JudikaturVwGH

Ra 2023/07/0091 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler, Mag. Haunold, Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Hartberg Fürstenfeld gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. März 2023, Zl. LVwG 41.14 7096/2022 5, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (mitbeteiligte Partei: S GmbH in B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg Fürstenfeld (im Folgenden: Revisionswerberin) vom 18. Mai 2022 wurde der von der mitbeteiligten Partei gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) eingebrachte Antrag auf Vergütung für den Verdienstentgang infolge der Absonderung ihrer Dienstnehmerin R. im Zeitraum von 1. November 2020 bis 12. November 2020 in näher genannter Höhe als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2 Begründend wurde ausgeführt, der Antrag sei erst am 12. Februar 2021 um 21:09 Uhr (Freitag) per E Mail an die Revisionswerberin abgeschickt bzw. übermittelt worden. Laut der auf der Internetseite der Revisionswerberin gemäß § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG erfolgten Bekanntmachung gälten außerhalb der Amtsstunden übermittelte elektronische Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als entgegengenommen und daher erst ab diesem Zeitpunkt als eingebracht bzw. eingelangt. Da die Amtsstunden am 12. Februar 2021 bereits um 12:00 Uhr geendet hätten, gelte der Antrag erst mit 15. Februar 2021 als eingebracht und eingelangt. Da die Absonderung bereits mit 12. November 2020 aufgehoben worden sei, sei der Antrag außerhalb der Antragsfrist gemäß § 49 Abs. 1 iVm Abs. 2 EpiG bei der zuständigen Behörde eingelangt, weshalb dieser als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.

3 Die dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) als unbegründet abgewiesen.

4 Das Verwaltungsgericht hielt im Wesentlichen fest, dass es sich wie näher begründet wurde gegenständlich um die behördliche Absonderung einer geschäftsführenden Gesellschafterin der mitbeteiligten Partei gehandelt habe. Diese Absonderung habe mit Ablauf des 12. November 2020 geendet, wodurch die Antragsfrist gemäß § 49 Abs. 1 EpiG mit 13. November 2020 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 13. Februar 2021 geendet habe, sodass das Fristende auf einen Samstag gefallen sei. Die Antragsfrist nach § 49 Abs. 1 EpiG habe somit gemäß Art. 5 Satz 2 des Europäischen Übereinkommens über die Berechnung von Fristen am Montag, den 15. Februar 2021 geendet. Damit erweise sich der Antrag selbst unter Zugrundelegung der Ausführungen in der Bescheidbegründung der Revisionswerberin (Einbringungszeitpunkt 15. Februar 2021) als rechtzeitig.

5 Ferner führte das Verwaltungsgericht aus, der Antrag der mitbeteiligten Partei sei aufgrund seines objektiven Erklärungswertes und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zweifelsfrei als ein solcher gemäß § 32 Abs. 3 EpiG zu qualifizieren. Der Antrag sei darauf ausgerichtet, den Anspruch auf Vergütung von absonderungsbedingten Vermögensnachteilen der abgesondert gewesenen Person als Dienstnehmerin gegenüber dem Bund geltend zu machen, den die mitbeteiligte Partei als Arbeitgeberin aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung gemäß § 32 Abs. 3 EpiG eingelöst habe. Eine Qualifikation der abgesondert gewesenen Person, die geschäftsführende Gesellschafterin der mitbeteiligten Partei sei, als Arbeitnehmerin sei jedoch (aus näher genannten Gründen) ausgeschlossen.

6 Da die Arbeitnehmereigenschaft der genannten Person als wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Vergütung des Verdienstentganges nach § 32 Abs. 3 EpiG nicht vorliege, scheide eine Vergütung zugunsten der mitbeteiligten Partei aus. Die behördlich abgesondert gewesene Person hätte als selbständig erwerbstätige Person gemäß § 32 Abs. 4 EpiG in eigenem Namen einen Anspruch auf Vergütung ihres absonderungsbedingten Verdienstentganges geltend machen können, dies unter formularmäßiger Bekanntgabe der für die Berechnung erforderlichen Wirtschaftsdaten mit entsprechender Professionisten Bestätigung nach § 6 Abs. 1 EpG 1950 Berechnungs Verordnung.

7 Mit Bescheid der Revisionswerberin sei somit der Vergütungsantrag der mitbeteiligten Partei nach § 32 Abs. 3 EpiG im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Die nicht korrekte Verwendung der Bezeichnung „Zurückweisung“ statt „Abweisung“ stelle nur ein Vergreifen im Ausdruck dar. Demnach sei die Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid abzuweisen gewesen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Zur Begründung der Zulässigkeit der Amtsrevision wird ausgeführt, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, weil die Wortfolge „vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen“ gemäß § 49 Abs. 1 EpiG und somit der Zeitpunkt des fristauslösenden Ereignisses unklar und diese Rechtsfrage von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden sei. Während der Verwaltungsgerichtshof in einem Teil seiner Erkenntnisse für den Beginn der Fallfrist nach § 49 Abs. 1 EpiG nicht auf den letzten Tag der Absonderung, sondern den ersten Tag nach Ablauf der bescheidförmigen (Absonderungs )Maßnahme abgestellt habe (Verweis auf VwGH 17.5.2022, Ra 2021/09/0247; 10.12.2021, Ra 2021/03/0137), wichen davon die Ausführungen im Erkenntnis vom 14. November 2022, Ra 2022/03/0050, ab.

13 Die Zulässigkeit einer Revision setzt gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG voraus, dass ihr Schicksal, also der Erfolg der Revision, von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung „abhängt“. Es muss daher zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die aufgeworfene, im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Rechtsfrage für die Lösung des Falles von ausschlaggebender Bedeutung ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Lösung theoretischer Rechtsfragen befugt, sondern nur solcher, von deren Lösung der Erfolg der Revision tatsächlich abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 24.5.2023, Ra 2022/11/0127, mwN).

14 Mit der Bestimmung der §§ 33 und 49 EpiG wird eine Fallfrist für die Geltendmachung eines aus behördlichen Maßnahmen resultierenden Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG ab Aufhebung dieser behördlichen Maßnahmen normiert. Bei der Antragsfrist des § 33 EpiG handelt es sich um eine materiell rechtliche Frist. Ein verspätet geltend gemachter Anspruch ist daher abzuweisen und nicht, wie die Revisionswerberin in ihrem Bescheid annahm, zurückzuweisen (vgl. dazu VwGH 22.6.2022, Ra 2021/09/0187; 22.6.2022, Ra 2021/09/0188, jeweils mwN).

15 Das Verwaltungsgericht erachtete entgegen der Revisionswerberin den Vergütungsantrag als rechtzeitig eingebracht, vertrat jedoch die Rechtsmeinung, dass der Antrag von der Revisionswerberin deshalb abzuweisen gewesen sei, weil eine Vergütung zugunsten der Mitbeteiligten ausscheide, zumal die behördlich abgesondert gewesene Person keine Arbeitnehmerin der Mitbeteiligten, sondern eine selbständig erwerbstätige Person sei. Dazu erstattet die Amtsrevisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung jedoch kein Vorbringen.

16 Demnach wäre im vorliegenden Fall selbst wenn man mit der Amtsrevisionswerberin von einem verspätet eingebrachten verfahrenseinleitenden Antrag auf Vergütung gemäß § 32 EpiG ausginge von ihr dieser Antrag abzuweisen und nicht zurückzuweisen gewesen. Die Revisionswerberin zeigt mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen somit bereits deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, weil das Schicksal der Revision von der aufgeworfenen Frage nicht abhängt.

17 Bereits aus diesem Grund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2023

Rückverweise