Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des C E O in W, vertreten durch Mag. Andreas Rest, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2022, I405 2245280 1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem Asylgesetz 2005 und dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen in der Sache dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, erließ ihm gegenüber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, die neben dem Sachverhalt (§ 28 Abs. 1 Z 3 VwGG) auch die Bezeichnung der Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) vermissen lässt, lautet:
„Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Die Unterlassung der Ermittlungen betreffend das Privatleben des Beschwerdeführers begründet einen Verfahrensmangel. Demnach unterließ das Bundesverwaltungsgericht Erhebungen und zog sich stattdessen auf die Aussagen des Revisionswerber und seiner Ehegattin in der Einvernahme zurück. Der Revisionswerber verfügt über zahlreiche Integrationsmerkmale. Er hat in seinem Herkunftsland keine Kontaktpersonen. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher zum Schluss kommen müssen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verneinen gewesen wäre.“
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 20.9.2022, Ra 2022/17/0149, mwN).
8 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen darzulegen (vgl. für viele VwGH 9.3.2023, Ra 2023/17/0035, mwN).
9 Die Revision legt weder dar, welche konkreten Erhebungen das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zum Privatleben des „Beschwerdeführers“ hätte durchführen müssen, noch über welche konkreten Integrationsmerkmale der Revisionswerber verfügt, welche die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts unvertretbar gemacht hätten.
10 Mit der im Zulässigkeitsvorbringen u.a. weiters aufgestellten Behauptung, der Revisionswerber habe in seinem Herkunftsland keine Kontaktpersonen, entfernt sich die Revision zudem von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt, wonach der Revisionswerber in Nigeria noch über familiäre Anbindungen in Form seiner verheirateten Schwestern sowie mehrerer Onkel und Tanten verfügt (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, wenn sich das Zulässigkeitsvorbringen vom festgestellten Sachverhalt entfernt, etwa VwGH 4.10.2022, Ra 2022/17/0151, mwN), wogegen sich der Revisionswerber auch nicht ausdrücklich wendet.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf das Fehlen eines Revisionspunktes (vgl. VwGH 1.9.2022, Ra 2022/09/0090, mwN).
Wien, am 25. April 2023