Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm, die Hofrätin Mag. Hainz Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Janitsch, über die Revision des M R in C (Slowenien), vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Skof, MMag. Maja Ranc und Mag. Sara Julia Grilc, 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 22. April 2021, Zl. LVwG 30.12 115/2021 7, betreffend Übertretung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Weiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24. September 2020 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma H mit Sitz in Slowenien zu verantworten, dass folgende vier näher genannte Arbeitnehmer betreffende zur Erhebung erforderliche Unterlagen, trotz nachweislicher Aufforderung vom 5. September 2018, der Abgabenbehörde nicht spätestens bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages, dem 7. September 2018, 24 Uhr, übermittelt worden seien: „Lohnaufzeichnungen (Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung, Melde und Zuschlagsverrechnungslisten bzw. vergleichbare Unterlagen) [sowie] Unterlagen betreffend die Lohneinstufung (Nachweis Berufsausbildung/Qualifikation, Unterlagen über einschlägige Vordienstzeiten bzw. Berufserfahrung, alle übrigen Unterlagen welche Basis für die Einstufung in den österreichischen Kollektivvertrag gebildet haben)“. Dadurch habe der Revisionswerber § 27 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 1 Z 3 LSD BG verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 500,00 (keine Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 27 Abs. 1 LSD BG verhängt werde.
2 2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde die vom Revisionswerber gegen das Straferkenntnis erhobene Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Unter einem erlegte es dem Revisionswerber einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in Höhe von € 100,00 auf (Spruchpunkt II.) und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes aus:
4 Der Revisionswerber sei die nach außen zur Vertretung berufene Person und damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma H mit Sitz in Slowenien. Am 5. September 2018 um 9 Uhr hätten Erhebungsorgane der Finanzpolizei, Team 91, eine Kontrolle unter anderem betreffend die Einhaltung des LSD BG bei näher genanntem Bauvorhaben (Errichtung einer Blitzschutzanlage) durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle hätten die Erhebungsorgane vier näher genannte Arbeiter der Firma H bei der Errichtung einer Blitzschutzanlage auf der Baustelle angetroffen. Die Firma H habe die erforderlichen Lohnunterlagen in deutscher Sprache (im Einzelnen: „Arbeitsaufzeichnungen [bezüglich die Arbeiter M J und A K für den Zeitraum 30.08.2018 bis 05.09.2018; bezüglich die Arbeiter M R und N Z für den Zeitraum 05.09.2018 bis 05.09.2018]; Lohnaufzeichnungen: Lohnkontoblätter, Aufzeichnungen über die Berechnung von Zuschlägen und Zulagen, Aufzeichnungen über Sozialversicherungsbeiträge, Aufzeichnungen über Aufwandsentschädigungen, Urlaubsaufzeichnungen, An- und Abmeldung zur Krankenversicherung, bzw. vergleichbare Unterlagen“) sowie die Arbeitsverträge auch in englischer Sprache weder zum Zeitpunkt der Kontrolle am 5. September 2018 noch „innerhalb der gesetzlichen Frist“ vollständig vorgelegt.
5 Da es der Revisionswerber unterlassen habe, der Abgabenbehörde sämtliche zur Feststellung einer allfälligen Unterentlohnung erforderlichen Lohnunterlagen fristgerecht zu übermitteln, habe er § 27 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 1 Z 3 LSD BG verletzt. Die Strafbemessung erscheine angesichts des Strafrahmens „von bis zu € 5.000,00“, des Umstands, dass der Revisionswerber „verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten“ sei sowie wegen unterlassener Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen angemessen.
6 3. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2021, E 2139/2021-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat diese mit Beschluss vom 19. Jänner 2022, E 2139/2021 10, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
7 4. In weiterer Folge erhob der Revisionswerber vorliegende außerordentliche Revision.
8 5.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 5.2.1. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst im Wesentlichen Folgendes vor:
12 „Eine entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, was konkret unter Lohnkontoblättern, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, Melde- und Zuschlagverrechnungslisten und ‚vergleichbaren Unterlagen‘ zu verstehen sei, insbesondere in Relation zu tatsächlich vorhanden gewesenen Unterlagen und ob diese nun ausreichend wären oder nicht, liegt nicht vor. [...] Weiters ist in der Zwischenzeit die Novelle des LSD BG im September 2021 in Kraft getreten. [...] Es liegt noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, inwieweit sich hinsichtlich der Bemessung der Sanktionen die neue Rechtslage von der bisher in Kraft stehenden Rechtslage unterscheidet.“
13 Das bloße Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision (vgl. etwa auch VwGH 16.11.2023, Ra 2021/06/0160, 0161, mwN). Es ist vielmehr konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Mit einer pauschalen Aneinanderreihung von Rechtsfragen ohne Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt wird den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen, weil mit diesen Ausführungen nicht aufgezeigt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von den abstrakt gestellten Rechtsfragen abhängt (vgl. etwa VwGH 19.2.2024, Ra 2024/06/0017, mwN). Eine derartige Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt enthält die Zulässigkeitsbegründung nicht.
14 5.2.2. Im Übrigen bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision Folgendes vor:
15 „Schließlich wurde über den Revisionswerber ein Kostenersatz für das Beschwerdeverfahren vorgeschrieben. Dies wiederspricht den Grundsätzen des Urteils C 64/18 Maksimovic des EuGH und auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. E 4329/2019 10).“
16 Hierzu genügt der Verweis auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Oktober 2019, Ra 2019/11/0033 und 0034, wonach der im genannten Urteil des EuGH ebenfalls angesprochene Verfahrenskostenbeitrag für sich alleine noch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit führen würde. Ein Verfahrenskostenbeitrag im Ausmaß eines Prozentsatzes der Geldstrafe erreiche nämlich typischerweise erst im Zusammenwirken mit übermäßig hohen Geldstrafen ein unverhältnismäßiges Ausmaß und werde daher schon bei Beachtung der zuvor genannten Kriterien betreffend die unionsrechtskonforme Bemessung einer Geldstrafe auf ein angemessenes Ausmaß begrenzt. Hinsichtlich des gesetzlich vorgesehenen Verfahrenskostenbeitrages sei daher eine Verdrängung von nationalem Recht im Lichte des zitierten Urteils des EuGH nicht geboten.
17 5.3. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juni 2024