Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, über die Revision 1. des Dr. F A und 2. der W H, beide in E, beide vertreten durch Dr. Volker Riepl, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Leonfeldner Straße 322, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. April 2024, LVwG 153464/36/WP, betreffend baupolizeiliche Aufträge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Enzenkirchen; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerber sind jeweils Hälfteeigentümer der in der KG K gelegenen Liegenschaft EZ XY mit den Grundstücken Nr. XY/1 und XY/2, wobei ersteres im Grünland gelegen ist.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2022 wurde dem Erstrevisionswerber gemäß § 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994 „im Sinne eines unbedingten Abtragungsauftrages aufgetragen“, auf den genannten Grundstücken der Revisionswerber errichtete bauliche Anlagen (Nebengebäude, Carport, Schutzdach, Stall) vollständig bis zur Erdgleiche binnen näher genannter Frist zu entfernen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 49 Abs. 1 iVm Abs. 6 Oö. BauO 1994 wurde dem Erstrevisionswerber „im Sinne eines bedingten Abtragungsauftrages aufgetragen“, das Einfamilienhaus und die Teichanlage (Schwimmteich) vollständig bis zur Erdgleiche binnen näher genannter Frist zu entfernen oder um eine Baubewilligung anzusuchen (Spruchpunkt II.). Es wurde die Einhaltung näher bezeichneter Auflagen aufgetragen (Spruchpunkt III.) und die Benützung der unter Spruchpunkt I. genannten baulichen Anlagen untersagt (Spruchpunkt IV.).
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die gegen den gesamten Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerber die Zweitrevisionswerberin wurde während des Beschwerdeverfahrens Hälfteeigentümerin und trat dem Beschwerdeverfahren bei mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Revisionswerber sämtliche baulichen Anlagen bis zum Ablauf des Mai 2025 zu beseitigen haben. Gleichzeitig präzisierte es die Bezeichnung der baulichen Anlagen, untersagte ihre Benützung ab 1. November 2024 und sprach aus, dass gegen die Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juli 2002 sei für das Grundstück Nr. XY/2 eine Bauplatzbewilligung mit einem Flächenausmaß von 1000 m² erteilt worden. Mit Bescheid vom 11. Juli 2002 sei die Bewilligung für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Nebengebäude und Carport auf diesem Grundstück entsprechend dem vorgelegten Bauplan erteilt worden. Laut Bauplan weise das Wohnhaus einen Abstand zur südöstlichen und südwestlichen Bauplatzgrenze von jeweils 3,00 m auf. Nach dem Bauplan seien alle Gebäude (Wohnhaus, Nebengebäude, Carport) innerhalb der Bauplatzgrenzen situiert. Im Bestand weise das Wohnhaus jedoch einen Abstand zur südöstlichen Bauplatzgrenze von weniger als 3,00 m nämlich 2,03 m bzw. noch weniger (Situierung nicht parallel zur Bauplatzgrenze) auf; zur südwestlichen Bauplatzgrenze betrage der Abstand 1,31 m. Das Nebengebäude weise zur südöstlichen Bauplatzgrenze einen Abstand von 1,45 m auf und überrage die nordöstliche Bauplatzgrenze um 2,82 m bis 2,97 m; es komme somit teilweise außerhalb des Bauplatzes und somit auch auf dem Grundstück Nr. XY/1 zu liegen. Das Carport überrage sowohl die nordwestliche als auch die südwestliche Bauplatzgrenze. An das Carport sei ein Schutzdach angebaut worden, an das sich wiederum baulich der Stall anschließe; Carport, Schutzdach und Stall seien baulich fest miteinander verbunden. Für Schutzdach und Stall lägen keine baubehördlichen Bewilligungen vor. Die Teichanlage sei als Schwimmteichanlage ausgestaltet und weder baubehördlich bewilligt noch ordnungsgemäß angezeigt.
5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 habe die Baubehörde, wenn sie feststelle, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt worden sei, dem Eigentümer aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, sei dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne. Gemäß § 25a Abs. 5 Oö. BauO 1994 gelte diese Bestimmung sinngemäß auch für anzeigepflichtige Bauvorhaben. Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags nach § 49 Oö. BauO 1994 setze voraus, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Ausführung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrags bewilligungspflichtig (bzw. anzeigepflichtig) gewesen sei bzw. sei. Unter der im Hinblick auf die nachträgliche Erlangung einer Baubewilligung „maßgeblichen Rechtslage“ im Sinne des § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 seien jedenfalls auch die in Abs. 6 leg. cit. genannten bau und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu verstehen.
6 Das Wohnhaus, das Nebengebäude und das Carport seien in einer vom Baubewilligungsbescheid und dem zugrundeliegenden Bauplan (samt Lage und Abstandsdarstellung) vom 11. Juli 2002 abweichenden Weise errichtet worden, insbesondere aufgrund erheblicher Abweichungen von den genehmigten Abständen und teilweiser Überbauung der Bauplatzgrenzen. Es sei daher nicht das genehmigte Bauvorhaben verwirklicht worden, sondern ein aliud; es liege kein aufrechter Baukonsens vor. Das an das Carport angebaute Schutzdach und der daran anschließende Stall würden schon ursprünglich keinen baubehördlichen Konsens aufweisen. Es handle sich daher insgesamt um konsenslose Bauten. Aufgrund der Verletzung von Abstandsbestimmungen (§ 40 Z 1 und 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013), einem teilweisen Überbauen der Bauplatzgrenzen und der damit bewirkten Lage außerhalb des Bauplatzes seien die verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen auch einem nachträglichen Baukonsens nicht zugänglich, weshalb unbedingte Beseitigungsaufträge zu erteilen seien.
7 Betreffend die Teichanlage entspreche die vorgelegte „Bauanzeige“ nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäß belegte und vollständige Bauanzeige, weshalb die Untersagungsfrist iSd § 25a Abs. 1 Oö. BauO 1994 noch nicht zu laufen begonnen habe und kein Baukonsens vorliege.
8 Auf die Frage des Vorliegens eines (raumordnungsrechtlich relevanten) land und/oder forstwirtschaftlichen Betriebs bereits im Bestand sei vor dem Hintergrund der Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften und der Überbauung der Bauplatzgrenzen bzw. des offenkundig fehlenden Zusammenhangs (Schwimmteichanlage) mit einem allenfalls bereits bestehenden land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb nicht näher einzugehen.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von nicht näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, da in Bezug auf sämtliche gegenständlichen Bauten die Möglichkeit bestehe, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen. Die Revisionswerber hätten die Möglichkeit, sämtliche Baulichkeiten im Rahmen der Neugründung ihrer Landwirtschaft bewilligt zu bekommen; sie hätten bereits einen entsprechenden Antrag gestellt. Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob im Rahmen eines Beseitigungsauftrages gemäß § 49 Oö. BauO 1994 die Bewilligungsfähigkeit von Bauwerken nur theoretisch als Vorfrage einer Grobprüfung oder einer weitergehenden Beurteilung im Sinne einer Prüfung der konkreten Bewilligungsfähigkeit zu unterziehen sei. Zudem habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass die Teichanlage bereits baubehördlich genehmigt worden sei, und es fehle Rechtsprechung dazu, welche konkreten Inhalte eine Bauanzeige gemäß § 25 Abs. 4 Oö. BauO 1994 aufzuweisen habe.
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorbringt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung zumindest eine nach Datum und Geschäftszahl bezeichnete Entscheidung anzugeben und zudem konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 15.4.2024, Ra 2023/05/0070, mwN). Diesem Erfordernis genügt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht.
15 Zum Zulässigkeitsvorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob bzw. dass auch die Neugründung einer Landwirtschaft und die damit im Zusammenhang stehende Bewilligung von landwirtschaftlichen Baulichkeiten im Grünland im Ergebnis eine „Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen“, iSd § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 darstelle und „ob die Bewilligungsfähigkeit nur theoretisch als Vorfrage einer Grobprüfung zu unterziehen ist oder ob die Bewilligungsfähigkeit als Vorfrage einer weitergehenden Beurteilung im Sinne einer Prüfung der konkreten Bewilligungsfähigkeit zu unterziehen“ sei, übersehen sie die dazu bereits ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Pabel , Oö Baurecht (2019), § 49 Rz. 48 und die dort zitierte hg. Judikatur).
16 Dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum erforderlichen Inhalt einer Bauanzeige fehle, ist entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ebenso nicht zutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass unter einer wirksamen bzw. dem Gesetz entsprechenden Bauanzeige für ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß § 25a Abs. 1 BO eine vollständige und ordnungsgemäß belegte Bauanzeige zu verstehen ist. Eine solche liegt vor, wenn die Bauanzeige die in § 25 Abs. 1a, 3 und 4 BO aufgestellten Anforderungen (betreffend erforderliche Angaben und anzuschließende Unterlagen) erfüllt (vgl. VwGH 26.9.2017, Ro 2015/05/0016). Ein Vorliegen dieser Voraussetzungen für die Teichanlage bringen die Revisionswerber nur unsubstantiiert und ohne Bezug zu den von ihnen im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen vor.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 14. August 2024