Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des Gemeindevorstandes der Gemeinde S, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch Platz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 24. Juni 2019, KLVwG 274 277/11/2019, betreffend die Zuerkennung der Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. E E, 2. M K, 3. J K und 4. M M alle in B, alle vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in 9500 Villach, Peraustraße 9; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde S. vom 4. Dezember 2018, mit welchem ihre Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren des Dipl. Ing. S. abgewiesen worden waren, Folge gegeben und der genannte Bescheid dahingehend abgeändert, dass den mitbeteiligten Parteien die Parteistellung im betreffenden Baubewilligungsverfahren eingeräumt werde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das gegenständliche Baubewilligungsverfahren sei im vereinfachten Verfahren gemäß § 24 Kärntner Bauordnung 1996 (K BO 1996) durchgeführt worden, wobei die mitbeteiligten Parteien mit Schreiben vom 15. Juli 2015 davon in Kenntnis gesetzt worden seien. In diesem Schreiben sei das Bauvorhaben als „Errichtung eines Einfamilienhauses, eines Badehauses und Pkw Abstellfläche“ bezeichnet worden. Die mitbeteiligten Parteien hätten den Umstand, dass sie keinerlei Einwendungen im gegenständlichen Verfahren erhoben haben, damit begründet, dass im Verständigungsschreiben kein Hinweis darauf enthalten gewesen sei, dass eine Stützmauer in der Höhe von 4,80 m errichtet werden solle. § 24 K BO 1996 enthalte keine Vorgaben hinsichtlich des Inhaltes des Verständigungsschreibens. Aus § 41 Abs. 2 zweiter Satz AVG in Verbindung mit § 19 Abs. 2 AVG ergebe sich, dass in der Verständigung über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung insbesondere anzuführen sei, „was den Gegenstand der Amtshandlung“ bilde. Dasselbe müsse auch für das vereinfachte Verfahren gemäß § 24 K BO 1996 gelten. Im Revisionsfall seien die mitbeteiligten Parteien mangels Erwähnung der Stützmauer in der Verständigung vom Bauprojekt nicht in der Lage gewesen einzuschätzen, inwieweit sie vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffen seien. Zudem habe das Verständigungsschreiben keinerlei Hinweis auf die Präklusionsfolgen enthalten. § 24 K BO 1996 normiere zwar keine Verpflichtung, diesen Hinweis in das Verständigungsschreiben mit aufzunehmen. Es sei jedoch auf die Bestimmungen der §§ 41 und 42 AVG zu verweisen. Diese Bestimmungen würden sich zwar auf die Ladung zu einer mündlichen Verhandlung beziehen, jedoch sind die in § 24 lit. c K BO 1996 normierten Präklusionsfolgen in gleicher Weise gegeben wie jene hinsichtlich des § 42 AVG, sodass nicht nachvollziehbar wäre, wenn ein Hinweis auf die Präklusionsfolgen im Schreiben nach § 24 lit. a K BO 1996 nicht enthalten sein müsste. § 24 lit. c K BO 1996 stelle zu § 42 AVG daher eine speziellere Norm zum Eintritt der Präklusion dar, weshalb auf die Präklusionsfolgen jedenfalls hinzuweisen sei.
6 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens nach § 24 K BO 1996 die Verständigung der Anrainer im Sinn des § 24 lit. a K BO 1996 einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 24 lit. c K BO 1996 zu enthalten habe und welche Rechtsfolgen das Fehlen eines derartigen Hinweises habe.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, in welcher sich die revisionswerbende Partei der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes anschließt und darüber hinaus vorbringt, dass keine hg. Rechtsprechung zu den inhaltlichen Anforderungen an das Verständigungsschreiben gemäß § 24 lit. a K BO 1996 mit Blick auf die Beschreibung des Bauvorhabens sowie zu den Rechtsfolgen eines zu Unrecht durchgeführten vereinfachten Verfahrens nach § 24 K BO 1996 vorliege und das Verwaltungsgericht von der hg. Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie abgewichen sei.
Damit wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
8 Zunächst ist festzuhalten, dass dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vorliegt, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 1.8.2019, Ra 2019/06/0130 und 0131, mwN). Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG liegt auch dann nicht vor, wenn diese durch zur früheren Rechtslage ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde. Dasselbe gilt, wenn die Frage durch Rechtsprechung zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, beantwortet wurde (vgl. etwa VwGH 12.5.2022, Ro 2019/05/0025, mwN).
9 Dies ist hier der Fall: Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Bestimmung des § 22 NÖ Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) erkennt, kann ein Verlust der Parteistellung nach dieser Bestimmung nur dann eintreten, wenn die betroffene Partei bei der nachweislichen Verständigung vom Einlangen des Baubewilligungsantrages auf diese Rechtsfolge bei nicht fristgerechter Erhebung von Einwendungen hingewiesen wurde (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2016/05/0035, VwGH 27.8.2014, 2012/05/0027, VwGH 23.8.2012, 2011/05/0082, VwGH 31.3.2008, 2007/05/0021, sowie VwGH 27.1.2004, 2002/05/1371 und 1516). Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem klaren Wortlaut der Präklusionsregelung des § 22 Abs. 2 letzter Satz NÖ BauO 1996, welche § 42 AVG zum Vorbild habe. Diese Rechtsprechung ist auf die in § 24 lit. c K BO 1996 enthaltene Präklusionsregelung, welche ebenso wie § 22 Abs. 2 letzter Satz NÖ BauO 1996 § 42 AVG nachgebildet ist und den Verlust der Parteistellung im Fall der nicht fristgerechten Erhebung von Einwendungen normiert, übertragbar. Ein Verlust der Parteistellung nach § 24 lit. c K BO 1996 kann somit nur dann eintreten, wenn die betroffene Partei auf diese Rechtsfolge bei nicht fristgerechter Erhebung von Einwendungen hingewiesen wurde (vgl. auch W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Kärntner Baurecht5 [2015] S 329, Anm. 9).
10 Da das Verwaltungsgericht somit bereits im Hinblick auf das Fehlen eines Hinweises auf die Rechtsfolge der Präklusion im Fall der nicht fristgerechten Erhebung von Einwendungen im betreffenden Verständigungsschreiben zutreffend davon ausgegangen ist, dass die mitbeteiligten Parteien ihre Parteistellung im Baubewilligungsverfahren des Dipl. Ing. S. nicht verloren haben, kommt es auf die Beantwortung der weiteren, von der revisionswerbenden Partei in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Fragen nicht mehr an.
11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Zuspruch der verzeichneten Position „20 % StGZ“ (offenbar gemeint: 20 % Streitgenossenzuschlag) in den genannten Rechtsvorschriften nicht vorgesehen ist (vgl. etwa VwGH 10.6.2021, Ra 2017/06/0106, mwN).