Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der M GmbH in W, vertreten durch Mag. Elisabeth Schwendt, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 5. Juli 2024, LVwG 51.34 3500/2023 17, betreffend einen baubehördlichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde aufgrund der Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20. September 2023, mit welchem ihr gemäß § 8 Abs. 3 Grazer Altstadterhaltungsgesetz 2008 (GEAG 2008) der Auftrag zur Beseitigung von näher genannten, konsenslos durchgeführten Baumaßnahmen (betreffend den straßenseitig erfolgten Tausch und Abbruch von Fenstern sowie den Tausch von Balkontüren) auf einem näher bezeichneten Grundstück binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides erteilt worden war (Spruchpunkt I) und mit welchem ihr gemäß §§ 76 und 77 AVG und § 1 Abs. 1 Z 1 Gemeinde Kommissionsgebührenverordnung 2017 Kommissionsgebühren für diverse Erhebungen vorgeschrieben worden waren (Spruchpunkt II), die Beseitigungsfrist auf neun Monate ab Zustellung des Erkenntnisses erstreckt und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
5 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht soweit für den Revisionsfall wesentlich fest, dass es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um ein späthistorisches dreigeschossiges unterkellertes Eckgebäude mit Hochparterre (Erdgeschoß), 1. und 2. Obergeschoß sowie ausgebautem Dachgeschoß handle. Die Fenster im Hochparterre seien mit Rundbogenoberlichten und vorgemauerten Rundbögen ausgestattet und die Fenster und Türkonstruktionen in Holz ausgeführt gewesen. Die straßenseitigen Fenster vom Kellergeschoß bis ins 2. Obergeschoß (bis auf vier Kunststofffenster im 2. Obergeschoß) seien in Holz als Kastenstockfenster (Wiener Stock) mit Doppelflügeln und Oberlichten und mit Rundbögen im Erdgeschoß sowie mit grünen Holzrollläden ausgebildet gewesen. Diese Konstruktionsart präge „die Fassaden der Entstehungszeit der Gebäude“, die zwei Fensterebenen aufweise, wodurch durch die zwei Schichten eine räumliche Wirkung entstehe. Das Gebäude sei in seiner Gesamtheit bis ins 2. Obergeschoß in seiner baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung und als schutzwürdig im Sinn des GAEG 2008 zu werten.
6 Dem Spruch und der Begründung des Baubewilligungsbescheides vom 15. Mai 1992 lasse sich ebenso wenig wie dem bewilligten Plan ein Hinweis darauf entnehmen, dass mit diesem Bescheid im straßenseitigen Erdgeschoß des Gebäudes Kunststofffenster bewilligt worden seien, zumal Gegenstand dieses Baubewilligungsverfahrens ausschließlich Umbaumaßnahmen innerhalb der Wohnung 2 im Erdgeschoß ostseitig gewesen sei. Soweit in der Baubeschreibung als Bestand „Kunststoff Rahmen, doppelverglast“ angeführt worden sei, sei auf den Bauauftragsbescheid vom 25.6.1991 zu verweisen, mit welchem den damaligen „Hauseigentümern“ aufgetragen worden sei, die gegenständlichen konsenslos eingebauten drei Kunststofffeinschubfenster zu beseitigen. Aus der genannten Baubeschreibung lasse sich ein rechtmäßiger Bestand von Kunststofffenstern im Erdgeschoß des gegenständlichen Gebäudes nicht ableiten.
7 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht aus, eine Bewilligungspflicht gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 GAEG 2008 sei dann gegeben, wenn das äußere Erscheinungsbild eines schutzwürdigen Bauwerkes wozu gemäß § 4 GAEG 2008 auch Fenster, Fensterumrahmungen und Fenstereinteilungen zu zählen seien durch die Baumaßnahme betroffen sei. Im Widerspruch zu den Bestimmungen des GAEG 2008 getätigte Maßnahmen seien gemäß § 8 GAEG 2008 zu beseitigen. Zum Tausch von acht Rundbogenfenstern im Erdgeschoß des Gebäudes/straßenseitig gegen acht rechteckige Fenster aus Kunststoff führte das Verwaltungsgericht aus, dass durch die wesentliche Änderung der Form der Fenster (Rundbogenoberlichten gegen rechteckige Oberlichten) jedenfalls das Erscheinungsbild des schutzwürdigen Gebäudes beeinträchtigt sei, wodurch eine Bewilligungspflicht nach § 7 Abs. 3 Z 1 GAEG 2008 ausgelöst werde. Die im Beschwerdeverfahren beigezogene Amtssachverständige habe unmissverständlich bestätigt, dass durch die Veränderung der Fensterkonstruktion in Materialqualität, Profilausführung und in ihrer Form das Erscheinungsbild des gegenständlichen schutzwürdigen Gebäudes beeinträchtigt werde.
8 Zu dem von der revisionswerbenden Partei behaupteten Konsens für drei Kunststofffenster im Erdgeschoß führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Bescheid aus dem Jahr 1992 keine Bewilligung für einen Fenstertausch an der Straßenfassade im Erdgeschoß umfasse und zudem ein rechtskräftiger Beseitigungsauftrag für konsenslos errichtete drei Stück Kunststoffeinschubfenster in der Wohnung 2 im Erdgeschoß straßenseitig vorliege. Auch die vorliegenden Lichtbildaufnahmen (Hinweis auf das Gutachten vom 8. September 2023) würden belegen, dass vor den gegenständlichen Baumaßnahmen (bis auf die vier im 2. Obergeschoß vorhandenen, nicht konsentierten Kunststofffenster) Holzkastenfenster vorhanden gewesen seien.
9In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt die revisionswerbende Partei aus, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach der Austausch von Fenstern, die von einem bestehenden baurechtlichen Konsens erfasst waren, das äußere Erscheinungsbild eines Bauwerkes im Sinn des § 7 Abs. 3 GAEG 2008 nicht beeinflussen könne, keine Bewilligungspflicht nach § 7 Abs. 3 Z 1 GAEG 2008 auslöse und somit keinen Verstoß gegen das GAEG 2008 bewirke (Hinweis auf VwGH 20.12.2022, Ra 2019/06/0259). Das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass der Baubewilligung vom 15. Mai 1992, mit welcher der Austausch von Holzfenster gegen Kunststofffenster bewilligt worden sei, im Anwendungsbereich des GAEG 2008 keine Bedeutung zukomme und der bestehende Konsens der Erlassung des gegenständlichen Beseitigungsauftrages nicht entgegenstehe. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme dem baurechtlichen Konsens in Bezug auf die drei Kunststofffenster im Erdgeschoß straßenseitig im Anwendungsbereich des GAEG 2008 hingegen sehr wohl Bedeutung zu. Da für diese drei Kunststofffenster ein rechtskräftiger baurechtlicher Konsens bestehe, komme den in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht herangezogenen Lichtbildaufnahmen keine rechtliche Relevanz zu, zumal der Austausch konsenswidriger Fenster gegen konsensgemäße Fenster immer zulässig sei. Angesichts der von den drei konsensgemäßen Fenstern ausgehenden Veränderung in Bezug auf das äußere Erscheinungsbild des Bauwerkes, könne dem Austausch der übrigen verfahrensgegenständlichen Fenster und Balkontüren kein weiterer ins Gewicht fallender Einfluss auf das charakteristische Erscheinungsbild im Sinn des § 7 Abs. 3 GAEG 2008 mehr zukommen.
10Zudem sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach Aktenwidrigkeit vorliege, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgehe, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergäben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig sei, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend seien (Hinweis auf VwGH 6.12.2018, Ra 2018/02/0280). Das Verwaltungsgericht habe sich über den Inhalt des Baubewilligungsbescheides hinweggesetzt, in dessen Spruch festgehalten werde, dass die Ausführung entsprechend den genehmigten Plänen, der Baubeschreibung und unter der angeführten Auflage erfolgen müsse. In der Bezug habenden Baubeschreibung werde jedoch im Punkt „Fenster“ eindeutig „Kunststoff Rahmen, doppelverglast“ angeführt, ohne den bei anderen Punkten enthaltenen Vermerk „Bestand“. Daraus sei kein anderer Schluss zu ziehen, als dass mit diesen Angaben im Bauansuchen jene neuen, bislang noch nicht bewilligten drei Kunststofffenster gemeint gewesen seien, für welche ebenfalls um Bewilligung angesucht und diese sodann auch erteilt worden sei. Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die drei Kunststofffenster im Erdgeschoß straßenseitig wären vom Baukonsens gemäß dem Bescheid vom 15. Mai 1992 nicht umfasst, widerspreche daher der eindeutigen Aktenlage.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Soweit die revisionswerbende Partei ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend den Austausch der von einem bestehenden baurechtlichen Konsens erfassten Fenster behauptet, übersieht sie, dass das Verwaltungsgericht gerade nicht davon ausgegangen ist, dass die drei Kunststofffenster im Erdgeschoß mit dem von der revisionswerbenden Partei genannten Bescheid vom 15. Mai 1992 baubehördlich bewilligt wurden. Das von der revisionswerbenden Partei genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist daher im Revisionsfall nicht relevant.
12 Auch die von der revisionswerbenden Partei behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil das Verwaltungsgericht die in der Baubeschreibung zum Bescheid vom 15. Mai 1992 enthaltene Angabe „Kunststoff Rahmen, doppelverglast“ seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, wobei es in der Folge mit näher Begründung zu dem Schluss gelangt ist, dass von dem in Rede stehenden Baubewilligungsbescheid ungeachtet dieser Formulierung in der Baubeschreibung keine Bewilligung für einen Fenstertausch an der Straßenfassade im Erdgeschoß umfasst sei.
13 Die Auslegung eines konkreten Bescheides betrifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 25.9.2020, Ro 2020/05/0019, mwN).
14 Eine derartige Fehlbeurteilung zeigt die revisionswerbende Partei in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht auf. Darüber hinaus wird bemerkt, dass nach den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, denen die revisionswerbende Partei nicht entgegentritt, bereits durch den Tausch von Rundbogenfenstern im Erdgeschoß gegen rechteckige Fenster aus Kunststoff eine Veränderung der Fensterkonstruktion in ihrer Form erfolgt sei, durch welche das Erscheinungsbild des betreffenden schutzwürdigen Gebäudes beeinträchtigt werde; das Vorliegen einer Bewilligung für eine derartige Änderung der Fensterkonstruktion behauptet selbst die revisionswerbende Partei nicht.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 7. Jänner 2025