Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des M B, vertreten durch die Piaty Müller Mezin Schoeller Partner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Graz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. April 2023, Zl. W298 2266157 1/5E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz; mitbeteiligte Partei: D GmbH, vertreten durch die Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1.In seiner an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde) gerichteten Datenschutzbeschwerde brachte der Revisionswerber vor, die Beschwerdegegnerin (Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten) verarbeite als Verantwortliche nach Art. 4 Z 7 DSGVO in Ausübung des Gewerbes der Kreditauskunftei gemäß § 152 GewO 1994 personenbezogene Daten von ihm. Da seinem Auskunftsersuchen vom 16. Oktober 2019 nicht entsprochen worden sei, solle die DSB feststellen, dass die Beschwerdegegnerin den Revisionswerber in seinem Recht auf Auskunft verletzt habe, indem sie keine ausreichenden Informationen über die bei der Berechnung seines „Bonitätsscores“ involvierte Logik, die einbezogenen Faktoren sowie die auszuführenden Rechenanweisungen erteilt habe. In weiterer Folge gab der Revisionswerber an, seine Datenschutzbeschwerde beziehe sich auf beide zu seiner Person geführten Datensätze.
2 Mit Bescheid vom 27. Juni 2022 gab die DSB der Datenschutzbeschwerde hinsichtlich beider Datensätze statt und stellte fest, die Mitbeteiligte habe den Revisionswerber in seinem Recht auf Auskunft verletzt, indem sie nach Erhalt des Auskunftsbegehrens vor Auskunftserteilung den einen Datensatz ohne Antrag des Revisionswerbers gelöscht habe (Spruchpunkt 1.) bzw. indem die Auskunft zum anderen Datensatz in sich widersprüchlich, nicht ausreichend transparent und nicht nachvollziehbar gewesen sei (Spruchpunkt 2.). Der Mitbeteiligten wurde aufgetragen, die erteilte Auskunft zum letztgenannten Datensatz in näher dargestellter Weise zu präzisieren (Spruchpunkt 3.).
3 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Mitbeteiligte ua. vor, die Löschung des einen Datensatzes sei auf ausdrücklichen Antrag des Revisionswerbers hin erfolgt. Hinsichtlich des anderen Datensatzes wurde vorgebracht, es seien keine Daten zum Zahlungsverhalten des Revisionswerbers vorgelegen, weshalb der Wert 0,01 (aus technischen Gründen sei eine Eingabe des Wertes 0 nicht möglich) eingegeben werde, der aber kein errechneter Wert sei, sondern immer dann vergeben werde, wenn keine Einschätzung (des Zahlungsverhaltens) möglich sei. Die DSB erließ daraufhin eine Beschwerdevorentscheidung, in der im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „ohne Antrag“ entfiel. Die Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag.
4 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers mit folgender Maßgabe statt: In Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde die Datenschutzbeschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Bescheides wurden ersatzlos behoben. Die Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
5 Das BVwG legte seiner Entscheidung beweiswürdigend gestützt auf die vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen - folgenden Sachverhalt zugrunde: Die Mitbeteiligte betreibe das Gewerbe der Kreditauskunftei und habe im Zuge dieser Tätigkeit Daten des Revisionswerbers verarbeitet. Zur Person des Revisionswerbers seien (ursprünglich) zwei Datensätze vorhanden gewesen, und zwar einer zu ihm als Einzelunternehmer und einer zu ihm als Privatperson. Aufgrund eines ersten Löschungsbegehrens des Revisionswerbers vom Mai 2019 habe die Mitbeteiligte das (den Revisionswerber betreffende) Schuldenregulierungsverfahren in beiden Datensätzen gelöscht. Diese Daten seien die einzigen zum Zahlungsverhalten des Revisionswerbers gespeicherten Daten gewesen. Seit dieser Löschung werde (für den Revisionswerber) das Rating „0,01 (Keine Einschätzung möglich)“ bei der Beurteilungsübersicht geführt. Der Wert 0,01 sei nicht automatisiert oder mit einer Berechnungslogik errechnet, sondern manuell eingegeben worden. Der Wert 0,01 werde bei mangelnden Daten zum Zahlungsverhalten als Grundwert vergeben und sei in der Ratingskala unter „0“ einzuordnen. Des Weiteren habe der Revisionswerber die vollständige Löschung des ihn als Einzelunternehmer betreffenden Datensatzes beantragt.
6 In der Folge hielt das BVwG fest, die Mitbeteiligte habe nach der vom Revisionswerber veranlassten Löschung mangels Zahlungserfahrungsdaten manuell einen neutralen Ausgangswert eingegeben. Der Revisionswerber unterliege daher aktuell keiner automatisierten Entscheidung aufgrund einer Logik. Sodann habe die Mitbeteiligte dem Revisionswerber vollständig Auskunft erteilt, aus der hervorgehe, dass mangels Eingabedaten zum Zahlungsverhalten eine Bonitätsberechnung ab dem Löschungszeitpunkt im Mai 2019 nicht mehr erfolge. Zudem habe sie dem Revisionswerber auch die Quellen und Parameter genannt, die bei der Erstellung von Bonitätsratings grundsätzlich und somit auch für eine zukünftige, ihn betreffende Bonitätsbewertung - herangezogen würden.
7 Zu den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die erteilte Auskunft sei in sich widersprüchlich, führte das BVwG aus, es sei nachvollziehbar, wenn die Mitbeteiligte zur Risikoeinschätzung erklärt habe, dass in Fällen, in denen keine Information zum Zahlungsverhalten vorliege und keine Bonitätsbewertung möglich sei, die Empfehlung erfolge, dass „Geschäftsbeziehungen einer näheren Betrachtung bedürfen“. Weiters habe die Mitbeteiligte schlüssig dargelegt, dass es sich beim angegebenen Wert von 0,01 (welcher der Kategorie „0“ zuzuordnen sei) um keinen errechneten Wert handle, sondern dieser immer dann vergeben werde, wenn mangels Daten keine Einschätzung möglich sei. In diesen Wert würden keine individuellen Merkmale des Revisionswerbers einfließen, sondern es handle sich um einen allgemeinen statistischen Wert.
8 Weder aus der Literatur noch aus der Judikatur oder den Leitlinien (der [früheren] Artikel 29 Datenschutzgruppe) zu automatisierten Entscheidungen im Einzelfall einschließlich Profiling für die Zwecke der Verordnung 2016/679 (WP251rev.01) lasse sich ableiten, dass die manuelle Eingabe eines neutralen Grundwertes zur etwaigen Berechnung einer Bonitätsbewertung als Profiling zu gelten habe. Da es sich beim hier angegebenen Wert von 0,01 um keinen errechneten Wert handle, könnten weitere Überlegungen hinsichtlich einer automatisierten Entscheidungsfindung gemäß Art. 22 DSGVO dahingestellt bleiben. Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, dass letztlich eine vollständige und rechtmäßige Auskunft vorliege. Zudem hätte die belangte Behörde unabhängig davon, ob Profiling vorliege, zum Schluss kommen müssen, dass die (erteilte) Auskunft ausreichend gewesen sei.
9 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
10 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 5.1. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, wann aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik, die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer Datenverarbeitung im Sinn des Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO vorlägen bzw. ob unter „involvierter Logik“ die Funktionsweise einer Berechnung oder nur die herangezogenen Parameter zu verstehen seien. Aus einer wörtlichen Interpretation ergebe sich, dass die „Logik“ nicht nur die Parameter, sondern auch deren Zusammenspiel erfasse.
14 Weiters wird zur Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführt, dass das BVwG in einem nahezu identen Fall die ordentliche Revision zugelassen habe (und die dagegen erhobenen Revisionen beim Verwaltungsgerichtshof anhängig seien). Dies indiziere eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil „ansonsten keine unterschiedlichen Judikaturlinien des BVwG“ bestünden. Zudem verweist der Revisionswerber auf zwei beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anhängige (zu C 634/21 bzw. C 203/22 protokollierte) Vorabentscheidungsersuchen, die auf den vorliegenden Fall umlegbar seien, weil es hier ebenfalls um die „Errechnung eines Wahrscheinlichkeitswertes“ gehe. Der Umstand, dass zwei Verwaltungsgerichte (aus unterschiedlichen Staaten) dieselbe Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hätten, zeige, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln sei. Das BVwG habe sich in der angefochtenen Entscheidung aber nicht dazu geäußert, ob Profiling gemäß Art. 4 Z 4 DSGVO oder eine automatisierte Entscheidungsfindung gemäß Art. 22 Abs. 1 DSGVO vorliege.
15 5.2. Diesem Zulässigkeitsvorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten: Das BVwG ist im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen, dass im Hinblick auf die (mangels verfügbarer Zahlungserfahrungsdaten vorliegend erfolgte) bloß manuelle Eingabe eines Ausgangswertes keine Berechnung vorgenommen worden sei und somit keine automatisierte Entscheidungsfindung vorliege. Zwar bringt das BVwG im angefochtenen Erkenntnis an einer Stelle (und dies wie dem Revisionswerber zuzugestehen ist - ohne substantiierte Begründung) zum Ausdruck, dass die erteilte Auskunft unabhängig vom Vorliegen von Profiling als ausreichend anzusehen sei. Das ändert aber nichts daran, dass sich das BVwG in seiner Entscheidung tragend darauf gestützt hat, dass im gegenständlichen Fall kein Profiling und keine automatisierte Entscheidungsfindung vorgelegen seien. Gegen diese rechtliche Beurteilung bzw. die ihr zugrundeliegende Feststellung und Beweiswürdigung wird in der Zulässigkeitsbegründung aber kein substantiiertes Vorbringen erstattet. (Soweit in der Revision an einer Stelle auf ein „Rating von 3,65“ bzw. auf ein „durchschnittlich bis erhöhtes Risiko“ Bezug genommen wird, wird damit offenbar auf die vor dem hier zugrundeliegenden Auskunftsersuchen auf Antrag des Revisionswerbers im Mai 2019 gelöschten - Daten im Zusammenhang mit dem Schuldenregulierungsverfahren des Revisionswerbers abgestellt, auf die es hier aber nicht mehr ankommt.) Da ausgehend vom Vorgesagten Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO mangels einer automatisierten Entscheidungsfindung gemäß Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO für die angefochtene Entscheidung nicht einschlägig war, kommt es auf die vom Revisionswerber ins Treffen geführte fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur involvierten Logik im Sinn dieser Bestimmung fallbezogen nicht an.
16 Daran vermag auch der Hinweis auf die beiden in der Revision angeführten (mittlerweile entschiedenen) Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (C 634/21, SCHUFA Holding [Scoring] , bzw. C 203/22, Dun Bradstreet Austria ) nichts zu ändern. Für eine Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Konstellationen kommt es nämlich nicht darauf an, ob die jeweils betroffenen Verantwortlichen (im Sinn des Art. 4 Z 7 DSGVO) dem Grunde nach vergleichbare Tätigkeiten ausüben (oder allenfalls ident sind), sondern darauf, ob die jeweils konkret in Rede stehenden Datenverarbeitungen vergleichbar sind. Dies ist hier aber nicht der Fall, weil das BVwGwie dargestellt - im vorliegenden Fall davon ausgegangen ist, dass hinsichtlich des Revisionswerbers als betroffener Person keine Berechnung erfolgte und keine automatisierte Entscheidungsfindung vorlag (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 20.8.2025, Ro 2020/04/0010, Rn. 17; darin hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zur Vorabentscheidung durch den EuGH in den Verfahren C 634/21 bzw. C 203/22 - einleitend festgehalten, dass das Vorliegen der Tatsachengrundlage für das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung gemäß Art. 22 Abs. 1 DSGVO im dort gegenständlichen Fall unbestritten war).
17Dem Zulässigkeitsvorbringen zur divergierenden Vorgehensweise des BVwG hinsichtlich der Zulassung der Revision im Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Rechtsfrage ist entgegenzuhalten, dass auch mit einem Hinweis auf eine uneinheitliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte für sich genommen noch keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt wird (vgl. VwGH 9.6.2021, Ro 2019/04/0237, Rn. 17, mwN). Nichts anderes kann aber hinsichtlich der Entscheidung der Verwaltungsgerichte über die Zulassung der Revision gelten.
18 5.3. Soweit der Revisionswerber schließlich noch vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine präzise, transparente, verständliche und in einer klaren und einfachen Sprache formulierte Auskunft im Sinn des Art. 12 Abs. 1 DSGVO vorliege, genügt folgender Hinweis:
19Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte (vgl. etwa VwGH 18.8.2025, Ro 2024/04/0035, Rn. 25, mwN). Ausgehend davon wird mit dem nicht näher konkretisierten Zulässigkeitsvorbringen zu Art. 12 DSGVO keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.
20 6. In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 13. November 2025
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