JudikaturVwGH

Ra 2022/02/0106 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juli 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Schörner, über die Revision des L in S, vertreten durch Berlin Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Schwarzstraße 21, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 14. April 2022, 405 4/4230/1/7 2022, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 23. September 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sich „am 11.02.2021 um 19:35 Uhr“ an einem näher angeführten Ort nach Aufforderung eines besonders geschulten Organs der Bundespolizei geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei einen nach dem Kennzeichen konkretisierten Lastkraftwagen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Der durchgeführte Alkomattest „im Zeitraum von 11.01.2021, 19:35 Uhr bis 19:45 Uhr“ habe nach 4 Versuchen abgebrochen werden müssen, weil das Blasvolumen zu gering gewesen sei. Der Revisionswerber habe dadurch §§ 99 Abs. 1 lit. b und 5 Abs. 2 Z 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe von € 1.600, (Ersatzfreiheitsstrafe 533 Stunden) verhängt wurde. Beweiswürdigend stützte sich die Behörde auf die Anzeige vom 13. Jänner 2021, die Angaben des Meldungslegers und die Auswertung des vom Revisionswerber vorgelegten Schaublatts des Fahrtenschreibers vom 11. Jänner 2021.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg als unbegründet ab und bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass der Tatzeitpunkt im ersten Satz des Spruchs „11. 01 .2021 um 19: 45 Uhr“ zu lauten habe. Die übertretene Norm sowie die Strafsanktionsnorm wurden durch die Angabe der Fundstellen ergänzt. Der Revisionswerber wurde zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet und die Revision für nicht zulässig erklärt. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass sich der Vorfall am 11. Jänner 2021 ereignete und begründete die Spruchkorrektur damit, dass die Angabe des Tattages mit 11. Februar 2021 aufgrund der Chronologie des Verfahrens nur ein Versehen sein könne, zumal die Aufforderung zur Rechtfertigung dem Revisionswerber vor dem irrtümlich genannten Tatzeitpunkt zugestellt worden sei. Demgemäß habe der Revisionswerber das Schaublatt des Fahrtenschreibers vom 11. Jänner 2021 vorgelegt. Auch habe der Meldungsleger diesen Tag in seiner Stellungnahme genannt, die dem Revisionswerber innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung zur Kenntnis gebracht worden sei und eine taugliche Verfolgungshandlung darstelle. Eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte sei nicht erfolgt. Daher sei die Widersprüchlichkeit im Spruch zu berichtigen gewesen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber erachtet die Revision als zulässig, weil die im angefochtenen Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 6.10.1982, 82/03/0184 und 0194) überholt und fallbezogen nicht anwendbar sei. Von einem für den Revisionswerber erkennbaren Versehen der Behörde könne keine Rede sein, wenn in zahlreichen Aktenbestandteilen zwei unterschiedliche Tage als Tatzeit angegeben werden.

8 Nach dem zitierten Erkenntnis ist es der vor dem Verwaltungsgerichtshof belangten Behörde nicht verwehrt gewesen, gemäß § 62 Abs. 4 AVG eine Berichtigung des Tatjahres vorzunehmen. Entgegen dem dortigen Beschwerdevorbringen können auch Tatort und Tatzeit Gegenstand einer Berichtigung sein, wenn das Versehen (Schreibfehler) für die Partei ohne weiteres erkennbar war, wobei es zur Bescheidberichtigung auch im Zuge des Berufungsverfahrens kommen kann.

9 Ebenso ist seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle das Verwaltungsgericht berechtigt, eine im Straferkenntnis unrichtig wiedergegebene Tatzeit zu berichtigen (vgl. etwa VwGH 16.12.2015, Ro 2015/10/0013). Sohin ist das im angefochtenen Erkenntnis zitierte Erkenntnis nicht überholt.

10 Dem gegen die Zulässigkeit der Berichtigung vorgetragenen Argument, für den Revisionswerber sei ein Versehen der Behörde in der Angabe der Tatzeit nicht erkennbar gewesen, stehen die vom Verwaltungsgericht dargelegten Erwägungen entgegen, dass der Revisionswerber die Aufforderung zur Rechtfertigung vor dem irrtümlich angegebenen Übertretungszeitpunkt erhielt und er selbst das Schaublatt des Fahrtenschreibers vom richtigen Tag vorlegte. Da dem Revisionswerber der Tatzeitpunkt klar war, konnte das Verwaltungsgericht von einem offensichtlichen Versehen bei der Nennung des Übertretungstages ausgehen, zumal die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wie auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung enthaltene ziffernmäßige Angabe des Monats „02“ statt „01“ auf einen evidenten Tippfehler zurückgeführt werden kann. Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird daher nicht aufgezeigt.

11 Als weiteren Grund für die Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, dass keine tauglichen Verfolgungshandlungen innerhalb der Verjährungsfrist (Hinweis auf VwGH 27.9.1988, 88/10/0119) gesetzt worden seien.

12 Das Verwaltungsgericht stützte sich in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses darauf, dass dem Revisionswerber innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung die Stellungnahme des Anzeigenlegers mit dem korrekt angegebenen Datum der Übertretung zur Kenntnis gebracht worden sei, und qualifizierte das als taugliche Verfolgungshandlung.

13 In dem bereits zitierten Erkenntnis VwGH 27.9.1988, 88/10/0119, wendete der damalige Beschwerdeführer Verfolgungsverjährung ein, weil die dort ergangene Strafverfügung wegen der fehlenden Uhrzeitangabe keine entsprechende Verfolgungshandlung dargestellt habe. Diesem Einwand erkannte der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb keine Berechtigung zu, weil sowohl im Rechtshilfeersuchen der Behörde zur Vernehmung eines Zeugen, welcher der Strafakt einschließlich der Anzeige angeschlossen war, als auch in der Einvernahme dieses Zeugen als innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG gesetzte Verfolgungshandlungen zu erblicken ist, zumal nicht nur in der Anzeige sondern auch in dieser Zeugenaussage die schließlich angelastete Uhrzeit aufschienen.

14 Da sich im hier angefochtenen Erkenntnis das Verwaltungsgericht auf die innerhalb der Frist zur Verfolgungsverjährung dem Revisionswerber zugestellte Aussage des Meldungslegers stützte, zeigt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von der angesprochenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

15 Schließlich behauptet die Revision zu ihrer Zulässigkeit, dass widersprüchliche Angaben zur Tatzeit sowohl im Spruch als auch in der Begründung des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Straferkenntnisses enthalten seien, weshalb im angefochtenen Erkenntnis eine unzulässige Korrektur vorgenommen und damit von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen werde.

16 Den in der Revision dazu zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes liegen nicht behobene Widersprüche im Spruch des Straferkenntnisses (VwGH 21.3.1995, 94/09/0039, und VwGH 24.5.1995, 94/09/0347) oder im Spruch des Verwaltungsgerichtes (VwGH 26.4.2016, Ro 2015/09/0014 und Ro 2016/09/0004) zugrunde. Im vorliegenden Fall ist der im Straferkenntnis bestehende Widerspruch jedoch durch das angefochtene Erkenntnis behoben worden.

17 Dem weiters von der Revision in diesem Zusammenhang genannten Beschluss VwGH 29.10.2015, Ra 2015/07/0097, lag zugrunde, dass die Begründung des dort angefochtenen Erkenntnisses nicht im Widerspruch zu dem im Spruch bezeichneten Tatzeitpunkt stand. Ein Abweichen des hier angefochtenen Erkenntnisses von dieser Rechtsprechung wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargetan, weil das Verwaltungsgericht den Spruch des bekämpften Straferkenntnisses berichtigte und damit dessen Widerspruch behob.

18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2022

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