JudikaturVwGH

Ra 2022/10/0051 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revisionen 1. der T R und 2. des T R, beide in E (Deutschland) und beide vertreten durch die Summer Schertler Kaufmann Lerch Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg jeweils vom 27. Jänner 2022, Zlen. 1. LVwG 1 623/2021 R21 (hg. protokolliert zu Ra 2022/10/0051) sowie 2. LVwG 1 622/2021 R21 (hg. protokolliert zu Ra 2022/10/0052), jeweils betreffend eine Übertretung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

1 Mit den angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg jeweils vom 27. Jänner 2022 wurden die Revisionswerber gemäß § 57 Abs. 1 lit e Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (GNL) schuldig erkannt, sie seien der verfügten Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Abbruch eines nicht bewilligten Holzlagers auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG M sowie der Entfernung des Abbruchmaterials nicht vollständig und ordnungsgemäß nachgekommen. Über die Revisionswerber wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils € 3.500, (sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils einem Tag und sieben Stunden) verhängt. Weiters wurden die Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10% jeweils der verhängten Geldstrafe verpflichtet. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Begründend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Revisionswerber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 8. Juni 2020 dazu verpflichtet worden seien, binnen vier Wochen für die „Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes ... durch vollständigen Abtrag“ des auf der Liegenschaft KG M errichteten Bauwerks „Holzlager“, zu sorgen. In der Beschwerde hätten die Revisionswerber (u.a.) vorgebracht, Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft zu sein. Mit Erkenntnis vom 4. November 2020 des Verwaltungsgerichtes Vorarlberg sei der Beschwerde gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben worden. Die Revision gegen dieses Erkenntnis sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2021 zurückgewiesen worden. Zur Tatzeit sei am Tatort noch die grundlegende Kiesschüttung vorgefunden worden, auf welcher noch die Eckfundamente der ursprünglichen Hütte (Beton) vorhanden gewesen seien. Sie seien mit dem Boden bzw. dem Fundament verbunden. Das errichtete Holzlager sei daher nicht vollständig abgetragen worden.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revisionswerber begründen die Zulässigkeit ihrer Revisionen damit, die Erkenntnisse würden von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen. Nach dieser (Verweis auf VwGH 27.6.1990, 90/18/0044) bedürften unbestimmte Gesetzesbegriffe, wie gegenständlich „Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes“ und „Abtragung“, einer Konkretisierung und erhöhten Begründungspflicht. Das Verwaltungsgericht habe den wiederherzustellenden rechtmäßigen Zustand nicht festgestellt.

7 Nach den angefochtenen Erkenntnissen haben die Revisionswerber eine Verfügung gemäß § 41 Abs. 2 GNL nicht vollständig befolgt und damit eine Übertretung des § 57 Abs. 1 lit. c GNL begangen.

8 Die anzuwendenden Bestimmungen des GNL, LGBl. Nr. 22/1997, idF. LGBl. Nr. 67/2019 lauten auszugsweise:

„§ 41

Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes

(1) Die Behörde hat gegenüber demjenigen, der Vorhaben, die nach diesem Gesetz oder einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung oder ein Vorhaben, auf das § 36 angewendet wurde, abweichend von den vorgelegten Unterlagen ausführt, alternativ nach lit. a oder nach lit. b vorzugehen:

a) Aufforderung, innerhalb eines Monats einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung oder im Falle des § 36 eine Anzeige einzubringen; oder

b) Sofortige Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid. Wenn die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich ist, hat die Behörde die möglichst wirksame Beseitigung der durch die Ausführung des Vorhabens hervorgerufenen Beeinträchtigungen der Natur oder der Landschaft aufzutragen. Der Auftrag der Behörde kann sich unter sinngemäßer Anwendung des § 37 Abs. 3 auch auf die Schaffung eines Ersatzlebensraumes beziehen. Für die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bzw. die Ausführung der aufgetragenen Maßnahmen sind angemessene Fristen festzusetzen. Falls derjenige, der das Vorhaben ausgeführt hat, nicht herangezogen werden kann, kann die Verfügung auch an den Grundeigentümer ergehen; dies ist jedoch unzulässig, sofern der Grundeigentümer nachweist, dass er dem Vorhaben nicht zugestimmt hat, es nicht geduldet hat und er aus ihm keinen wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann.

(2) Kommt der Verpflichtete einer Aufforderung nach Abs. 1 lit. a durch Einbringung eines vollständigen Antrages bzw. einer vollständigen Anzeige nicht nach oder wurde die Bewilligung versagt, so hat die Behörde mit Bescheid die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu verfügen. Abs. 1 lit. b gilt sinngemäß.

...

§ 57

Verwaltungsübertretungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

...

e) die in Entscheidungen, die aufgrund dieses Gesetzes oder der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen ergangen sind, enthaltenen Verfügungen nicht befolgt,“

9 Wie unter Rz 3 ersichtlich, wurden die Revisionswerber zum „vollständigen Abtrag“ des Bauwerks „Holzlager“ durch Bescheid der BH Bregenz vom 8. Juni 2020 (bestätigt mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 4. November 2020) binnen gesetzter Frist verpflichtet. Dem kamen die Revisionswerber nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts allerdings nur insoweit nach, als sie lediglich die Holzkonstruktion des Holzlagers, nicht jedoch das Betonfundament entfernen ließen und Abbruchmaterial vor Ort gelagert wurde.

10 Schon der Wortlaut dieser Anordnung ist eindeutig. Wenn auf den vollständigen Abtrag abgestellt wird, so ist für den Normadressaten klar erkennbar, dass er das rechtswidrig errichtete Bauwerk zur Gänze zu entfernen und den Zustand vor dem durchgeführten Eingriff wiederherzustellen hat. Die Revisionswerber legen nicht dar, welche Begriffe näher konkretisiert werden hätten müssen bzw. welche Feststellungen das Verwaltungsgericht ergänzend zu treffen gehabt hätte (vgl. dazu VwGH 22.11.2017, Ra 2017/10/0171).

11 Des Weiteren wird zur Zulässigkeit vorgebracht, das Verwaltungsgericht weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es die Ehe und Miteigentümerschaft der Revisionswerber am gegenständlichen Holzlager nicht beachtet und aufgrund des identen Tatvorwurfs zwei Straferkenntnisse und nicht nur ein Straferkenntnis erlassen habe. Auch dürfe sich das Strafmaß aufgrund der Miteigentümerschaft nicht verdoppeln. Zudem enthalte der „Bescheid“ (gemeint wohl: das Straferkenntnis) vom 22. Oktober 2021 keine Unterfertigung, weshalb dieser als Nichtbescheid zu werten sei.

12 Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen wird, wenn die Revisionswerber wie hier bloß allgemein behaupten, das Verwaltungsgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll. Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, haben die Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. aus vielen etwa VwGH 16.11.2023, Ra 2022/10/0146, mwN).

13 Diesen Begründungserfordernissen wird mit den vorliegenden Zulässigkeitsausführungen, die ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behaupten, sich dabei aber auf allgemeines Vorbringen beschränken ohne (unter Anführung von nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidungen) anzugeben, welche Rechtsprechung konkret gemeint ist, nicht entsprochen.

14 In den Revisionen werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. April 2025

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