Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des Mag. C P, vertreten durch Hawel Eypeltauer - Gigleitner Huber Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen das am 16. Jänner 2024 mündlich verkündete und mit 20. Februar 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG500830/8/StB, betreffend Übertretung des WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wels Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 29. September 2023 bestrafte die Bezirkshauptmannschaft Wels Land (BH WelsLand) den Revisionswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 iVm § 137 Abs. 1 Z 16 WRG 1959 mit einer Geldstrafe von € 2.000 (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage und 17 Stunden), weil er es als Verantwortlicher der P. GmbH zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft „zumindest“ in der Zeit von 10. Jänner 2017 bis 25. August 2022 eine Wohnhausanlage samt Tiefgarage auf näher bezeichneten Grundstücken errichtet und damit eine besondere bauliche Herstellung im 30 jährlichen Hochwasserabflussbereich (HQ 30Bereich) eines näher bezeichneten Baches vorgenommen habe, ohne dafür die gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung zu besitzen.
2 In seiner Beschwerde brachte der Revisionswerber vor, die Grenzen des Hochwasserabflussgebiets seien während des Baus der Wohnhausanlage nicht im Wasserbuch ersichtlich gewesen. Die P. GmbH habe sich bei der Errichtung auch „entsprechender Professionisten“ bedient. Weder von diesen Professionisten noch von der der Ortsgemeinde sei ein Hinweis dahingehend erfolgt, dass sich das Bauvorhaben im HQ 30 Bereich befände. Insbesondere sei auch bei einem von der Ortgemeinde durchgeführten Ortsaugenschein nicht auf diesen Umstand hingewiesen worden, obwohl bei diesem Ortsaugenschein auch ein Amtssachverständiger anwesend gewesen sei. Soweit die BH Wels Land darauf verwiesen habe, dass bereits im Raumordnungsverfahren im Jahr 2015 auf die Lage im Hochwasserabflussgebiet hingewiesen worden sei, sei dem entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber bzw. die P. GmbH in diesem Verfahren keine Parteistellung gehabt hätten.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) der Beschwerde insofern Folge, als es die Geldstrafe auf € 1.000 (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage und 20 Stunden) herabsetzte. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
4In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Verwaltungsgericht fest, die P. GmbH habe als Bauträger nach Erteilung der Baubewilligung eine Wohnhausanlage mit drei Wohnbauten samt Tiefgarage auf den im Straferkenntnis zitierten Grundstücken errichtet, ohne dass eine Bewilligung nach § 38 WRG 1959 vorgelegen sei. Die Wohnhausanlage befinde sich im HQ 30 Bereich. Im Wasserbuch sei dies zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung nicht ausgewiesen gewesen. Erst im Jahr 2022 sei ein entsprechender Eintrag im Gefahrenzonenplan erfolgt.
5 In Hinblick auf die Errichtung der Wohnhausanlage im HQ 30Bereich habe eine Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 bestanden. Der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 iVm § 137 Abs. 1 Z 16 WRG 1959 sei erfüllt. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei zu beachten, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt sei, weshalb fahrlässige Tatbegehung genüge und der Beschuldigte initiativ alles darzulegen habe, was für seine Entlastung spreche. Mit seinem Vorbringen, nämlich der (bloß allgemeinen) Berufung auf die Abwicklung des Bauvorhabens durch „Professionisten“, des Fehlens einer Eintragung im Wasserbuch und der Nichterteilung eines Hinweises durch eine Behörde insbesondere der Ortsgemeinde als Baubehördekönne der Revisionswerber kein fehlendes Verschulden darlegen. Von einem Bauträger sei zu erwarten, dass er sich im Vorhinein selbst um sämtliche Bewilligungen für ein Projekt umsehe. Dem Wasserbuch komme im Sinn von § 125 Abs. 4 WRG 1959 lediglich deklaratorische Wirkung zu. Die Einrichtung eines strafbefreienden Regel und Kontrollsystems sei vom Revisionswerber nicht konkret behauptet bzw. entsprechend dargelegt worden.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts habe den Revisionswerber an der unterbliebenen Einholung der wasserrechtlichen Bewilligung kein Verschulden getroffen. Das Verwaltungsgericht habe sich insoweit nicht ausreichend mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Strafbarkeit auch bei Ungehorsamsdelikten nach § 5 Abs. 1 VStG ein schuldhaftes Handeln voraussetze. Aus den im Beschwerdeverfahren genannten Gründen seien für den Revisionswerber keine Hinweise darauf vorgelegen, dass das Bauprojekt im HQ 30 Bereich befinde und daher eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht bestanden habe.
10Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der dem Revisionswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 1 iVm § 137 Abs. 1 Z 16 WRG 1959 um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn von § 5 Abs. 1 VStG handelt, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, weswegen es Sache des Revisionswerbers war, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. VwGH 29.6.1995, 94/07/0071, zum inhaltlich übereinstimmenden Straftatbestand nach § 137 Abs. 2 lit. l WRG 1959 idF vor der WRG 1959Novelle BGBl. I Nr. 155/1999). Im Rahmen dieser Glaubhaftmachung hat der Beschuldigte initiativ durch Beibringung von Beweismitteln bzw. durch entsprechende Beweisanträge alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dazu gehört auch die Darlegung, dass der Beschuldigte Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Bloß allgemein gehaltene Behauptungen sind nicht geeignet, um diese Entlastungsbescheinigung für mangelndes Verschulden zu erbringen (vgl. etwa VwGH 26.3.2015, 2013/07/0011, mwN). Den Beschuldigten trifft (nur) dann kein Verschulden, wenn nicht erkennbar ist, welche tauglichen und zumutbaren Maßnahmen er zur Verhinderung der entsprechenden Verwaltungsübertretung hätte treffen sollen (vgl. VwGH 11.1.2018, Ra 2017/11/0152, mwN).
11Hinsichtlich der Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass der jeweilige Istzustand eines Gewässers maßgeblich ist. Als Hochwasserabflussgebiet gilt gemäß § 38 Abs. 3 WRG 1959 das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. „Überflutet“ im Sinne des § 38 Abs. 3 WRG 1959 lässt nur den Schluss zu, dass die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind. Ein allenfalls nie erreichter bzw. nicht mehr bestehenderkonsensgemäßer Ausbauzustand eines Gewässers kann für die Bewilligungspflicht von Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses nicht maßgeblich sein. Dieses Ergebnis wird noch durch den letzten Satz des § 38 Abs. 3 WRG 1959 bestätigt, wonach die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen sind. Dieser Ausweisung der Abflussgrenzen von Hochwässern bestimmter Jährlichkeit im Wasserbuch kommt nämlich nur vorläufige Aussagekraft zu (vgl. auch § 125 Abs. 4 WRG 1959). Mit Rücksicht auf die sich immer wieder ändernden Abflussverhältnisse dient die Ausweisung im Wasserbuch insbesondere einer ersten Orientierung und Information für den Bürger. Sie stellt aber kein Präjudiz für die Beurteilung des Einzelfalles dar. Die Ersichtlichmachung der Grenzen der Hochwasserabflussgebiete im Wasserbuch hat somit bloß deklaratorischen Charakter (vgl. zum Ganzen VwGH 23.1.2008, 2007/07/0018, mwN).
12 Das Verwaltungsgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass das Bestehen der Bewilligungspflicht nicht davon berührt wurde, dass die Grenzen zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnhausanlage durch die P. GmbH die Grenzen des HQ 30Bereich im Wasserbuch nicht ausgewiesen waren. Dass die Anlage einer Bewilligung nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 bedurft hätte, stellt der Revisionswerber im Revisionsverfahren ohnehin auch nicht in Abrede.
13 Eine Annahme des Revisionswerbers zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage, dass eine Bewilligungspflicht nur in Betracht käme, wenn im Wasserbuch ersichtlich wäre, dass sich das Bauvorhaben im HQ 30Bereich befinde, könnte allenfalls als Verbotsirrtum im Sinn von § 5 Abs. 2 VStG geltend gemacht werden. Die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift entschuldigt den Täter gemäß § 5 Abs. 2 VStG aber nur dann, wenn die Unkenntnis erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer allenfalls sogar plausiblenRechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. VwGH 9.9.2022, Ra 2022/09/0101, mwN).
14Das Verwaltungsgericht ist damit im Recht, dass der Revisionswerber nicht dargetan hat, dass er in diesem Sinn geeignete Erkundigungen hinsichtlich der Rechtslage durchgeführt hat; somit insbesondere eben dazu, dass der Eintritt der Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 nicht von der Ausweisung des HQ 30Bereichs im Wasserbuch abhängig ist. Der Umstand, dass die Ortsgemeinde den Revisionswerber im Baubewilligungsverfahren nicht von sich aus über die Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 in Kenntnis gesetzt hat, vermag den Revisionswerber nicht zu entschuldigen, zumal die Ortsgemeinde nicht die zuständige Behörde für die gegenständliche Bewilligung nach dem WRG 1959 ist.
15 Bei Kenntnis der Rechtslage hätte der Revisionswerber sich nicht auf das Wasserbuch verlassen dürfen, sondern wäre gehalten gewesen, von sich aus Erhebungen hinsichtlich der tatsächlichen Umstände, von denen die Bewilligungspflicht abhängt insbesondere der Grenzen des HQ 30 Bereichs anzustellen. Dass von ihm insoweit taugliche Erhebungen durchgeführt worden wären, wurde vom Revisionswerber aber nicht dargelegt. Auch der allgemeine Hinweis darauf, dass die Errichtung der Anlage unter Beiziehung „entsprechender Professionisten“ nach den Angaben in der Revision eines Architekten, eines Statikers und eines Geotechnikers durchgeführt worden sei, ist insoweit nicht ausreichend, zumal vom Revisionswerber nicht behauptet wurde, dass diese Experten mit der Erhebung des HQ 30Bereichs und damit der Voraussetzungen des Eintritts der Bewilligungspflicht nach dem WRG 1959 befasst worden wären.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 22. August 2025