JudikaturVwGH

Ra 2023/11/0144 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm und den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 28. August 2023, Zl. VGW 021/035/13731/2022 3, betreffend Übertretung des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. M S und 2. P GmbH, beide in W, beide vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht und nunmehrigen Revisionswerberin vom 9. September 2022 wurde dem Erstmitbeteiligten zur Last gelegt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener der Zweitmitbeteiligten als Herstellerin von Tabakerzeugnissen zu verantworten, dass wie im Zuge einer Überprüfung der Tabaktrafik einer namentlich genannten Inhaberin in O, durch Kontrollorgane am 2. September 2021 festgestellt worden sei und aus dem amtlichen Kontroll- und Untersuchungszeugnis vom 16. März 2022 hervorgehe der Tabak zum Selberdrehen, ein Rauchtabakerzeugnis iSd. § 1 Z 1j Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz - TNRSG „Chesterfield VOUME [sic] Tobacco Feinschnitt“ mit einer bestimmten Probennummer in Verkehr gebracht worden sei, der jedoch nicht den Vorgaben des § 8 Abs. 1 TNRSG entsprochen habe, da die vorliegende Probe nicht im Online Portal EU CEG (Common Entry Gate) gemeldet worden sei, obwohl sie dem zuständigen Bundesminister in elektronischer Form durch Eingabe in dieses Online Portal längstens bis zum 15. März jeden Kalenderjahres mit einer Liste von Daten zu melden sei, und gemäß § 8 Abs. 1a [TNRSG] diese Informationen für neue oder veränderte Tabakerzeugnisse vor dem Inverkehrbringen unverzüglich zu übermitteln seien. Das EU CEG enthalte für Österreich keinen entsprechenden Eintrag zu diesem Produkt, weshalb die Probe mangels Meldung im EU CEG zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens für Österreich am 2. September 2021 nicht den Bestimmungen des § 8 TNRSG entsprochen habe. Der Erstmitbeteiligte habe dadurch § 14 Abs. 1 Z 3 iVm. § 8 Abs. 1 TNRSG verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 900 (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Verfahrenskosten vorgeschrieben wurden. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Zweitmitbeteiligte für die Geldstrafe und die Verfahrenskosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

2 Das im Spruch des Straferkenntnisses genannte Kontroll- und Untersuchungszeugnis gibt als Probemenge 95g an.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde Folge, behob das Straferkenntnis samt Haftungsausspruch und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG ein. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Erstmitbeteiligte keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe und dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Zweitmitbeteiligte als Importeurin habe an die Inhaberin der gegenständlichen Trafik am 16. August 2021 zwei Packungen „Chesterfield Orginal [sic] Vol Tobacco 100g“ und drei Packungen „Chesterfield Org Vol Tobacco Bag 95g“ geliefert. Mit der Produktbezeichnung „Chesterfield Orginal [sic]“ sei dieses Tabakerzeugnis auch von der Herstellerin P mit der Verpackungsart und dem Produktgewicht „Tin 120 grams of tobacco“ am 20. Mai 2016 ins EU CEG eingemeldet worden. Als „Addition of product presentation to an existing product submission“ seien am 20. Mai 2016 auch die Zusatzmeldung des genannten Produkts mit der Verpackungsart und dem Produktgewicht „Tin 100 grams of tobacco“ und am 24. Februar 2022 die weitere Zusatzmeldung mit der Verpackungsart und dem Produktgewicht „Pouch 95 grams of tobacco“ erfolgt.

5 Somit sei das Produkt „Chesterfield orginal [sic]“, ein nicht gepresster Tabak zum Selberdrehen der Tabakerzeugnisart „Feinschnitt“, jedenfalls in den Produktvarianten „Tin 120 grams“ und „Tin 100 grams“ vom Hersteller, der P, im EU CEG eingemeldet gewesen.

6 Die in der Tatanlastung enthaltene Produktbezeichnung sei mit „Chesterfield VO(L)UME Feinschnitt“ im Hinblick auf die Produktnamen wie zB „Chesterfield Orginal [sic]“, „Chesterfield Blue“ oder „Chesterfield Silver“ nicht eindeutig konkretisiert. Die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Tatanlastung, die lediglich auf das von der namentlich genannten Inhaberin am 2. September 2021 in ihrer Tabaktrafik in O und damit an einem im Burgenland gelegenen Tatort erfolgte Inverkehrbringen abstelle, widerspreche dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG. § 44a Z 1 VStG fordere eine entsprechende Eindeutigkeit und Genauigkeit der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat.

7 Die Zweitmitbeteiligte, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstmitbeteiligten sei, sei entgegen der Tatanlastung nicht Herstellerin des in Rede stehenden Tabakerzeugnisses „Chesterfield Orginal [sic] Vol Tobacco 95g“, sondern habe dieses Produkt als Importeurin nach Österreich eingeführt und durch Auslieferung an die namentlich genannte Trafikantin am genannten Ort für Verbraucher bereitgestellt und damit in Verkehr gebracht. Dieses Tabakerzeugnis sei im EU CEG mit Markennamen und Art des Tabakerzeugnisses gemäß § 8 Abs. 1 TNRSG gemeldet gewesen.

8 Daher verstoße die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Tatanlastung, die ohne Umschreibung der Tatumstände des Inverkehrbringens durch die Zweitmitbeteiligte nur auf das Inverkehrbringen durch die namentlich genannte Tabaktrafikantin im Burgenland abstelle, gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Abs. 1 VStG. Auch sei der Vorwurf des Inverkehrbringens eines mangels Meldung im EU CEG den Bestimmungen des § 8 TNRSG nicht entsprechenden Tabakerzeugnisses unzutreffend.

9 Gegen dieses Erkenntis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht. Die Mitbeteiligten erstatteten ohne Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof eine Stellungnahme zur Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 8 TNRSG, insbesondere zur systematischen Interpretation der Abs. 1 und 1a leg. cit. hinsichtlich der Frage, ob bei Einführung einer neuen Verpackungsform mit einer von der bisher verwendeten Verpackung abweichenden Inhaltsmenge eine Meldung an das EU CEG zu erfolgen habe und ob eine solche Meldung „im Sinne des Abs. 1 oder Abs. 1a leg. cit. alternativ“ zu erfolgen habe. Ebenso fehle Rechtsprechung zum Zweck der Meldung in das EU CEG.

14 Das Verwaltungsgericht habe überdies die Verpflichtung zur Meldung des „neuen Produkts“ (95g Beutel) verkannt, weil es in beiden Verpackungsformen der 100g Dose und dem 95g Beutel ein und dasselbe Produkt sehe. Nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1a TNRSG berühre die abweichende Füllmenge und Verpackungsform eine gemäß Abs. 1 Z 1 leg. cit. bereitgestellte Information, nämlich die „verwendeten Inhaltsstoffe und ihre Mengen“, weswegen die Meldung des geänderten Produkts jedenfalls vor dessen erstmaligem Inverkehrbringen erfolgen müsse.

15 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen, das eine unzutreffende Beurteilung der Meldepflichten des § 8 Abs. 1 bzw. 1a TNRSG geltend macht, wird die Zulässigkeit der Revision aber nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung nämlich nicht nur darauf, dass die belangte Behörde im Revisionsfall zu Unrecht eine Meldepflicht nach dieser Bestimmung angenommen habe. Das Verwaltungsgericht gab der Beschwerde auch deswegen Folge, weil die Zweitmitbeteiligte nicht wie von der belangten Behörde angelastet Herstellerin, sondern Importeurin des gegenständlichen Tabakerzeugnisses sei, und die im Straferkenntnis als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich dieses Umstandes sowie hinsichtlich des betreffenden Tabakerzeugnisses sowie der Umstände des Inverkehrbringens nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes des § 44a Z 1 VStG entspreche.

16 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision gibt diesen zuletzt genannten Begründungsstrang des angefochtenen Erkenntnisses zwar wieder, führt dazu aber keine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG aus. Angesichts dessen kann die Revision auch mit ihrem die Anwendung des § 8 Abs. 1 bzw. 1a TNRSG betreffenden Vorbringen die Zulässigkeit der Revision nicht darlegen (vgl. zur Unzulässigkeit einer Revision bei einer tragfähigen Alternativbegründung etwa VwGH 15.11.2021, Ra 2020/11/0050; 25.1.2023, Ra 2022/11/0206; jeweils mwN).

17 Schon aus diesem Grund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. Oktober 2024

Rückverweise