Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dipl.Ing.Dr. U H in W, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Skof, MMag. Maja Ranc, Mag. Sara Grilc LL.M., Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 7. Dezember 2021, Zl. KLVwG 1969/3/2021, betreffend Wildschadenersatz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der S W), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der Stadtgemeinde Wolfsberg den Antrag des Revisionswerbers auf Ersatz von Wildschäden durch Fischotter in näher bezeichneten Fischereirevieren für den Zeitraum von 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2017 ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Begründend führte es im Wesentlichen aus, dem Revisionswerber seien die geltend gemachten Schäden für die Jahre 2013 bis 2015 spätestens am 22. Februar 2016, für die Jahre 2016 und 2017 spätestens am 2. August 2019 bekannt gewesen. Er habe sie jedoch nicht fristgerecht im Sinne des § 76 Kärntner Jagdgesetz 2000 (K JG) dem Jagdausübungsberechtigten angezeigt oder bei der Gemeinde zur Weiterleitung an die Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten angemeldet. Die Ersatzansprüche für den beantragten Zeitraum seien deshalb erloschen.
3 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit geltend macht, es gebe mit Ausnahme des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2021, Ra 2021/03/0043, keine höchstgerichtliche Judikatur zu § 76 K JG. Jedenfalls gebe es keine Rechtsprechung zur Problematik der Geltendmachung von Wildschäden, die durch Fischotter verursacht würden. Es handle sich dabei um eine spezielle Problematik, da ein Schaden an Fischbeständen nicht gleichermaßen festgestellt werden könne wie ein Schaden, der durch landlebende Wildtiere verursacht werde. Es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob Schäden an Fischbeständen gerechtfertigter Weise gleich behandelt werden könnten wie Schäden etwa an Weidetieren, die viel leichter festzustellen seien. Weiters sei im gegenständlichen Verfahren von wesentlicher Bedeutung, dass das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Im ersten Rechtsgang sei lediglich geklärt worden, dass die Durchführung eines Schlichtungsversuchs keine Voraussetzung für die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle sei. Damit sei aber noch nicht gesagt, dass im Falle einer Beschwerde gegen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht das Landesverwaltungsgericht noch verhalten wäre, den nicht durchgeführten Schlichtungsversuch nachzuholen und diese Frage mit den Parteien zumindest zu erörtern. Ebenso habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, überhaupt Beweise aufzunehmen oder ein Verfahren darüber durchzuführen, wie die Anträge des Revisionswerbers aus den Jahren 2016 und 2017 rechtlich zu bewerten seien.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht wie im vorliegenden Fall im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
6 Gemäß § 76 K JG erlischt der Anspruch auf Ersatz des Wild und Jagdschadens, wenn der Berechtigte ihn nicht binnen 14 Tagen, bei Wildschäden an Wald nicht innerhalb von sechs Monaten, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können, dem Jagdausübungsberechtigten anzeigt oder bei der Gemeinde die Weiterleitung an die Schlichtungsstelle für Schildschadensangelegenheiten anmeldet, sofern er nicht nachzuweisen vermag, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Anmeldung gehindert war.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits erkannt, dass die rechtzeitige Geltendmachung des Ersatzanspruches nach § 76 K JG darauf gerichtet ist, den Eintritt materieller Rechtswirkungen (nämlich des Verlustes des Schadenersatzanspruches infolge Erlöschens) zu vermeiden. Die in § 76 K JG genannte Frist zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (bei sonstigem Erlöschen derselben) ist daher als materiell rechtliche Frist zu werten (VwGH 5.10.2021, Ra 2021/03/0043, Rn. 24).
8 Im gegenständlichen Fall ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Revisionswerber seine Ansprüche nicht fristgerecht geltend gemacht hat, weshalb sie gemäß § 76 K JG erloschen seien. Die Revision tritt dem nur insoweit entgegen, als sie vermeint, Schäden an Fischbeständen seien schwerer festzustellen als jene an landlebenden Tieren. Ohne auf diese Behauptung in der Sache näher einzugehen, wird damit nicht bestritten, dass dem Revisionswerber die fallbezogen relevanten Schäden, wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, bereits lange vor der Geltendmachung seiner Ansprüche im gegenständlichen Verfahren bekannt waren. Dass er diese Schäden entsprechend den Vorgaben des § 76 K JG fristgerecht gegenüber den Jagdausübungsberechtigten angezeigt oder bei der Gemeinde zur Weiterleitung an die Schlichtungsstelle angemeldet hätte oder er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Anmeldung gehindert gewesen wäre, wird von ihm hingegen nicht geltend gemacht.
9 Auf dieser Grundlage ist nicht zu erkennen, welche grundsätzliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Auslegung des § 76 K JG im gegenständlichen Fall (noch) zu klären wäre oder welche weiteren Ermittlungen durch das Verwaltungsgericht erforderlich gewesen wären, um die Angelegenheit zu entscheiden.
10 Soweit die Revision geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte in einer mündlichen Verhandlung (ungeachtet der Verfristung der Ansprüche) einen Schlichtungsversuch vornehmen sollen, zeigt sie nicht auf, dass die Verhandlung insoweit im Lichte des Art. 6 EMRK geboten gewesen wäre.
11 Gemäß § 78 Abs. 2 zweiter Satz K JG besteht zwar eine gesetzliche Verpflichtung der Schlichtungsstelle, vor einer behördlichen Entscheidung auf die gütliche Einigung zwischen den Parteien hinzuwirken. Das Unterlassen des vorgeschriebenen Schlichtungsversuchs stellt aber einen bloßen Verfahrensfehler dar (vgl. auch dazu VwGH 5.10.2021, Ra 2021/03/0043, Rn. 28 und 32). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem zitierten Erkenntnis darauf hingewiesen, dass dieser Verfahrensverstoß im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten von keiner Partei somit auch nicht vom Revisionswerber geltend gemacht worden ist (Rn. 31). Weshalb das Verwaltungsgericht nach Auffassung der Revision trotzdem gehalten gewesen sein sollte, den unterbliebenen Schlichtungsversuch aufzugreifen (und dazu eine Verhandlung durchzuführen), ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG zurückzuweisen.
Wien, am 10. März 2022