Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. F W in W, vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 25, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. Dezember 2019, Zl. VGW-001/086/10107/2019-13, betreffend eine Übertretung nach § 57 Abs. 2 RAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien wurde der Revisionswerber einer Übertretung von § 57 Abs. 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO) schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe von EUR 700,-- (20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft. Ihm wurde zur Last gelegt, er habe - ohne in die Liste der Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen zu seine - gewerbsmäßige Dienstleistungen ausgeübt, die gemäß § 8 RAO den Rechtsanwälten vorbehalten seien; und zwar dadurch, dass er sich am 18. Dezember 2017 von einer näher genannten Person zur umfassenden Vertretung vor Gerichten und sonstigen Behörden bevollmächtigen habe lassen und in weiterer Folge am 7. März 2018 einen Termin in einer Notariatskanzlei wahrgenommen habe. 2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. 3 Das VwG stellte zusammengefasst fest, der Revisionswerber sei weder in die Liste der Rechtsanwälte noch in die Liste der Mediatoren eingetragen. Im Dezember 2017 sei der Revisionswerber von M.V. aufgesucht worden, der ihm eine Erbschaftsstreitigkeit geschildert habe, in die er involviert sei. M.V. habe über Jahre mit einer Lebensgefährtin in deren Wohnung zusammengelebt und diese Wohnung auch restauriert. Er habe die schwer erkrankte Frau bis zu ihrem Tod begleitet. Sie habe ihm gesagt, dass er nach ihrem Tod insbesondere in den Genuss der Wohnung komme werde, dafür aber letztlich keine Vorsorge getroffen. Der Revisionswerber habe M.V. gesagt, dass er im Wege der Mediation versuchen werde, zu einem Vergleich (mit den Erben) zu kommen. Wenn kein Vergleich zustande komme, müsse er klagen. Am 18. Dezember 2017 habe sich der Revisionswerber von M.V. eine Vollmacht ausstellen lassen, die ihn (u.a.) ermächtigt habe M.V., in allen Angelegenheiten sowohl vor Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Prozesse anhängig zu machen und davon abzustehen, Zustellungen aller Art anzunehmen, Vertretungen zu begehren und zu leisten, Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, und überhaupt alles vorzukehren, was für nützlich und notwendig erachtet werde. Zwischen dem Revisionswerber und M.V. sei Entgeltlichkeit der Leistungen vereinbart worden. Am 7. März 2018 habe der Revisionswerber gemeinsam mit M.V. einen Termin bei einem Notar wahrgenommen, um die Position seines Klienten darzulegen, was er sodann auch getan habe. Vor diesem Termin habe der Revisionswerber keinen Kontakt zu den Erben aufgenommen. Beim Notar habe der Revisionswerber die Vollmacht von M.V. vorgelegt und den anwesenden Personen erklärt, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, welche ein Kostenrisiko berge, kommen werde, wenn kein Vergleich abgeschlossen werde. Er habe dem Notar gegenüber angekündigt, ein Vergleichsangebot zu übermitteln, was in der Folge auch geschehen sei. Darin habe M.V. angeboten, die Wohnung binnen drei Monaten nach Vergleichsabschluss gegen Abgeltung seiner Investitionen in Höhe von EUR 40.000,-- zu räumen. Dieser Vergleichsbetrag sei nicht verhandelbar. Anderenfalls werde M.V. rechtliche Schritte einleiten.
4 Rechtlich folgerte das VwG, der Revisionswerber habe nach dem festgestellten Sachverhalt gewerbsmäßig Tätigkeiten ausgeübt, die den Rechtsanwälten vorbehalten seien. Wenn er geltend mache, ausschließlich als Mediator aufgetreten zu sein, so erfordere die Mediation ein parteienübergreifendes Einschreiten des Mediators, der dabei als neutraler Vermittler agiere. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht erfolgt, weil sich der Revisionswerber nur von einer Person habe bevollmächtigen lassen und in weiterer Folge nur die Interessen dieser Partei vertreten habe. Er habe sich gegenüber anderen Parteien nicht neutral verhalten und auch nicht deren Zustimmung für eine Mediation eingeholt. 5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit geltend macht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Umfang der zulässigen Tätigkeit von Mediatoren, insbesondere zur Abgrenzung der Tätigkeit eines Mediators zum rein anwaltlichen, durch die RAO geschützten Tätigkeitsbereich. Die Tätigkeit des Mediators werde im Regelfall dadurch begonnen, dass jemand sich Hilfe suchend an den Mediator wende. Dieser sei ab diesem Zeitpunkt gehalten, den künftigen Klienten entsprechend rechtlich zu beraten und gleichzeitig den für die Schlichtung maßgeblichen objektiven Sachverhalt zu erheben. Die rechtliche Beratung und die Sachverhaltsermittlung seien somit unverzichtbarer Bestandteil der Tätigkeit des Mediators. Nachdem der Revisionswerber lediglich zulässige Vorbereitungsarbeiten einer Mediation erbracht habe, hätte er dafür nicht nach § 57 Abs. 2 RAO bestraft werden dürfen. Überdies verstoße das VwG gegen die ständige Judikatur, dass zwischen Vollmacht und Auftrag zu unterscheiden sei. Die Erteilung einer Vollmacht besage nichts über den dahinterstehenden Auftrag. Eine umfassende Bevollmächtigung sei für sich genommen niemals ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 RAO und kein Eingriff in die Rechtsanwälten - mit vielen Ausnahmen - vorbehaltene Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
7 Nach § 57 Abs. 2 RAO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt. Gemäß § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwaltes auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne des § 8 Abs. 1 leg. cit. ist gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse der Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker werden hiedurch nicht berührt.
8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zielt die in Rede stehende Strafbestimmung des § 57 Abs. 2 RAO darauf ab, unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten abzuhalten. Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 RAO ist es daher nicht erforderlich, dass der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Nach dem Vorgesagten genügt vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit (vgl. etwa VwGH 21.5.2019, Ra 2018/03/0117, mit weiteren Nachweisen).
9 Im gegenständlichen Fall ist nicht strittig, dass der Revisionswerber einen Klienten in einer Verlassenschaftsangelegenhe it vor einem Notar - gestützt auf eine umfassende Vertretungsvollmacht - vertreten und den Erben im Folgenden - unter gleichzeitiger Androhung eines Rechtsstreites - ein Vergleichsangebot seines Klienten unterbreitet hat. 10 Das VwG geht außerdem davon aus, dass der Revisionswerber dabei nur die Interessen seines Klienten vertreten, sich gegenüber den anderen Parteien nicht neutral verhalten und von diesen keine Zustimmung zur Mediation eingeholt hat. All das bleibt in der Revision unbekämpft.
11 Ausgehend davon wirft der gegenständliche Fall keine grundsätzlichen Auslegungsfragen zur Abgrenzung der Mediation vom Tätigkeitsbereich der Rechtsanwälte auf, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden müssten.
12 Als "Mediation" bezeichnet § 1 Abs. 1 Zivilrechts-Mediations-Gesetz, BGBl. I Nr. 29/2003, eine auf Freiwilligkeit der Parteien beruhende Tätigkeit, bei der ein fachlich ausgebildeter, neutraler Vermittler (Mediator) mit anerkannten Methoden die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konfliktes zu ermöglichen.
13 Der Revisionswerber vermeint zwar, diese gesetzliche Begriffsdefinition könne auf ihn nicht "unmittelbar" angewendet werden, weil er in die Liste der Mediatoren nicht eingetragen sei. Ob diese Rechtsansicht zutrifft, braucht hier nicht weiter behandelt zu werden. Der Revisionswerber gesteht nämlich im Folgenden selbst zu, dass die Begriffsdefinition auch für ihn gelte, wenn damit ein allgemeines Verständnis von Mediation umschrieben werde, wovon nach der Textierung der Norm und den dazu ergangenen Gesetzesmaterialien (vgl. RV 24 BlgNR 22. GP, 10f) wohl auszugehen ist. Ungeachtet dessen legt der Revisionswerber auch nicht dar, dass und welches andere Verständnis von "Mediation" er einer Beurteilung seines Falles zugrunde gelegt haben wollte. 14 Dass der Revisionswerber fallbezogen Tätigkeiten ausgeübt hätte, die als "Mediation" im Sinne des bisher Gesagten angesehen werden könnten, ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht. Insbesondere findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Tätigkeiten des Revisionswerbers, wie er in seiner Revision mehrfach behauptet, nur "Vorarbeiten hin zu einem Mediationsvertrag" und zur "Absteckung der sachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der eigentlichen Mediation" gewesen wären.
15 Das VwG hat daher die Vertretungsleistungen des Revisionswerbers für seinen Klienten mit Blick auf die vorhandene höchstgerichtliche Rechtsprechung zutreffend jenem Tätigkeitsbereich zugeordnet, der nach § 8 Abs. 1 und 2 RAO den Rechtsanwälten vorbehalten ist.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. März 2020
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