13.12.2001, 2001/11/0358) die Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses an der Auskunftserteilung aus der Zulassungsevidenz bejaht, obwohl ein solches Interesse nicht im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht worden sei.
17 3. Die Revision ist auch begründet.
18 3.1. Zunächst ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, zu verweisen.
19 Darin führte der Verwaltungsgerichtshof zur Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 47 Abs. 2a KFG 1967 aus, der Auskunftswerber habe im Antrag konkret darzulegen, welche öffentlichen oder privaten rechtlichen Interessen an der Kenntnis von Namen und Anschrift des Zulassungsbesitzers bestehen. Stützt er sein rechtliches Interesse etwa auf die Störung seines Besitzes oder auf die Verletzung von vertraglichen Vereinbarungen, hat er sowohl die Besitz oder Vertragsverhältnisse als auch den behaupteten Eingriff zu konkretisieren und den Grundsätzen der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) von Tatsachen im Verwaltungsverfahren folgend von sich aus (initiativ) Bescheinigungsmittel vorzulegen, die für seine Behauptung sprechen. Dabei werden bloß allgemein gehaltene Behauptungen in der Regel nicht ausreichen. Bei der Glaubhaftmachung des rechtlichen Interesses an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz handelt es sich um eine Obliegenheit des Antragstellers.
20 3.2. Im Revisionsfall steht außer Streit, dass die Mitbeteiligte eigene rechtliche Interessen geltend macht.
21 Die Mitbeteiligte führte in ihren Auskunftsanträgen die Kennzeichen der Kraftfahrzeuge an und konkretisierte die Vorfälle, auf welche sie ihr rechtliches Interesse stützte, jeweils örtlich (unter Angabe einer genauen Adresse sowie eines konkreten Parkplatzes) und zeitlich (unter Angabe eines Kalendertages und einer bestimmten Uhrzeit). Als rechtliches Interesse brachte sie in allgemeiner Form die Verfolgung von Rechtsansprüchen wegen der Überschreitung der ausgewiesenen Höchstparkdauer vor. Sie legte im Verfahren über Aufforderung des Verwaltungsgerichts schließlich auch die jeweiligen Verträge mit den Verfügungsberechtigten der verfahrensgegenständlichen Parkplätze sowie Bildmaterial von Beschilderungstafeln über die jeweiligen Benützungsbedingungen, einschließlich der darin vorgesehenen Vertragsstrafen bei Überschreiten der vereinbarten Parkdauer, vor.
22 Die Mitbeteiligte hat jedoch im gesamten Verfahren nicht auf die einzelnen zur Auskunft beantragten Kraftfahrzeuge bezogen von sich aus unter Angaben der jeweiligen Parkdauer ein Vorbringen dazu erstattet, welches die Verletzung der vereinbarten Benützungsbedingungen erkennen ließe. Insbesondere genügt die Angabe bloß eines Zeitpunktes des „Vergehens“ für die Beurteilung, ob eine vereinbarte Benützungsdauer überschritten wurde, im Revisionsfall nicht. Wenn die Mitbeteiligte in einer Stellungnahme an das Verwaltungsgericht vom 3. Juli 2024 ausführt, jeder einzelne „Verstoß“ könne durch Fotos bei der jeweiligen Ein- und Ausfahrt belegt werden, ohne aber solche Bilder von sich aus vorzulegen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie mit einem solchen bloßen Anbot ihrer Obliegenheit, initiativ die entsprechenden Bescheinigungsmittel vorzulegen, nicht entsprochen hat.
23 Im Ergebnis hat die Mitbeteiligte ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz iSd § 47 Abs. 2a KFG 1967 zu den genannten Kennzeichen nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
24 Da das Verwaltungsgericht dies verkannte, hat es den angefochtenen Beschluss mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
25 3.3. Was die gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG erfolgte Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde durch das Verwaltungsgericht betrifft, ist ebenfalls auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, zu verweisen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass das Verwaltungsgericht dann, wenn es zur Auffassung gelangt, ein Antragsteller habe sein rechtliches Interesse an einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz glaubhaft gemacht und die belangte Behörde die Auskunft zu Unrecht verweigert, auf den feststellenden Ausspruch beschränkt ist, dass die belangte Behörde die Auskunft zu Unrecht verweigert hat. Schon deshalb ist anhand der Begründung des Verwaltungsgerichts nicht ersichtlich, dass fallbezogen die Voraussetzungen für eine aufhebende und zurückverweisende Entscheidung gegeben gewesen wären.
26 4. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.
27 Die Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 42 Abs. 4 VwGG liegen im Revisionsfall vor. Auch insoweit kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Ra 2024/11/0150, verwiesen werden.
28 Der Beschluss war daher in Stattgabe der Revision dahingehend abzuändern, dass die Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23. Februar 2024 abgewiesen wird.
29 Von der von der Mitbeteiligten in ihrer Revisionsbeantwortung beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. April 2025