JudikaturVwGH

Ra 2023/12/0130 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der I M, vertreten durch die Paya Paya Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. August 2023, W244 2269957 1/7E, betreffend Feststellung der Rechtmäßigkeit von Weisungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die Revisionswerberin steht als Gruppeninspektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2 Mit Schreiben vom 24. September 2022 stellte die Revisionswerberin die Anträge, die Dienstbehörde möge mit Bescheid feststellen, dass die ihr gegenüber von ihrem Dienstvorgesetzten

„a. mit E Mail vom 08.10.2020 um 20:12 Uhr erteilte Weisung, ihren Dienst nur in Villach zu verrichten, keine Berechtigung zum Lenken eines Dienst KfZ hat und sie während des Außendienstes verstärkt zu kontrollieren;

b. mit E-Mail vom 08.10.2020 um 20:41 Uhr erteilte Weisung, wonach ‚Dienst in Villach‘ bedeutet, dass sie nur Zugkontrollen, vorwiegend in Uniform durchführen und keine KFD Dienste verrichten darf sowie

c. mit E-Mail vom 15.10.2020 um 3:59 Uhr erteilte Weisung, wonach sie nicht als Fahrerin und vorwiegend nur zur Kontrolle und nicht für Tages und Nachtdienst in Tarvis einzuteilen ist, rechtswidrig waren.“

3 Mit vom Bundesverwaltungsgericht als (antragszurückweisenden) Bescheid gewerteter „Mitteilung zu Ihrem Antrag vom 24.09.2022“, datiert mit 21. Februar 2022, teilte die belangte Behörde der Revisionswerberin mit, dass die in den Anträgen zitierten E Mails nicht an sie als Mitarbeiterin der Polizeiinspektion Villach Bahnhof FGP (Fremden und Grenzpolizei) ergangen seien. Da sie nicht Adressat des Schriftverkehrs gewesen sei, sei auch keine an sie erteilte Weisung erfolgt. Eine antragsgemäße Feststellung könne nicht erfolgen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese „Mitteilung“ erhobene Beschwerde als unbegründet ab; die Revision erklärte es für nicht zulässig.

5 In seinen Feststellungen führte das Verwaltungsgericht soweit für das vorliegende Verfahren maßgeblich aus, der Inspektionskommandant der Polizeiinspektion Villach Bahnhof FGP habe mit den im Antrag der Revisionswerberin angeführten E Mails den diensthabenden Kommandanten dieser Polizeiinspektion Weisungen zur Wahrnehmung von deren Dienstaufsicht erteilt. Die E Mails seien wie sich aus der Empfängerliste ergebe ausschließlich an die diensthabenden Kommandanten verschickt worden. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin sei somit nicht Adressatin der Weisungen gewesen. Erst wenn die Weisungen an die diensthabenden Kommandanten durch Erlassung von Weisungen an die Revisionswerberin umgesetzt würden, könnte diese in ihren subjektiven Rechten berührt werden. Die Feststellungsbegehren der Revisionswerberin seien daher mangels rechtlichen Interesses als unzulässig zurückzuweisen und die Beschwerde folglich abzuweisen gewesen.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision bringt die Revisionswerberin vor, es seien nicht nur die unmittelbaren Vorgesetzten, sondern jeder Vorgesetzte zur rechtswirksamen Erteilung von Weisungen zuständig. Entscheidend sei, ob die betreffende Weisung dem untergeordneten Organwalter tatsächlich zugegangen und geeignet sei, ihn in seinen Rechten zu verletzen, nicht jedoch, an wen sie konkret adressiert sei. Weiters sei am 8. Oktober 2020 um 21:48 Uhr ein E Mail mit Anordnungen auch an die Revisionswerberin ergangen.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung in seinem auch vom Bundesverwaltungsgericht bereits zitiertenErkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/12/0018, ausgesprochen, dass dadurch, dass eine Erledigung auch an den Revisionswerber „zur Kenntnisnahme“ gelangt, dieser zwar über die Erlassung einer Weisung in Kenntnis gesetzt wird, ohne jedoch dadurch Adressat dieser Weisung zu werden. Diesem in seinem Sachverhalt dem vorliegenden Fall vergleichbaren Verfahren lag eine Weisung zugrunde, welche der Landespolizeidirektor an den Leiter der Dienststelle und damit den Vorgesetzten des damaligen Revisionswerbers gerichtet hatte. Der Verwaltungsgerichtshof gelangte in dieser Entscheidung zum Ergebnis, dass die Weisung des Landespolizeidirektors an den Leiter der Polizeiinspektion den damaligen Revisionswerber nicht in seinen Rechten berührt hat, weil dieser nicht Adressat der Weisung gewesen ist.

12 Im vorliegenden Fall umfasste der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin die Feststellung der Rechtmäßigkeit mehrerer Weisungen, welche in drei konkret im Antrag bezeichneten E-Mails enthalten waren. Es sind dies die E Mails des zuständigen Inspektionskommandanten vom 8. Oktober 2020 um 20:12 Uhr, vom 8. Oktober 2020 um 20:41 Uhr und vom 15. Oktober 2020 um 03:59 Uhr, welche Bestandteil der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten sind. Diese drei E Mails waren wie sich zweifelsfrei aus der Empfängerliste und der Formulierung der Weisungen ergibt an mehrere namentlich genannte dienstführende Beamte der Polizeiinspektion Villach Bahnhof FGP gerichtet. Die Revisionswerberin scheint auf der Empfängerliste nicht auf. Da sie somit eindeutig nicht Empfängerin der in diesen E Mails enthaltenen Weisungen gewesen ist, ist sie ausgehend von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in ihren Rechten berührt. Vor diesem Hintergrund zeigte die Revisionswerberin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen, es komme bei einer Weisung auf deren tatsächlichen Zugang und nicht auf den Adressaten an, nicht auf.

13 Soweit die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung vorbringt, das E Mail vom 8. Oktober 2020 um 21:48 Uhr, welches Anordnungen an sie enthalten habe, sei an sie ergangen, ist festzuhalten, dass dieses E Mail nicht vom verfahrenseinleitenden Feststellungsantrag vom 24. September 2022 umfasst ist und daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war.

14 In der Zulässigkeitsbegründung wird zudem vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

15Nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung unter anderem dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Trotz Erfüllung des Tatbestandes des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann jedoch in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens des Verwaltungsgerichtes die Durchführung einer Verhandlung geboten sein, etwa wenn für die Zulässigkeit oder Rechtzeitigkeit der Beschwerde relevante Sachverhaltsfragen durch die strittige Auslegung von Urkunden und die beantragte Einvernahme von Personen zu klären sind (vgl VwGH 2.12.2024, Ra 2023/12/0098, Rn 9, mwN).

16 Ein substantiiertes Vorbringen dahin, dass das Verwaltungsgericht von der wiedergegebenen Rechtsprechung abgewichen wäre, wird im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung der Revision mit dem bloßen Verweis darauf, in einer mündlichen Verhandlung hätte die Revisionswerberin die Gelegenheit gehabt darzulegen, wie sie von diesen Weisungen Kenntnis erlangt habe, nicht aufgezeigt, weil unstrittig ist, dass die Revisionswerberin nicht Adressatin der Weisungen war. Auf die Frage, ob und wie sie von nicht an sie gerichteten Weisungen Kenntnis erlangte, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an.

17 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. Oktober 2025