Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des Dr. M O, Rechtsanwalt in I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2021, Zlen. 1. W214 2231476 1/17E und 2. W214 2231476 2/16E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; mitbeteiligte Partei: Dr. F B in M; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Der Mitbeteiligte richtete am 8. Mai 2019 einen Antrag gemäß Art. 15 DSGVO an den Revisionswerber mit dem Ersuchen um Auskunft über seine personenbezogenen Daten, die der Revisionswerber als Rechtsvertretung der Stadtgemeinde I über ihn verarbeite bzw. abgespeichert habe, sowie auf Übersendung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO.
2 Der Revisionswerber teilte mit, dass alle Daten, die ihm mit Bezug auf den Mitbeteiligten vorlägen, seitens seiner Mandantschaft, der Stadtgemeinde I, im Rahmen des bestehenden Mandats ausschließlich zur Verwendung in Verfahren, die zwischen seiner Mandantschaft und dem Mitbeteiligten behingen, übermittelt worden seien. Insoweit verweise er daher auf die dem Mitbeteiligten als dortige Verfahrenspartei bekannten Schriftsätze und Protokolle. Sollten sie darin nicht ohnedies bereits zur Gänze beinhaltet sein, unterlägen sie aktuell seiner beruflichen Verschwiegenheitsverpflichtung.
3 In der daraufhin vom Mitbeteiligten eingebrachten Datenschutzbeschwerde machte der Mitbeteiligte eine Verletzung im Recht auf Auskunft geltend. Er brachte vor, dass der Revisionswerber unter Berufung auf seine Verschwiegenheitspflicht keine inhaltliche Auskunft erteilt habe.
4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 2020 wurde der Datenschutzbeschwerde teilweise stattgegeben und in Spruchpunkt 1. festgestellt, dass der Revisionswerber den Mitbeteiligten im Recht auf Auskunft verletzt habe, dass er ihm keinerlei Auskunft über dessen konkret verarbeitete Stammdaten (wie Name, Titel, Anschrift) erteilt habe. Mit Spruchpunkt 2. wurde dem Revisionswerber aufgetragen, dem Mitbeteiligten eine Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO über dessen konkret verarbeitete Daten gemäß Spruchpunkt 1. zu erteilen. Im Übrigen wurde die Datenschutzbeschwerde abgewiesen (Spruchpunkt 3.).
5 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Revisionswerber als auch der Mitbeteiligte Beschwerde.
6 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Februar 2021 wies das Verwaltungsgericht beide Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
7 2.2. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht über den oben bereits wiedergegebenen Verfahrensgang hinaus fest, dass der Revisionswerber dem Mitbeteiligten bereits im Rahmen des Antwortschreibens auf das Auskunftsbegehren bzw. präzisierend im Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde Auskunft über die Herkunft seiner personenbezogenen Daten, die vom Revisionswerber verarbeitet würden, erteilt habe.
8 Bezüglich der Beschwerde des Revisionswerbers stellte das Verwaltungsgericht fest, dass dieser Rechtsanwalt sei und seine Mandantschaft (Stadtgemeinde I) in mehreren verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen den Mitbeteiligten vertreten habe. Auf Grund des Auskunftsersuchens vom 8. Mai 2019 habe der Revisionswerber dem Mitbeteiligten bekannt gegeben, dass ihm die personenbezogenen Daten des Mitbeteiligten seitens der Stadtgemeinde I ausschließlich zur Verwendung in Verfahren, die zwischen der Stadtgemeinde I und dem Mitbeteiligten behingen, übermittelt worden seien. Die Informationen bildeten schon seit jeher den Gegenstand diverser verwaltungsgerichtlicher Verfahren. Als Verfahrenspartei kenne der Mitbeteiligte die vom Revisionswerber dort erstatteten Schriftsätze und das Verfahrensvorbringen im Detail. Sollten die Daten dort nicht ohnedies bereits zur Gänze beinhaltet sein, unterfielen sie aktuell seiner beruflichen Verschwiegenheitspflicht. Als maßgeblich werde schließlich festgestellt, dass der Revisionswerber dem Mitbeteiligten keine Auskunft über dessen konkret verarbeiteten Namen, Titel (akademischen Grad) und Anschrift erteilt habe.
9 In seinen rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Beschwerde des Mitbeteiligten aus, dass der Revisionswerber dem Auskunftsbegehren über die Herkunft der Daten ausreichend konkret nachgekommen sei. Dem Mitbeteiligten sei es nunmehr möglich, seine Betroffenenrechte gegenüber der Stadtgemeinde I bzw. dem Magistrat wahrzunehmen. Der Revisionswerber habe mitgeteilt, dass alle Daten, die ihm mit Bezug auf den Mitbeteiligten vorlägen, von der Stadtgemeinde I bzw. im Speziellen von der Dienststelle des Magistrats der Stadt, die das zum Mitbeteiligten bestehende Beamtendienstverhältnis zu verwalten hätte, stammten und er über keine anderen Daten des Mitbeteiligten verfüge.
10 Zur Beschwerde des Revisionswerbers führte das Verwaltungsgericht aus, dass dieser im vorliegenden Fall nicht dargelegt habe, inwiefern die Beauskunftung der in Rede stehenden Stammdaten des Mitbeteiligten seine berufliche Verschwiegenheit verletze. Die Berufung des Rechtsanwalts auf Verschwiegenheit könne aber nur punktuell und unter klar definierten Voraussetzungen erfolgen. Zudem werde vom Revisionswerber selbst vorgebracht, dass er diese Daten bereits im Rahmen eines anderen Verfahrens durch Einbringung von Schriftsätzen dem Mitbeteiligten übermittelt habe. Damit sei im Ergebnis aber auszuschließen, dass eine Beauskunftung der Stammdaten des Mitbeteiligten die berufliche Verschwiegenheitspflicht des Revisionswerbers verletze.
11 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 4.In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass die Frage des Normenkonflikts, der sich mit Bezug auf die der gegenständlichen vergleichbare Konstellationen zwischen den Regelungen der RAO einerseits und von DSGVO und DSG andererseits ergebe, höchstgerichtlich nicht geklärt sei. Jedenfalls finde sich in der Fachliteratur und im RIS keine einschlägige Judikatur und das Verwaltungsgericht verweise auch nicht auf eine solche. Ebenso wenig seien den Standesvertretungen der österreichischen Rechtsanwälte diesbezüglich klärende Vorgaben bekannt. Dabei betreffe das Problem alle österreichischen Rechtsanwälte, weil diese durch dritte Personen, die nicht ihre Mandanten, aber möglicherweise die Gegner ihrer Mandanten seien, in vergleichbarer Weise zur Bekanntgabe von personenbezogenen Daten aufgefordert werden könnten. Damit sei jedenfalls ein dringender Bedarf an höchstgerichtlicher Klärung gegeben, zumal mehrere vergleichbare Konstellationen im gesamten Bundesgebiet jeden Tag unzählige Male auftreten könnten und dies ein essentielles Problem der rechtsberatenden Berufe darstelle.
16 5.§ 9 Abs. 4 der Rechtsanwaltsordnung (RAO) bestimmt, dass, soweit dies das Recht des Rechtsanwalts auf Verschwiegenheit zur Sicherstellung des Schutzes der Partei oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen oder der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche erfordert, sich die betroffene Person nicht auf die Rechte der Art. 12 bis 22 und Art. 34 der DSGVO sowie des § 1 DSG berufen kann.
17 Die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung stellen klar, dass die Beschränkung der Betroffenenrechte (nur) so weit geht, wie dies das Recht des Rechtsanwalts auf Verschwiegenheit zur Sicherstellung des Schutzes der Partei oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen oder der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche erfordert. Die Beschränkung ist also lediglich punktuell und erfolgt unter klar definierten Voraussetzungen (vgl. RV 65 BlgNR 26. GP 160).
18 Das Verwaltungsgericht kam im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der Revisionswerber nicht dargelegt habe, inwiefern der beantragten Beauskunftung die berufliche Verschwiegenheitspflicht des Revisionswerbers entgegenstünde. Dem ist der Revisionswerber nicht entgegengetreten.
Ebenso wird in der Revision nicht vorgebracht, dass die Beschränkung des Auskunftsrechts des Mitbeteiligten im vorliegenden Fall erforderlich wäre, um das Recht des Revisionswerbers auf Verschwiegenheit zur Sicherstellung des Schutzes der Stadtgemeinde I oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen oder der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu gewährleisten.
19Vor diesem Hintergrund bedarf es im vorliegenden Fall auch keiner weiteren klärenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu dem im Zulässigkeitsvorbringen der Revision insinuierten Normenkonflikt zwischen § 9 Abs. 4 RAO und der DSGVO (zumal der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren auch nicht zur Lösung abstrakter Rechtsfragen berufen istvgl. VwGH 9.12.2024, Ra 2024/09/0075, mwN).
20 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. April 2025