JudikaturVwGH

Ra 2022/02/0097 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
21. März 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der N AG in G, vertreten durch die SHMP Schwartz Huber Medek Pallitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 31. Jänner 2021, VGW 002/V/082/7790/2021, betreffend Übertretungen nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Zur Vorgeschichte wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2021, Ro 2020/02/0005, verwiesen. Hervorgehoben wird Folgendes:

2 Nach einer Kontrolle des an einer näher bezeichneten Adresse befindlichen Wettlokals, welches von der A GmbH betrieben wurde, wurden am 25. Februar 2019 20 näher genannte Gegenstände (19 Wettannahmeautomaten und ein Wettannahmeschalter sowie das darin befindliche Bargeld) vorläufig beschlagnahmt.

3 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 13. März 2019, MA 36 21952 2019 2, wurde die Beschlagnahme dieser 20 Gegenstände gemäß § 23 Abs. 2 iVm Abs. 4 Wiener Wettengesetz angeordnet.

4 Eine von der A GmbH gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde am Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) der Gerichtsabteilung 007 zugewiesen. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2019, VGW 002/007/6635/2019 18, wurde diese Beschwerde gemäß § 23 Wiener Wettengesetz als unzulässig zurückgewiesen, weil die A GmbH nicht Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände sei.

5 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 2. August 2019, MA36/193600000509/2019, wurde M P als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG der A GmbH einer Übertretung nach § 19 Abs. 2 erster Satz Wiener Wettengesetz schuldig erachtet. Über M P wurde hiefür gemäß § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz eine Geldstrafe von € 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und 20 Stunden) verhängt und ihr ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zur Zahlung vorgeschrieben sowie ein Haftungsausspruch gegenüber der A GmbH vorgenommenen (Spruchpunkt I.). Mit Spruchpunkt II. wurden gemäß § 17 Abs. 1 VStG iVm § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz die beschlagnahmten Gegenstände für verfallen erklärt.

6 Dagegen erhoben M P und die A GmbH eine Beschwerde, welche am Verwaltungsgericht der Gerichtsabteilung 094 zugewiesen wurde. Mit Erkenntnis vom 17. Februar 2020, 1.) VGW 002/094/12047/2019 14 und 2.) VGW 002/V/094/12048/2019, wies das Verwaltungsgericht diese Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es sich bei der Betriebsstätte um eine Betriebsstätte ohne ständige Aufsicht gehandelt habe und der Zutritt zu dieser Betriebsstätte nicht nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht worden sei. M Phabe daher § 19 Abs. 2 zweiter Satz Wiener Wettengesetz verletzt.

7 Die von M P und der A GmbH dagegen erhobene (ordentliche) Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Jänner 2021, Ro 2020/02/0005 bis 0007, als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurde die von der revisionswerbenden Partei erhobene Revision zurückgewiesen, weil diese zwar nach den unbestrittenen Feststellungen (bekannte) Eigentümerin der als verfallen erklärten Geräte und somit auch Partei des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sei. Allerdings sei ihr das Straferkenntnis der belangten Behörde nicht zugestellt worden und sie habe dagegen auch keine Beschwerde erhoben, weshalb keine Revisionsberechtigung vorliege.

8 Daraufhin stellte die belangte Behörde das Straferkenntnis vom 2. August 2019, MA36/193600000509/2019, in unveränderter Fassung, mit gleichem Datum an M P, die A GmbH und die revisionswerbende Partei an deren gemeinsame Rechtsvertreterin zu. In der Folge erhoben diese eine gemeinsame Beschwerde, welche am 26. Mai 2021 beim Verwaltungsgericht einlangte und der Gerichtsabteilung 082 zugewiesen wurde.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 31. Jänner 2021, 1.) VGW 002/082/7785/2021 17, 2.) VGW 002/V/082/7788/2021, sowie 3.) VGW 002/V/082/7790/2021, wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde von M Pund der A GmbH wegen entschiedener Rechtssache als unzulässig zurück (Spruchpunkt A.1.). Die Beschwerde der revisionswerbenden Partei wies es mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Spruchteil des angefochtenen Straferkenntnisses vom 2. August 2019 jenen Wortlaut erhalte, der ihm durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 17. Februar 2020, 1.) VGW 002/094/12047/2019 14 und 2.) VGW 002/V/094/12048/2019, zukomme, und dessen Spruchteil II nach einer Präzisierung der Fundstelle und Einfügung eines Halbsatzes (auszugsweise) wie folgt laute: „Folgende Gegenstände werden gemäß § 17 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, LGBl für Wien Nr. 26/2016, idgF der Novelle LGBl. für Wien Nr. 48/2016, für verfallen erklärt, wobei die nachfolgend genannten Wettannahmeautomaten im Eigentum der [revisionswerbenden Partei] stehen, nicht aber auch das Bargeld und die Komponenten des Wettannahmeschalters.“ (Spruchpunkt B). Die „ordentliche“ Revision sei nicht zulässig.

10 In seiner Begründung wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass vor dem Hintergrund der Regelungen der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes keine Annexsache vorliege, weil eine Zuteilung an die Gerichtsabteilung 094 nicht habe erfolgen können, weil diese von 2. September 2020 bis zum 2. Februar 2022 bei Zuweisungen zu übergehen gewesen sei. Die vorliegende Rechtssache sei nach den allgemeinen Grundsätzen neu zu ordnen und zuzuteilen gewesen. Entsprechend dem zweiten Absatz der Annexregelung liege keine Annexsache vor. Die Anwendung des Punkts 2. der Annexregelung würde bei Berücksichtigung aller früheren Rechtssachen zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, weil eine Priorität oder ein Annexvorrang für solche Konstellationen, bei denen das Beschlagnahmeverfahren und zeitlich nachfolgend das Strafverfahren und der Verfall von unterschiedlichen Gerichtsabteilungen erledigt wurden, nicht verankert sei. Die Begriffe „Annexsache“ und „Annexzahl“ seien nicht ident. Mit der Annexzahl werde die interne Bewertung von Geschäftsfällen angesprochen.

11 Betreffend den Verfall ging das Verwaltungsgericht zusammengefasst davon aus, dass die revisionswerbende Partei Eigentümerin der 19 Wettterminals sei. Das darin befindliche Geld sowie der Wettannahmeschalter samt dessen technischen Geräten und das darin befindliche Bargeld seien hingegen im Eigentum der A GmbH gestanden. Die revisionswerbende Partei stelle die in der Betriebsstätte eingesetzten Wettterminals her. Die Hardware sei für den Betrieb in einem Wettbüro gebaut und darauf ausgelegt. Die A GmbH entwickle die Software. Die revisionswerbende Partei übe eine Kontrolle über die Nutzung ihrer Geräte und ihrer Hardware insofern aus, als diese prüfe, ob ein Kunde über eine entsprechende Berechtigung verfüge. Bei Wettterminals werde von einem Betreiber eine entsprechende behördliche Genehmigung verlangt. Konzernintern habe es keine Richtlinien oder Anordnungen der revisionswerbenden Partei an die A GmbH gegeben, auch nicht zur konkreten Ausgestaltung eines Zutritts oder Aufenthaltskontrollsystems in den Betriebsstätten, in denen die Wettterminals zum Einsatz gekommen seien. Jedes Gerät habe einen vorgegebenen Standort, der der revisionswerbenden Partei mitzuteilen sei und auch nicht eigenmächtig geändert werden dürfe. Ein Kunde könne die gemieteten Geräte nicht eigenständig und nach freier Entscheidung überall aufstellen und betreiben. Die revisionswerbende Partei führe Aufzeichnungen darüber, welche Geräte in ihrem Eigentum stünden, wo diese aufgestellt seien und wer sie betreibe. Im Fall einer Beschlagnahme von Geräten gebe die A GmbH der revisionswerbenden Partei die entsprechenden Seriennummern bekannt. Es sei derzeit eine vierstellige Zahl an Geräten der revisionswerbenden Partei im Einsatz. Für die Nutzung der Wettterminals werde von der revisionswerbenden Partei ein Fixbetrag vorgegeben. Die Zahlung erfolge nicht direkt an diese, sondern über ein verbundenes Unternehmen als Teil der von diesem zusätzlich zur Verfügung gestellten Infrastruktur, wozu auch die Betriebsstätten, die Innenausstattung und teilweise auch das Personal gehöre. Für beschlagnahmte Geräte verrechne die revisionswerbende Partei konzernintern kein Entgelt. Die revisionswerbende Partei sei Alleingesellschafterin der A GmbH und der H Management GmbH, die ebenfalls zum Konzern gehöre. Diese miete die Wettterminals von der revisionswerbenden Partei. In einem Gesamtpaket erfolge dann die Weitervermietung zu einem Gesamtpreis an die A GmbH.

12 In rechtlicher Hinsicht schloss das Verwaltungsgericht daraus, die revisionswerbende Partei habe erkennen und absehen können, dass es zu einer unzureichenden Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes und zur Begehung einer Verwaltungsübertretung kommen könne, zumal die Wettterminals für den selbstständigen Abschluss von Sportwetten gemeinsam mit der A GmbH entwickelt worden seien. Als Voraussetzung der Gerätenutzung sei konzernintern lediglich eine aufrechte behördliche Genehmigung festgelegt worden, detaillierte Vorgaben oder Leitlinien anhand des Wiener Wettengesetzes seien jedoch von der revisionswerbenden Partei nicht gemacht worden; Kontrollen seien in dieser Hinsicht nicht vorgesehen gewesen. In dieser Konstellation sei eine Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die A GmbH insgesamt nicht sichergestellt gewesen. Es liege ein fahrlässiges Verhalten vor. Der erforderliche Konnex zwischen der Tatbegehung und einem eigenen schuldhaften Verhalten der revisionswerbenden Partei sei gegeben. In der Betriebsstätte habe eine rechtskonforme ständige Aufsicht oder alternativ eine wirksame Zutrittskontrolle gefehlt. Im Hinblick darauf, dass der erklärte Zweck des Wiener Wettengesetzes der Schutz von Jugendlichen und der Wettkundschaft sei, sei der Einsatz der Wettterminals als besonders problematisch zu sehen und seit Inkrafttreten des Gesetzes zusätzlich strengeren Regelungen unterworfen. Der Verfall diene als sichernde Maßnahme der wirkungsvollen Umsetzung der öffentlichen Interessen. Die Wiederaufnahme des Betriebs (nach der Betriebsschließung) am Standort erfordere deren Neuaufstellung. Die zwingende Betriebsnotwendigkeit der Hardware gerade dieser neunzehn für verfallen erklärten Wettterminals für die Tätigkeit der revisionswerbenden Partei sei nicht eingewendet worden. Im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Schutzgüter im öffentlichen Interesse könne der Verfall nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

13 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage.

14 Die vorliegende außerordentliche Revision richtet sich ausschließlich gegen den Verfallsausspruch.

15 Parallel zur vorliegenden Revision erhob die revisionswerbende Partei auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 18. März 2022, E 668/2022 5, ablehnte.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 26.3.2021, Ra 2021/03/0017, mwN).

20 Die revisionswerbende Partei macht zunächst geltend, dass im vorliegenden Fall ein nach der Geschäftsverteilung unzuständiger Richter des Verwaltungsgerichtes über die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen das Straferkenntnis vom 2. August 2019 entschieden habe. Nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes hätte das Verfahren als Annexsache zum Beschlagnahmeverfahren, das als erstes Verfahren das Hauptverfahren bilde (Verweis auf VwGH 29.3.2021, Ra 2021/02/0006 bis 0007), geführt werden müssen. Es wäre somit die Gerichtsabteilung 007 zuständig gewesen.

21 Die hier maßgeblichen Regelungen der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes lauteten zum Zeitpunkt der Zuteilung der Rechtssache an die schließlich entscheidende Gerichtsabteilung 082 in der Fassung vom 10. Mai 2021 wie folgt:

A 1: Verteilung der Rechtssachen

1. Allgemeine Grundsätze

Die Verteilung der Rechtssachen erfolgt täglich um 10 Uhr, die der Anträge auf einstweilige Verfügungen [...] hingegen sofort nach Einlangen, in alphabetischer Reihenfolge nach der Bezeichnung des Einschreiters; hierbei entscheidet

a) der erste darin vorkommende Familienname,

b) der dazugehörende Vorname

c) bei zwei Personen gleichen Familien und Vornamens entscheidet das frühere Geburtsdatum oder

d) in Ermangelung eines Personennamens der Firmenname.

e) Näheres ist bei den einzelnen Rechtssachen bestimmt.

2. Protokollgruppen

Die beim Verwaltungsgericht anfallenden Rechtssachen werden in Protokollgruppen erfasst.

[...]

3. Zuweisung der Rechtssachen

Die Rechtssachen werden den Gerichtsabteilungen innerhalb der Protokollgruppen fortlaufend nach folgenden Grundsätzen zugewiesen.

3.1. Verwaltungsstrafsachen

[...]

3.4. Sonstige Zuweisungsregeln

3.4.1. [...]

[...]

3.4.4. Beschwerden gegen Bescheide, mit denen der Verfall, die Beschlagnahme oder die (vorläufige) Sicherheitsleistung ausgesprochen wurde, ohne dass die zugehörige Rechtssache beim Verwaltungsgericht Wien angefallen ist, sind nach dem im Akt befindlichen Bescheid entsprechend der ersten angeführten Verwaltungsvorschrift (im Strafverfahren: die Strafsanktionsnorm) zu behandeln. Die Grundsätze von A 1 Punkt 1. sind anzuwenden.

[...]

4. Annexsachen

Annexsachen sind Rechtssachen, die mit einer anhängigen oder anhängig gewesenen Rechtssache im sachlichen Zusammenhang stehen. Sie werden mit einer neuen Geschäftszahl versehen und abweichend von A 1 3. wie eine neue Rechtssache demselben Richter zugewiesen, dem die anhängige oder anhängig gewesene Rechtssache zugewiesen worden ist. Ist für die Annexsache ein Senat zuständig, so richtet sich die Zusammensetzung des Senates nach jener für den Stammakt.

Eine Annexsache liegt nicht vor, wenn eine solche Zuweisung an den Richter nicht möglich ist. In diesem Fall ist die Rechtssache nach den allgemeinen Grundsätzen neu zu ordnen und zuzuteilen.

Annexsachen sind:

1. [...]

2. Beschwerden gegen Bescheide, mit denen der Verfall oder die Beschlagnahme ausgesprochen oder mit denen eine (vorläufige) Sicherheitsleistung festgesetzt wurde oder Barauslagen vorgeschrieben wurden, gleiches gilt, wenn die zugehörige Rechtssache erst nach Einlangen der Beschwerde beim VGW anhängig wurde (bei Beschwerden gegen Bescheide betreffend das Glücksspielgesetz oder das Wiener Wettengesetz, mit denen der Verfall oder die Einziehung ausgesprochen wurden, liegen keine Annexzahlen vor).

[...]

Der Anhang gilt als Teil der Geschäftsverteilung.

Anhang I: Verwaltungsstrafsachen

[...]

002 Glücksspielrecht

Gebühren von Totalisateur und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens

Glücksspielgesetz (GSpG)

Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz)

[...]

Anhang V: Allgemeines

[...]

Die Gerichtsabteilung 94 [...] ist ab 2. September 2020 für die Dauer der weiteren Abwesenheit bei der Zuweisung zu übergehen.“

22 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Zusammenhang mit Verfahren nach dem Wiener Wettengesetz mit inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Regelungen der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtes bereits auseinandergesetzt. Im Erkenntnis vom 29. März 2021, Ra 2021/02/0006 bis 0007, hat er klargestellt, dass Beschlagnahmeverfahren Annexsachen zu Verwaltungsstrafverfahren sind. Langt jedoch zuerst die Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid ein, wird dieses Verfahren als Hauptverfahren geführt. In diesen Fall ist daher das Verwaltungsstrafverfahren als Annexverfahren jener Gerichtsabteilung zuzuweisen, die das Beschlagnahmeverfahren führt bzw. geführt hat. Der sachliche Zusammenhang ergibt sich aus der dieser Anordnung folgenden taxativen Aufzählung der als Annexverfahren qualifizierten Verfahren.

23 Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2022/02/0011 bis 0013, wurde weiters festgehalten, dass auch für die Zuweisung von Beschwerden betreffend das Wiener Wettengesetz, mit denen der Verfall oder die Einziehung ausgesprochen wurde, der Grundsatz der Annexität gilt und daher jener Gerichtsabteilung zuzuweisen sind, die das vorangegangene Beschlagnahmeverfahren zu führen hatte.

24 Dem vorliegenden Revisionsfall liegt jedoch ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, gingen doch dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zwei Verfahren voraus, die von unterschiedlichen Gerichtsabteilungen erledigt wurden; nämlich das Beschlagnahmeverfahren von der Gerichtsabteilung 007 und das Verwaltungsstrafverfahren samt Verfall von der Gerichtsabteilung 094. Insofern lagen zwei Anknüpfungstatbestände im Sinn des Punkts A 1 4. der Geschäftsverteilung vor. Die Geschäftsverteilung trifft für diesen Fall keine Regelung, weshalb fallbezogen entsprechend der Bestimmung des Punkts A 1 4. zweiter Absatz keine Annexsache vorliegt. Ausgehend von den vorliegenden Umständen des Einzelfalls ist die nach den allgemeinen Grundsätzen nach A 1 1. der Geschäftsverteilung vorgenommene Zuweisung an die Gerichtsabteilung 082 daher nicht zu beanstanden. In Bezug auf die behauptete Unzuständigkeit des erkennenden Richters wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

25 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision im Weiteren im Hinblick darauf gegeben, dass das Verwaltungsgericht ein Verschulden ihrerseits an der Verwaltungsübertretung angenommen habe, weil sie hätte erkennen müssen, dass die Überlassung der Geräte der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde. Es fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob das Vorliegen eines Konzernverhältnisses alleine für eine derartige Annahme ausreichend sei. Der Verfall sei zudem unverhältnismäßig.

26 Mit diesem Vorbringen vermag die revisionswerbende Partei jedoch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufzuzeigen.

27 Nach § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz kann der Verfall (auch) unabhängig von der Bestrafung nach Abs. 1 ausgesprochen werden, somit als selbstständiger Verfall auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes festgelegt ist („die entgegen diesem Landesgesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet werden“) und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt. Damit kann aber beim Verfall nach § 24 Abs. 2 leg. cit. nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden (vgl. VwGH 2.12.2020, Ra 2020/02/0194, mwN; siehe auch VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0228).

28 Die Frage, ob in einem konkreten Fall der Verfall nach dem Wiener Wettengesetz auszusprechen ist, begründet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre oder wenn eine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Missbrauches oder eines Überschreitens des eingeräumten Ermessens vorläge (vgl. VwGH 18.1.2022, Ra 2021/02/0223, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf.

29 Unbestritten ist, dass die im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehenden Wettgeräte in dem von der A GmbH betriebenen Wettlokal in Verletzung der Verpflichtung von Zutrittskontrollen zu Betriebsstätten nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz aufgestellt, betrieben oder verwendet wurden. Es lag daher eine Übertretung des Wiener Wettengesetzes vor, für die ein Verfall gemäß § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz ausgesprochen werden kann. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei kommt es dabei nicht darauf an, dass die konkreten Wettterminals tatsächlich „benutzt“ worden wären. Maßgeblich war vielmehr, dass schon die Ausstattung der Betriebsstätte mit den Wettgeräten eine Verwendung der Geräte entgegen dem Wiener Wettengesetz darstellt (vgl. bereits im Zusammenhang mit einer Aufsichtspflichtverletzung nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz VwGH 29.8.2022, Ra 2022/02/0150).

30 Dass die Verantwortlichen der revisionswerbenden Partei hätten erkennen müssen, dass ihre Geräte der Begehung einer mit dem Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werden, begründete das Verwaltungsgericht entgegen den Ausführungen der revisionswerbenden Partei in der Zulässigkeitsbegründung nicht bloß damit, dass die revisionswerbende Partei in den verfahrensgegenständlichen Konzern als „Mutterunternehmen“ eingegliedert sei, sondern leitete die Erkennbarkeit des drohenden Verstoßes gegen das Wiener Wettengesetz aus den mangelnden Vorgaben oder Leitlinien sowie den fehlenden Kontrollen im Konzern ab. Dass das Verwaltungsgericht diesbezüglich eine Fehlbeurteilung vorgenommen hätte, legt die Revision nicht dar.

31 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. März 2024

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