Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schmied, LL.M., über die Revision des K Y, vertreten durch Mag. Petra Diwok, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Jänner 2023, W296 2256329 1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Eritreas, stellte am 5. August 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu brachte er vor, in Saudi Arabien geboren worden zu sein, wo sein Vater als Privatfahrer gearbeitet habe. Im Jahr 2018 seien der Revisionswerber und seine gesamte Familie nach Eritrea abgeschoben worden. Dort sei er von der eritreischen Regierung aufgefordert worden, zum Militär zu gehen. Da er dies nicht tun wolle, habe er das Land verlassen.
2 Mit Bescheid vom 27. Mai 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Eritrea zulässig sei, und legte eine Frist von vierzehn Tagen für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 In der Begründung kam das BVwG zum Ergebnis, dass der Revisionswerber nicht habe „flüchten“ müssen, sondern auf legalem Weg als Mitglied der eritreischen Diaspora das Herkunftsland verlassen habe. Da er „Reiseprivilegien“ genieße, sei er weder illegal ausgereist, noch habe er den Nationaldienst verweigert oder sei ihm nachweislich Fahnenflucht vorgeworfen worden. Damit werde sich der Revisionswerber bei seiner Rückkehr nach Eritrea auch nicht wegen dieser Delikte zu verantworten haben. Sogar bei Wahrunterstellung würden im Regelfall nach den Länderberichten frühere diesbezügliche Verfehlungen von Mitgliedern der Diaspora nicht geahndet. Der Revisionswerber sei Mitglied der Diaspora und bereits im Jahr 2018 ausgereist. Er sei damit bereits fünf Jahr abwesend, weshalb auch seine vermeintliche Wehrdienstverweigerung nicht geahndet würde. Nach den Länderberichten komme es zudem vor, dass Wehrpflichtige grundsätzlich nach Ableistung des achtzehnmonatigen Wehrdienstes nicht nur aus dem Militär, sondern auch aus dem Nationaldienst entlassen würden. Als Grund nenne die Regierung gute schulische Leistungen. Maturanten mit guten Noten solle so der rasche Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen ermöglicht werden. Der Revisionswerber habe seine Sekundarausbildung mit Matura in Saudi Arabien abgeschlossen und studiere bereits Informationstechnologie. Der Abschluss seiner Ausbildung sei damit im Interesse des eritreischen Staates, weshalb der Revisionswerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht von einem auf unbestimmte Zeit verlängerten Nationaldienst betroffen wäre.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, die Nichtgewährung des Asylstatus sowie eines Aufenthaltstitels gegenüber einer subsidiär Schutzberechtigten widerspreche deutlich der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliege und die Revision zulässig sei.
Auch auf Grund weiterer Fehler des bekämpften Erkenntnisses sei die Revision zulässig, nämlich durch die Nichtberücksichtigung der gesetzlichen Grundlagen und der Rechtsprechung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Einzelfallentscheidung in Asylverfahren im Sinn einer individuellen Prüfung der Umstände, das Versäumnis jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem zentralen Punkt des Vorbringens und die Nichtberücksichtigung der aktuellen Situation im Heimatland. Entgegen der Ansicht des BVwG würde der Revisionswerber im Fall der Rückkehr in das Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund höchstpersönlicher und unabänderlicher Merkmale politisch verfolgt werden. Es handle sich beim Revisionswerber um einen jungen Mann, der jedenfalls auf unbestimmte Zeit zu einem Nationaldienst verpflichtet werden würde, der mit unmenschlichen und erniedrigenden Strafen sowie Folter verbunden sei. Der Nationaldienst nehme sklavenähnliche Zustände an und komme laut dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einer Zwangsarbeit gleich. Befinde man sich im Nationaldienst, gebe es keine Möglichkeit, das Land legal zu verlassen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen.
Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. In dieser ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. zuletzt etwa VwGH 17.9.2025, Ra 2025/19/0306, mwN).
8 Bereits diesen Anforderungen wird die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Darin wird weder ausgeführt, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die angefochtene Entscheidung abweiche, noch wird eine Rechtsfrage aufgezeigt, die der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat.
Mit den ohne konkrete Bezugnahme auf hg. Rechtsprechung vorgetragenen Rechtsrügen zeigt die Revision ebenfalls kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf (vgl. allgemein zu Rechtsrügen im Zulässigkeitsvorbringen VwGH 1.7.2024, Ra 2024/04/0331, mwN).
9 Soweit die Revision die Zustände im Nationaldienst rügt, lässt sie zudem die für sich tragfähige Alternativbegründung des BVwG außer Acht (zur Unzulässigkeit einer Revision bei einer tragfähigen Alternativbegründung vgl. etwa VwGH 3.5.2023, Ra 2023/19/0026, mwN).
So geht das BVwG mit näherer Begründung davon aus, dass der Revisionswerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht von einem auf unbestimmte Zeit verlängerten Nationaldienst betroffen wäre (siehe oben Rn. 4).
Dagegen wendet sich die vorliegende Revision nicht.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. Oktober 2025