JudikaturVwGH

Ra 2023/20/0415 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des M H, vertreten durch Dr. Ulrike Hafner, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Glacisstraße 67, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 2023, W176 2274561 1/3E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 15. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 1. Juni 2023 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für ein Jahr.

3 Die gegen die Versagung der Gewährung von Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 27. Juli 2023 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen das Absehen von der Durchführung einer Verhandlung. In diesem Zusammenhang bringt der Revisionswerber vor, er sei in seiner Beschwerde den Ergebnissen des behördlichen Ermittlungsverfahrens und damit den maßgeblichen Feststellungen der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde „substantiiert entgegengetreten, ohne zugleich ‚Neuerungen‘ ins Treffen zu führen“.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Satz BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

9 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 25.7.2023, Ra 2023/20/0289, mwN).

10 Der Revisionswerber zeigt mit seinem pauschalen Verweis, dass in der Beschwerde den im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen getroffenen Feststellungen substantiiert entgegengetreten getreten worden sei, nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht von diesen Leitlinien abgewichen wäre.

11 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird weiters mit Verweis auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen.

12 Es ist aber anhand der die Sache betreffenden Ausführungen in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht zu sehen, dass dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Fehler unterlaufen wäre. Die bloße Angst vor der Ableistung des Militärdienstes oder vor der Bestrafung wegen Verweigerung der Leistung des Militärdienstes stellt keinen Grund für die Gewährung von Asyl dar. Selbst die Bejahung von Verfolgungshandlungen im Sinn des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) erübrigt es nicht, das Bestehen einer Verknüpfung zwischen (zumindest) einem der in Art. 10 der Statusrichtlinie bzw. in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Verfolgungsgründe und den Verfolgungshandlungen individuell zu prüfen (vgl. VwGH 4.7.2023, Ra 2023/18/0108, mwN). Dass ein solcher Grund bezogen auf den Revisionswerber individuell bestünde, hat das Bundesverwaltungsgericht inhaltlich mit näherer Begründung verneint. In der Revision wird bloß unsubstantiiert das Gegenteil behauptet.

13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2023

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