Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des V A, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juli 2025, L508 23091171/3E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 21. Dezember 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei aufgrund seiner kurdischen Identität diskriminiert worden. Beim Newroz Fest 2022 sei er von der Polizei angegriffen und einvernommen worden. Beim Begräbnis einer befreundeten Person, die im Parteigebäude der HDP getötet worden sei, habe er ein Video aufgenommen. Daraufhin sei er von Personen aus der Siedlung bedroht und körperlich angegriffen worden.
2Mit Bescheid vom 7. Februar 2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 In seiner Begründung ging das BVwG soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Bedeutung davon aus, der Revisionswerber habe keine asylrelevante Verfolgung dargelegt. Die Ausführungen zu den Auseinandersetzungen beim Newroz Fest im Jahr 2022 seien zwar glaubhaft, jedoch liege mangels Intensität keine asylrelevante Verfolgung vor. Das Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch Privatpersonen hingegen sei nicht glaubhaft.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst die Verletzung der Verhandlungspflicht gerügt und ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof möge beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Beschwerdegericht im Rahmen der Erledigung von Asylbeschwerden auf die Durchführung von beantragten mündlichen Beschwerdeverhandlungen rechtskonform „verzichten“ könne.
9Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen.
10Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. In dieser ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. zu alldem VwGH 6.2.2025, Ra 2025/19/0003, mwN).
11 Bereits diesen Anforderungen wird die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Weder wird darin konkret angeführt, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, noch wird eine Rechtsfrage aufgezeigt, die der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hätte.
12 Betreffend die Verhandlungspflicht verkennt der Revisionswerber, dass bereits umfassende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den von ihm aufgeworfenen Fragen besteht.
13 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach dem auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, sowie aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 28.5.2025, Ra 2025/19/0119, mwN).
14 Der Revisionswerber vermag mit seinen pauschalen Ausführungen ohne Fallbezug nicht darzulegen, inwiefern das BVwG, welches die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilte, von den in der dargelegten Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. September 2025