Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der M D in D, vertreten durch Dr. Robert Lirsch, Mag. Florian Masser und Mag. Ernst Wimmer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 27, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Juni 2022, LVwG S 2639/001 2021, betreffend Bestrafung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die Revisionswerberin, eine ukrainische Staatsangehörige, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Instanzenzug einer Übertretung gemäß §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 iVm. § 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) im Tatzeitraum vom 1. Juni 2020 bis 28. Mai 2021 schuldig, verhängte über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500, (samt Ersatzfreiheitsstrafe) und hob das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Oktober 2021 hinsichtlich des Ausspruches über den Verfall der Sicherheitsleistung auf (Spruchpunkt 1.) Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wurde neu festgesetzt (Spruchpunkt 2.) und weiters ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).
2 Dabei stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen begründend fest, dass die in Donezk lebende Revisionswerberin am 3. März 2020 mit ihrem Ehemann nach Österreich eingereist sei, um ihre Schwägerin zu besuchen. Geplant gewesen sei ein zwei- bis dreiwöchiger Aufenthalt bei der Schwägerin und deren Ehemann in Wien.
Aufgrund des Ausbruchs der Corona Pandemie im Jahr 2020 und der dadurch getroffenen Gesundheitsmaßnahmen sei eine Rückreise von in Österreich aufhältigen ukrainischen Staatsangehörigen durch die Slowakei ab dem 26. März 2020 möglich gewesen. Auch der Transit durch Ungarn sei während der Zeit, in der die Direktflugverbindungen in die Ukraine eingestellt waren, möglich gewesen. Im Juni 2020 habe es zwei Direktflüge von Wien in die Ukraine gegeben, ab August 2020 bis März 2021 292 Flüge, mit denen insgesamt 20.307 Passagiere transportiert worden seien. Am 28. Mai 2021 sei die Revisionswerberin aus dem Bundesgebiet ausgereist.
Im Tatzeitraum habe die Revisionswerberin keinen Tatbestand für einen rechtmäßigen Aufenthalt erfüllt.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 19.4.2023, Ra 2020/17/0134, mwN).
8 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst zunächst vor, der Verwaltungsgerichtshof habe sich bisher nicht mit der Frage beschäftigt, ob rechtmäßig ins Staatsgebiet eingereiste Personen, deren Rückreise in ihre Heimatstadt aufgrund der auftretenden Covid 19 Pandemie und deren Folgen vorübergehend nicht möglich sei, gezwungen seien, in ein anderes Gebiet ihres Heimatstaates zu reisen und dort das Ende der Pandemie beziehungsweise der innerstaatlichen Durch- bzw. Einreiseverbote abzuwarten.
9 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt.
10 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG liegt trotz Fehlens einer Rechtsprechung bei eindeutiger Rechtslage nämlich nicht vor. Da unter „Rechtsfragen“ im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG Auslegungsfragen zu verstehen sind, fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. etwa VwGH 3.4.2023, Ra 2021/12/0057).
11 Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass die Revisionswerberin am 3. März 2020 nach Östereich ein- und am 28. Mai 2021 aus dem Bundesgebiet ausgereist ist. Die Revisionswerberin als ukrainische Staatsangehörige ist Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Ukrainische Staatsangehörige sind zum visumsfreien Aufenthalt in Österreich für einen Zeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen berechtigt.
12 Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass ihr visumsfreier Aufenthalt spätestens am 1. Juni 2020 abgelaufen sei.
13 Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 120 Abs. 1a FPG in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 27/2020 ergibt sich, dass ein Fremder, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen ist.
14 Einen Fremden trifft als zwingende Folge der Unzulässigkeit eines nicht iSd § 31 FPG rechtmäßigen Aufenthalts grundsätzlich die Pflicht, seinen rechtswidrigen Aufenthalt durch Ausreise zu beenden (vgl. schon VwGH 20.2.2014, 2013/21/0169). Die Frage, wohin der Fremde ausreist, um seinen unrechtmäßigen Aufenthalt zu beenden, ist für die Anwendbarkeit dieser Strafbestimmung nicht von Relevanz. Dass es der Revisionswerberin überhaupt nicht möglich gewesen wäre, aus dem Bundesgebiet auszureisen insbesondere auch in ein anderes Gebiet ihres Herkunftsstaates behauptet sie nicht und sie tritt zudem auch den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen, wonach z.B. eine Ausreise in die Ukraine auf dem Landweg durch die Slowakei ab dem 26. März 2020 möglich gewesen wäre.
15 Davon ausgehend begründet auch das weitere Revisionsvorbringen, wonach das Verwaltungsgericht keine ausreichenden Erhebungen getroffen habe, ob die Revisionswerberin vor Ablauf ihres visumsfreien Aufenthalts nach Donezk ausreisen hätte können, keine erhebliche Rechtsfrage.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Dezember 2023
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