Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des MMag. DDr. A S in W, vertreten durch Mag. Matthias Prückler, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Dezember 2022, W259 2245274 1/20E, betreffend Personalmaßnahme gemäß §§ 38, 40 BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Landesverteidigung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
2 Mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 4. April 2019 wurde der Revisionswerber auf eine Planstelle der Funktionsgruppe 6 der Verwendungsgruppe M BO 1 im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ernannt.
3 Unter Abberufung von seiner bisherigen Verwendung wurde der Revisionswerber mit Bescheid der Bundesministerin für Landesverteidigung vom 25. April 2019 beim „Innovationsbüro“ auf den Arbeitsplatz „Ltr“, PosNr. 001, OPN ZN9, TN 0909, Wertigkeit M BO 1, Funktionsgruppe 6, „diensteingeteilt“. Im Spruch dieses Bescheides war in einer Fußnote der Hinweis enthalten, dass dieser Arbeitsplatz „befristet für die Dauer von 2 Jahren, längstens jedoch bis 30. November 2020 systemisiert“ sei.
4 Mit Schreiben der Bundesministerin für Landesverteidigung vom 24. November 2020 wurde dem Revisionswerber mitgeteilt, er werde mit Ablauf des 30. November 2020 von seinem mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2020 nicht mehr existenten Arbeitsplatz abberufen.
5 Mit einem weiteren Schreiben der Bundesministerin für Landesverteidigung vom 21. Dezember 2020 wurde der Revisionswerber in Kenntnis gesetzt, es sei beabsichtigt, ihn mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2021 auf den Arbeitsplatz „RefLtr stvAbtLtr“, PosNr. 002, TN 0817, OPN ZG4, Wertigkeit M BO 1, Funktionsgruppe 4, unter Anwendung der gehaltsrechtlichen Bestimmungen des § 94 GehG in die Abteilung Militärstrategie im Bundesministerium für Landesverteidigung „diensteinzuteilen“. Gegen diese Personalmaßnahme erhob der Revisionswerber fristgerecht Einwendungen.
6 Mit Bescheid der Bundesministerin für Landesverteidigung vom 17. Juni 2021 wurde der Revisionswerber mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2021 von Amts wegen unter Anwendung der gehaltsrechtlichen Bestimmungen des § 94 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) auf den Arbeitsplatz „RefLtr stvAbtLtr“, PosNr. 002, OPN ZG4, TN 0817, Wertigkeit M BO 1, Funktionsgruppe 4, in die Abteilung Militärstrategie im Bundesministerium für Landesverteidigung gemäß §§ 38 iVm 40 Abs. 2 BDG 1979 qualifiziert verwendungsgeändert.
7 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.
8 In seiner Entscheidungsbegründung legte das Bundesverwaltungsgericht dar, im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen (qualifizierten) Verwendungsänderung seien innerhalb der Dienststelle „Zentralstelle“ des Revisionswerbers zwar mehrere Abteilungsleiterfunktionen mit der Wertigkeit M BO 1, Funktionsgruppe 5, bzw. M BO 1, Funktionsgruppe 6, vakant gewesen. Diese befänden sich bzw. hätten sich in laufenden Ausschreibungsverfahren befunden. Bewerbungen des Revisionswerbers für Abteilungsleiterfunktionen seien erfolglos geblieben.
9 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung kam das Bundesverwaltungsgericht sodann zu dem Ergebnis, die Auflassung des vom Revisionswerber zunächst innegehabten Arbeitsplatzes habe ein „wichtiges dienstliches Interesse“ iSd § 38 Abs. 3 Z 2 BDG 1979 dargestellt. In der Folge prüfte das Bundesverwaltungsgericht, ob bei der in Rede stehenden Personalmaßnahme von mehreren Möglichkeiten die für den Revisionswerber „schonendste“ gewählt worden sei. Dazu wurde festgehalten, der Revisionswerber sei bereits zuvor im Bereich „Militärstrategie“ eingesetzt worden, weshalb ihm dieser Aufgabenbereich bekannt gewesen sei. Der Umstand, dass der Revisionswerber nicht unmittelbar ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren auf eine Abteilungsleiterfunktion diensteingeteilt worden sei, vermöge nicht aufzuzeigen, dass nicht die schonendste Variante gewählt worden sei. Es sei dem Revisionswerber offen gestanden, sich auf vakante Abteilungsleiterfunktionen zu bewerben. Alle höherwertigen Arbeitsplätze (M BO 1, Funktionsgruppe 5 bzw. 6) hätten sich in bereits laufenden Ausschreibungsverfahren befunden bzw. befänden sich in solchen. Zwar könne aufgrund von § 85 Ausschreibungsgesetz (AusG) in bestimmten Fällen eine Betrauung auch ohne vorherige Ausschreibung erfolgen, allerdings seien im vorliegenden Fall die Ausschreibungen bereits gestartet gewesen und es scheine nicht der Zweck des § 85 AusG zu sein, laufende Ausschreibungsverfahren, in denen auch bereits die Begutachtungskommission entschieden habe, zu unterbrechen und so das gesetzliche Verfahren zu unterlaufen. Vor diesem Hintergrund kam das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, mit der Zuweisung des Revisionswerbers auf einen Arbeitsplatz mit der Wertigkeit M BO 1, Funktionsgruppe 4, sei die für ihn „schonendste Variante“ gewählt worden.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Revisionswerbers mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben. Über diese Revision hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht eine Revisionsbeantwortung erstattete - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
11 Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision wendet sich der Revisionswerber gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach Arbeitsplätze, hinsichtlich derer bereits ein Verfahren aufgrund des Ausschreibungsgesetzes eingeleitet worden sei, in die Prüfung, ob mit einer Versetzung die für den betroffenen Beamten „schonendste“ Variante gewählt worden sei, nicht einzubeziehen seien. Mit diesem Vorbringen erweist sich die vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig; sie ist auch berechtigt.
12 § 85 Abs. 1 Ausschreibungsgesetz (AusG), BGBl. Nr. 85/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2018, lautet:
„ Zuweisung eines Arbeitsplatzes in bestimmten Fällen
§ 85.
(1) Bei Beamtinnen und Beamten ist die Zuweisung eines niedriger oder gleich bewerteten Arbeitsplatzes abweichend von einer allfälligen Ausschreibungspflicht nach diesem Gesetz ohne Ausschreibung zulässig, wenn sie nach den Abs. 1 oder 3 der §§ 141a, 145b oder 152c BDG 1979 erfolgt. Dieser Absatz gilt nicht für die Zuweisung einer zeitlich begrenzten Funktion“.
13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Versetzung eines Beamten infolge von Organisationsänderungen jeweils die gegenüber dem Beamten schonendste Variante zu wählen (vgl. VwGH 4.9.2012, 2009/12/0171). Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Entscheidungspraxis der früher beim Bundeskanzleramt eingerichteten Berufungskommission ausgesprochen, dass Arbeitsplätze, die im Zeitpunkt der Verfügung der zu beurteilenden Personalmaßnahme bereits vergeben sind, als „schonendste Variante“ nicht mehr in Betracht zu ziehen sind (vgl. VwGH 17.4.2013, 2012/12/0125, mwN). Weiters geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Dienstgeber nicht verpflichtet ist, Dispositionen zu treffen, um zu einer für den betroffenen Beamten „schonenderen Variante“ zu gelangen; in diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof etwa ausgesprochen, dass keine Verpflichtung zur Auslösung eines „Versetzungsreigens“ (vgl. VwGH 16.9.2010, 2010/12/0067) und auch keine Verpflichtung dazu besteht, geeignete, aber besetzte Planstellen, durch eine Personalmaßnahme „frei“ zu machen (so VwGH 20.3.2014, 2013/12/0101, zur insoweit vergleichbaren Konstellation im Zusammenhang mit der Prüfung von möglichen Verweisarbeitsplätzen bei einer amtswegigen Ruhestandsversetzung).
14 Im vorliegend zu beurteilenden Fall waren jedoch die Arbeitsplätze, hinsichtlich derer die Einbeziehung in die Prüfung der „schonendsten Variante“ strittig ist, nicht bereits tatsächlich vergeben, sondern es waren lediglich Ausschreibungsverfahren gemäß dem Ausschreibungsgesetz zur Besetzung dieser Arbeitsplätze eingeleitet worden.
15 Das Ausschreibungsgesetz selbst enthält mit Ausnahme des § 15 Abs. 3 AusG, wonach nach Vergabe der Funktion bzw. des Arbeitsplatzes die ausschreibende Stelle alle Bewerber, die nicht berücksichtigt worden sind, hiervon formlos zu verständigen hat keine Vorschriften über die Beendigung eines eingeleiteten Verfahrens. Insbesondere sind keine gesetzlichen Vorgaben für den Fall normiert, dass ein Ausschreibungsverfahren ohne Vergabe der Funktion bzw. des Arbeitsplatzes beendet wird, etwa weil sich keine (geeigneten) Personen beworben haben oder nachträglich bekannt wird, dass die ausgeschriebene Funktion bzw. der ausgeschriebene Arbeitsplatz doch nicht frei werden oder geworden sind. Auch in solchen Konstellationen ist die Beendigung des bereits eingeleiteten Ausschreibungsverfahrens gegebenenfalls mit formloser Mitteilung an allenfalls vorhandene Bewerber jedenfalls möglich.
16 Damit ist aber nicht zu sehen, dass allein die Einleitung eines Ausschreibungsverfahrens nach dem Ausschreibungsgesetz dazu führt, dass der Dienstgeber weitergehende „Dispositionen“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes treffen müsste, um den betroffenen Beamten auf diesen Arbeitsplatz versetzen zu können. Vielmehr ist es ausreichend, den Beamten auf diesen Arbeitsplatz zu versetzen und das Ausschreibungsverfahren unter Hinweis darauf formlos zu beenden. Der alleinige Umstand des anhängigen Ausschreibungsverfahrens bewirkt daher nicht, dass betreffende Arbeitsplatz nicht mehr als freier Arbeitsplatz in die Prüfung der „schonendsten Variante“ einzubeziehen ist.
17 Fallbezogen traf die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht die Verpflichtung, dem Revisionswerber jenen Arbeitsplatz zuzuweisen, der sich im Vergleich zu jenem anderen Arbeitsplatz, von dem er infolge einer nicht von ihm zu vertretenden Organisationsänderung abberufen worden war als „schonendste Variante“ darstellte. Entgegen der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Ansicht ist allein der Umstand, dass zu bestimmten Arbeitsplätzen bereits Ausschreibungsverfahren nach dem Ausschreibungsgesetz eingeleitet waren, im Hinblick auf die dargestellte Beendigungsmöglichkeit von Ausschreibungsverfahren, nicht geeignet, diese Arbeitsplätze aus der Prüfung der „schonendsten Variante“ auszunehmen. Da das Bundesverwaltungsgericht dessen ungeachtet zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Arbeitsplätze, zu denen Ausschreibungsverfahren eingeleitet waren, schon deshalb nicht in die Prüfung der „schonendsten Variante“ einzubeziehen sind, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
18 Im Hinblick auf das von der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht in der Revisionsbeantwortung geltend gemachte Risiko von Schadenersatzzahlungen für den Fall der Beendigung eines bereits laufenden Ausschreibungsverfahrens ist darauf hinzuweisen, dass solche Ansprüche nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechts nur bei rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten der Behörde in Betracht kommen.
19 Von der in der Revision beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte in diesem Fall gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
20 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 4. September 2024