JudikaturVwGH

Ra 2022/03/0012 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der P KG in W, vertreten durch Ploil Boesch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2021, Zl. W194 2233219 1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommunikationsbehörde Austria; weitere Partei: Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der Kommunikationsbehörde Austria vom 28. Februar 2020 fest, dass die revisionswerbende Partei zu einem näher bestimmten Zeitpunkt § 38 Abs. 1 des Bundesgesetzes über audiovisuelle Mediendienste (AMD G) verletzt habe, weil sie im Rahmen der Sendung „P“ unzulässigerweise eine Produktplatzierung vorgenommen habe. Diese habe darin bestanden, dass im Zusammenhang mit einer tagesaktuellen Berichterstattung zweimal das Logo/die Marke der Tageszeitung/Webseite „H“ eingeblendet worden sei. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

2 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, der vorliegende Fall hänge von einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ab, weil die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Beurteilung der Entgeltlichkeit der kommerziellen Kommunikation unvollständig sei und sohin fehle. Zur Entgeltlichkeit der kommerziellen Kommunikation ließen sich zwar zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes finden, diese Judikatur zeige sich im Lichte der jahrelang von der Kommunikationsbehörde Austria geübten Rechtspraxis aber als dringend ergänzungsbedürftig. Denn die aus der Rechtsprechung abzuleitenden Grundsätze lieferten keine näheren Kriterien dazu, wie und von wem die Verkehrsauffassung/der Verkehrsgebrauch, an der/dem sich der objektive Maßstab der Entgeltlichkeit zu orientieren habe, zu ermitteln sei. Dies räume der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht einen nicht kontrollierbaren und einzugrenzenden Ermessensspielraum ein und ermögliche ihr, nahezu nach Gutdünken die Frage der Entgeltlichkeit zu beurteilen. Es bedürfe der Klarstellung, dass der objektive Maßstab immer in Bezug auf den konkreten zu beurteilenden Sachverhalt also unter Berücksichtigung der diesen Sachverhalt bildenden Einzelheiten anzulegen sei und, dass die sich auf den objektiven Maßstab berufende Behörde auf diese Einzelheiten des Sachverhalts auch tatsächlich näher einzugehen habe. Zudem sei zu konkretisieren, nach welchen Kriterien die dem objektiven Maßstab zugrunde zu legende Verkehrsauffassung zu bestimmen sei und insbesondere zu verfügen, dass dies im Einzelfall durch einen Sachverständigen zu erfolgen habe.

3 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

5 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Entgeltlichkeit kommerzieller Kommunikation grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen; entscheidend ist also nicht die tatsächliche Vereinbarung eines Entgelts oder einer sonstigen Gegenleistung, sondern, ob für die konkret zu beurteilende Ausstrahlung (Äußerung, Erwähnung oder Darstellung) nach dem üblichen Verkehrsgebrauch ein Beitrag zur Finanzierung zu leisten wäre (vgl. dazu etwa VwGH 21.6.2021, Ra 2020/03/0109, mwN).

6 Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass diese Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit einer Produktplatzierung im Sinne des § 2 Z 27 in Verbindung mit § 38 AMD-G, wie sie im gegenständlichen Fall angenommen wurde, anzuwenden ist. Sie bestreitet allerdings, dass eine kurzzeitige Einblendung des Logos einer Tageszeitung (von wenigen Sekunden) nach dem Verkehrsgebrauch gegen Entgelt erfolgen würde und vermisst eine Klarstellung durch das Höchstgericht, dass die Beurteilung der Entgeltlichkeit stets die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen müsse bzw. nach welchen Kriterien und auf welche Art und Weise der Verkehrsgebrauch zu ermitteln sei.

7 Diesbezüglich ist zunächst auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen. Das BVwG argumentierte, es gehe davon aus, dass ein nach den Grundsätzen der Marktwirtschaft agierendes Unternehmen wie die revisionswerbende Partei ein anderes Unternehmen bzw. dessen Marke wenn auch zeitlich kurz nur dann exklusiv in eine Sendung einbeziehe, wenn es hierfür eine Gegenleistung erwarten könne. Wie die Kommunikationsbehörde Austria aufgezeigt habe und die revisionswerbende Partei nicht bestreite, sei über das gegenständliche tagespolitische Thema in zahlreichen anderen Medien berichtet worden, weswegen die mittels Einblendung des Logos vorgenommene spezielle Hervorhebung nur eines einzigen Mediums konkret der Webseite „H“ das typische Verhalten eines Unternehmens am Markt vermuten lasse. Das Merkmal der Entgeltlichkeit sei daher als erfüllt anzusehen.

8 Aus dieser Begründung ergibt sich, dass sich das BVwG mit den konkreten Umständen des Einzelfalls beschäftigt und auch näher begründet hat, warum es fallbezogen von der Entgeltlichkeit der (exklusiven) Einblendung des Logos/der Marke nach einem objektiven Maßstab ausgegangen ist. Der Vorwurf der Revision, die Entscheidung des BVwG sei sowohl fallbezogen als auch im Allgemeinen unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen rechtlichen Leitlinien zur Entgeltlichkeit der kommerziellen Kommunikation nicht nachvollziehbar, trifft nicht zu. Das Erfordernis zur Ergänzung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

9 Im Übrigen legt die Revision nicht einmal ansatzweise dar, auf welcher objektiven Grundlagen sie zu der nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Einschätzung gelangt, für eine kurzzeitige Einblendung der Marke eines anderen Unternehmens würde nach dem Verkehrsgebrauch kein Entgelt geleistet.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Jänner 2022

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