JudikaturVwGH

Ra 2023/05/0245 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Tichy, über die Revision des H S in M, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in 4320 Perg, Hauptplatz 11a/Herrenstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. März 2022, LVwG 153228/3/WP, betreffend Änderung von Bauplätzen nach der Oö. BauO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Mauthausen; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Bescheid vom 19. Juli 2021 wies die belangte Behörde den auf § 9 Oö. Bauordnung 1994 gestützten Antrag des Revisionswerbers auf Vereinigung näher bezeichneter Grundstücke in der Marktgemeinde M ab.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte, dass eine Revision unzulässig sei.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei Eigentümer näher bezeichneter Grundstücke, für die mit Bescheid vom 14. April 2008 jeweils die Bauplatzbewilligung erteilt worden sei. Gemäß der am 1. Juli 2021 beschlossenen Neuplanungsgebietsverordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde M sei ein näher dargestellter Bereich zum Neuplanungsgebiet erklärt worden, darunter auch die genannten Grundstücke des Revisionswerbers. Gemäß § 2 der Verordnung dürfe im Sinne einer flächensparenden Baulandentwicklung die Anzahl der derzeit bestehenden Bauparzellen (Bauplätze) nicht verringert werden.

4 Rechtlich folgerte es, gemäß § 37b Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) könne der Gemeinderat durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden solle und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich sei. Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet habe die Wirkung, dass u.a. Bauplatzbewilligungen nur ausnahmsweise erteilt werden dürften. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien Bebauungspläne für Einzelfälle nicht generell verfassungswidrig, stünden aber unter einer besonderen, der sachlichen Rechtfertigung dienenden Begründungspflicht. Der Revisionswerber beabsichtige die Vereinigung mehrerer Bauplätze zu einem gemeinsamen Bauplatz. § 37b Oö. ROG 1994 schränke die Bewilligungsfähigkeit derartiger Vorhaben erheblich ein, zumal die Bewilligung nur dann erteilt werden dürfe, wenn anzunehmen sei, dass die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwere oder verhindere. Die anzuwendende Neuplanungsgebietsverordnung umschreibe ausführlich die Planungsabsichten und lasse insbesondere erkennen, dass unter „Berücksichtigung der vorhandenen Siedlungsstruktur [...] ausschließlich Kleinhausbauten“ und „je Bauplatz maximal 2 Wohneinheiten zulässig sein“ sollten. Offenkundig zur Sicherstellung dieser Planungsabsichten solle explizit im Lichte einer flächensparenden Baulandentwicklung die Anzahl der derzeit bestehenden Bauparzellen (Bauplätze) „nicht verringert werden“. Die vom Revisionswerber beabsichtigte Vereinigung von Bauplätzen zu einem gemeinsamen (großen) Bauplatz widerspreche den Bestimmungen der Neuplanungsgebietsverordnung.

5Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden können, da bereits die Akten hätten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse, zumal sich der Sachverhalt ausschließlich und unstrittig aus dem Antrag und den öffentlichen Urkunden ergebe und daher bloß eine Rechtsfrage zu beantworten sei; einem Entfall der Verhandlung stünden weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.

6 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 13. Juni 2023, E 783/2022 9, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit seiner Revision eine Verletzung des Parteiengehörs geltend; zunächst, weil am 15. März 2021 nur er persönlich, nicht aber seine bevollmächtigte Vertretung von der belangten Behörde eingeladen worden sei, das von ihm geplante Bauvorhaben vorzustellen. Diesbezüglich kann eine Verletzung des Parteiengehörs schon deshalb nicht vorliegen, weil nach dem eigenen Vorbringen des Revisionswerbers Gegenstand des Behördentermins die Präsentation seines Antrages war; die Mitteilung eines Ermittlungsergebnisses durch die Behörde kann darin nicht erblickt werden. Soweit der Revisionswerber weiter eine Verletzung des Parteiengehörs zur geplanten Neuplanungsgebietsverordnung geltend macht, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine im verwaltungsbehördlichen Verfahren erfolgte Verletzung des Parteiengehörs durch die mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden kann, wenn der damit bekämpfte Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben hat (vgl. etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0104, mwN). Fallbezogen ist der maßgebliche Inhalt der Neuplanungsverordnung im verwaltungsbehördlichen Bescheid angeführt. Die weiteren behaupteten Verletzungen des Parteiengehörs beziehen sich auf das Verfahren zur Erlassung eines Neuplanungsgebietes selbst, somit auf ein anderes Verfahren als das gegenständliche Baubewilligungsverfahren, sodass diese Ausführungen schon deshalb nicht zielführend sind.

12 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit auch vor, dass er in seinem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verletzt worden sei.

13Zum Zulässigkeitsvorbringen eines Verstoßes gegen die Pflicht des Verwaltungsgerichtes, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wird darauf verwiesen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einer Reihe von Entscheidungen mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann und keine übermäßig komplexen Rechtsfragen zu lösen sind (vgl. etwa VwGH 9.7.2024, Ra 2024/05/0087, mwN).

14 Das Verwaltungsgericht hat den Sachverhalt durch Einsicht in die Verwaltungsakten festgestellt. Dass der Sachverhalt dadurch unrichtig festgestellt worden wäre oder Tatsachenvorbringen nicht erstattet werden konnte, bringt der Revisionswerber nicht vor. Rechtsfragen, deren Lösung im Sinne der obigen Ausführungen eine mündliche Verhandlung erfordert hätten, wurden vom Revisionswerber weder behauptet noch sind sie ersichtlich. Dass das Verwaltungsgericht von den dargestellten rechtlichen Leitlinien zum Absehen einer Verhandlung abgewichen wäre, vermag die Revision daher nicht darzutun.

15 Soweit in der Revision implizit (verfassungsrechtliche) Bedenken gegen die anzuwendende Neuplanungsgebietsverordnung geäußert werden, ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das gegenständliche Erkenntnis mit dem bereits oben erwähnten Beschluss E 783/2022 9 abgelehnt hat.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Dezember 2024