JudikaturVwGH

Ro 2014/10/0062 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
18. März 2015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des J H in Graz, vertreten durch Dax Partner Rechtsanwälte GmbH in 8042 Graz-St. Peter, St. Peter Gürtel 4, gegen den Bescheid des Senates der Karl-Franzens-Universität Graz vom 11. Oktober 2012, Zl. 39/28/4-2011/12, betreffend Einsicht in Beurteilungsunterlagen (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Karl-Franzens-Universität Graz hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom 11. Oktober 2012 hat der Senat der Karl-Franzens-Universität Graz den Antrag des Revisionswerbers vom 15. November 2011 auf Gewährung der Einsichtnahme in die Beurteilungsunterlagen der am 1. September 2011 abgelegten Zulassungsprüfung für das Studium Psychologie gemäß § 124b Abs. 1 und Abs. 3 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Durchführung von Zulassungsprüfungen für das Psychologiestudium sei in § 124b UG und in der dazu ergangenen Verordnung des Rektorats betreffend Zulassungsbeschränkung zum Bachelorstudium Psychologie für die Studienjahre 2010/11 und 2011/12, Mitteilungsblatt der Karl-Franzens-Universität Graz für das Studienjahr 2009/10, Stück 38d, ausgegeben am 5. Juli 2010 (im Folgenden: Zulassungsverordnung), geregelt. § 124b UG enthalte in seinem Abs. 3 eine Regelung, wonach die Bestimmungen des § 77 UG über die Wiederholung von Prüfungen anwendbar seien. Eine Regelung über die Anwendbarkeit von § 79 Abs. 5 UG betreffend die Einsichtnahme in Beurteilungsunterlagen von Prüfungen werde hingegen nicht getroffen. Die Zulassungsverordnung enthalte keine Regelungen über die Anwendung der Bestimmungen des UG über das Prüfungsverfahren. Es bestehe daher keine zwingende Regelung über die Einsichtnahme in die Unterlagen von Prüfungen vor der Zulassung zu einem zulassungsbeschränkten Studium.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 20. Februar 2014, B 1429/2012, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Revisionswerber die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Die vom Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde gilt in sinngemäßer Anwendung von § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, als Revision, für deren Behandlung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind (vgl. den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/10/0029).

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde (die in erster und letzter Instanz

entschieden hat und an deren Stelle daher nicht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG das Verwaltungsgericht tritt) erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2009, haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

" II. Teil

Studienrecht

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Begriffsbestimmungen

§ 51. ...

(2) Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

...

15. Ordentliche Studierende sind die Studierenden, die zu den ordentlichen Studien zugelassen sind.

...

18. Ergänzungsprüfungen sind die Prüfungen zur Erlangung der allgemeinen Universitätsreife oder für den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache oder der körperlich-motorischen Eignung.

19. Zulassungsprüfungen sind die Prüfungen, die unter Berücksichtigung der Vorbildungsmöglichkeiten dem Nachweis der künstlerischen Eignung für die künstlerischen Studien dienen.

...

22. Außerordentliche Studierende sind die Studierenden, die zu den außerordentlichen Studien zugelassen sind.

...

3. Abschnitt

Studierende

...

Verfahren der Zulassung zum Studium

§ 60. (1) Das Rektorat hat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium an dieser Universität zuzulassen.

...

Zulassung zu ordentlichen Studien

§ 63. (1) Die Zulassung zu einem ordentlichen Studium setzt voraus:

...

4. die künstlerische Eignung für die Studien an den Universitäten gemäß § 6 Z 16 bis 21 und

5. die körperlich-motorische Eignung für das Lehramtsstudium im Unterrichtsfach Bewegung und Sport und das Studium der Sportwissenschaften;

...

(11) Kann der Nachweis der deutschen Sprache nicht erbracht werden, so hat das Rektorat die Ablegung einer Ergänzungsprüfung vorzuschreiben, die vor der Zulassung abzulegen ist. In den künstlerischen Studien kann im Curriculum festgelegt werden, dass die Ablegung der Ergänzungsprüfung spätestens vor der Meldung der Fortsetzung des Studiums für das dritte Semester nachzuweisen ist.

...

Allgemeine Universitätsreife

§ 64. (1) Die allgemeine Universitätsreife ist durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:

...

5. in den künstlerischen Studien die Bestätigung über die positiv beurteilte Zulassungsprüfung;

...

4. Abschnitt

Prüfungen

Feststellung des Studienerfolgs

§ 72. Der Studienerfolg ist durch die Prüfungen und die Beurteilung wissenschaftlicher Arbeiten (Diplomarbeiten, Masterarbeiten und Dissertationen) und künstlerischer Diplom- und Masterarbeiten festzustellen.

...

Beurteilung des Studienerfolgs

§ 73. (1) Der positive Erfolg von Prüfungen und wissenschaftlichen Arbeiten und künstlerischen Diplom- und Masterarbeiten ist mit "sehr gut" (1), "gut" (2), "befriedigend"

(3) oder "genügend" (4), der negative Erfolg ist mit "nicht genügend" (5) zu beurteilen. Zwischenbeurteilungen sind unzulässig. Wenn diese Form der Beurteilung unmöglich oder unzweckmäßig ist, hat die positive Beurteilung "mit Erfolg teilgenommen", die negative Beurteilung "ohne Erfolg teilgenommen" zu lauten.

...

Zulassungs- und Ergänzungsprüfungen

§ 76 . (1) Das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ hat fachlich geeignete Prüferinnen oder Prüfer für die Zulassungs- und Ergänzungsprüfungen heranzuziehen, die Prüfungsmethode zu bestimmen und festzulegen, ob die Prüfung als Einzelprüfung oder als kommissionelle Prüfung abzulegen ist.

(2) Im Curriculum für das Lehramtsstudium aus dem Unterrichtsfach Bewegung und Sport und für das Studium Sportwissenschaften ist festzulegen, in welcher Weise die Ergänzungsprüfung für den Nachweis der körperlich-motorischen Eignung abzulegen ist.

(3) Wird zur Vorbereitung auf eine Ergänzungsprüfung ein Universitätslehrgang eingerichtet, gilt dessen positiver Abschluss als Ergänzungsprüfung.

(4) In den Curricula für künstlerische Studien ist festzulegen, in welcher Weise die Zulassungsprüfung für den Nachweis der künstlerischen Eignung abzulegen ist.

Wiederholung von Prüfungen

§ 77. (1) Die Studierenden sind berechtigt, positiv beurteilte Prüfungen bis sechs Monate nach der Ablegung, jedoch längstens bis zum Abschluss des betreffenden Studienabschnittes oder bis zum Abschluss des betreffenden Studiums einmal zu wiederholen. Die positiv beurteilte Prüfung wird mit dem Antreten zur Wiederholungsprüfung nichtig. An den Universitäten gemäß § 6 Z 16 bis 21 dürfen zwei positiv beurteilte Lehrveranstaltungsprüfungen aus dem zentralen künstlerischen Fach während der gesamten Studiendauer je einmal wiederholt werden.

(2) Die Studierenden sind berechtigt, negativ beurteilte Prüfungen dreimal zu wiederholen. Auf die Zahl der zulässigen Prüfungsantritte sind alle Antritte für dasselbe Prüfungsfach in allen facheinschlägigen Studien an derselben Universität anzurechnen. In der Satzung ist festzulegen, ob und wie viele weitere Prüfungswiederholungen zulässig sind.

...

(5) Die Zulassungsprüfung für den Nachweis der künstlerischen Eignung sowie die Ergänzungsprüfung für den Nachweis der körperlich-motorischen Eignung sind unbeschränkt wiederholbar.

...

Rechtsschutz bei Prüfungen

§ 79. (1) Die Berufung gegen die Beurteilung einer Prüfung ist unzulässig. Wenn die Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung einen schweren Mangel aufweist, hat das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ diese Prüfung auf Antrag der oder des Studierenden mit Bescheid aufzuheben. Die oder der Studierende hat den Antrag innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe der Beurteilung einzubringen und den schweren Mangel glaubhaft zu machen. Der Antritt zu der Prüfung, die aufgehoben wurde, ist nicht auf die zulässige Zahl der Prüfungsantritte anzurechnen.

...

(3) Wenn die Beurteilungsunterlagen (insbesondere Gutachten, Korrekturen schriftlicher Prüfungen und Prüfungsarbeiten) den Studierenden nicht ausgehändigt werden, ist sicherzustellen, dass diese mindestens sechs Monate ab der Bekanntgabe der Beurteilung aufbewahrt werden.

(4) Die Prüferin oder der Prüfer oder die oder der Vorsitzende des Prüfungssenats hat für den geordneten Ablauf der Prüfung zu sorgen und das Prüfungsprotokoll zu führen. In das Protokoll sind der Prüfungsgegenstand, der Ort und die Zeit der Prüfung, die Namen der Prüferin oder des Prüfers oder die Namen der Mitglieder des Prüfungssenats, die Namen der oder des Studierenden, die gestellten Fragen, die erteilten Beurteilungen, die Gründe für die negative Beurteilung sowie allfällige besondere Vorkommnisse aufzunehmen. Die Gründe für die negative Beurteilung sind der oder dem Studierenden auf Antrag schriftlich mitzuteilen. Das Prüfungsprotokoll ist mindestens ein Jahr ab der Bekanntgabe der Beurteilung aufzubewahren.

(5) Der oder dem Studierenden ist Einsicht in die Beurteilungsunterlagen und in die Prüfungsprotokolle zu gewähren, wenn sie oder er dies innerhalb von sechs Monaten ab Bekanntgabe der Beurteilung verlangt. Die Beurteilungsunterlagen umfassen auch die bei der betreffenden Prüfung gestellten Prüfungsfragen. Die oder der Studierende ist berechtigt, von diesen Unterlagen Fotokopien anzufertigen. Vom Recht auf das Anfertigen von Fotokopien ausgenommen sind Multiple Choice-Fragen inklusive der jeweiligen Antwort-Items.

...

VIII. Teil

Übergangs- und Schlussbestimmungen

...

3. Abschnitt

Studienrecht

...

Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien

§ 124b. (1) Das Rektorat kann in den Bachelor-, Master- , Diplom- und Doktoratsstudien, die von den deutschen bundesweiten Numerus-Clausus-Studien Medizin, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin betroffen sind, den Zugang entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden bis längstens zwei Semester nach der Zulassung beschränken. Vor dieser Festlegung ist dem Senat Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen erstattet werden muss. Die Festlegung samt allfälliger Stellungnahme des Senats hat das Rektorat dem Universitätsrat zur Genehmigung vorzulegen. Entscheidet der Universitätsrat nicht innerhalb von vier Wochen ab Vorlage, gilt die Festlegung als genehmigt.

...

(3) Sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind, gelten für die Wiederholungen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Auch die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen ist zulässig. Prüfungstermine sind grundsätzlich einmal im Semester anzubieten. § 54 Abs. 8 ist nicht anzuwenden.

(4) § 124b Abs. 1 gilt für alle Studierenden der Humanmedizin, Zahnmedizin, der Medizinischen Studien und Veterinärmedizinischen Studien und des Studiums Psychologie unabhängig von der Staatsangehörigkeit, die ab dem Beginn der Zulassungsfrist für das Wintersemester 2009/2010 zum Studium zugelassen werden.

..."

Die Verordnung des Rektorats der Karl-Franzens-Universität Graz betreffend Zulassungsbeschränkung zum Bachelorstudium Psychologie für die Studienjahre 2010/11 und 2011/12 (Zulassungsverordnung) hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"I. Grundsätzliche Überlegungen

1. Für die Anmeldung zur Zulassungsprüfung ist eine elektronische Vorerfassung notwendig, sodass die Aufnahme erst nach der (bestandenen) Prüfung durchgeführt wird.

...

10. Die Aufnahme erfolgt entsprechend einer gereihten Liste. Sollten auf Grund des Testergebnisses mehrere Personen gleich gereiht sein, sodass keine eindeutige Auswahl möglich ist, und dadurch die Höchstzahl der zuzulassenden Studierenden überschritten wird, entscheidet das Los.

...

12. Die Auswahl wird so transparent wie möglich abgewickelt.

...

II. Studienplätze

Die Anzahl der Studienplätze wird für die Studienjahre 2010/11 und 2011/12 mit je 230 Personen festgelegt.

..."

Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, dass § 124b Abs. 3 UG die Anwendbarkeit von § 79 Abs. 5 leg. cit. betreffend die Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen nicht ausschließe. Der Umstand, dass die Anwendung von § 54 Abs. 8 UG auf Prüfungen im Auswahlverfahren explizit ausgeschlossen werde, lege den Umkehrschluss nahe, dass andere Bestimmungen des UG anzuwenden seien. Der Verweis auf die Anwendbarkeit der Bestimmung über die Wiederholung von Prüfungen sei nur eine Klarstellung. Eine verfassungskonforme Interpretation erfordere die Möglichkeit einer verwaltungsbehördlichen Überprüfung des Ergebnisses einer Zulassungsprüfung gemäß § 79 UG; eine solche Überprüfung setze die Einsichtnahme in die Beurteilungsunterlagen voraus. Im Übrigen erfordere auch die Erlassung eines im verwaltungsgerichtlichen Weg überprüfbaren Bescheides über die Verweigerung der Zulassung die Offenlegung der Beurteilungsgrundlagen, wie dies § 79 Abs. 5 UG vorsehe.

Es ist zunächst zu klären, ob es sich bei einer Prüfung im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens vor der Zulassung (im Folgenden: Zulassungsprüfung gemäß § 124b UG) um eine solche im Sinn des 4. Abschnittes des zweiten Teiles des UG (im Folgenden: Abschnitt "Prüfungen") handelt. § 124b UG räumt dem Rektorat die Möglichkeit ein, den Zugang zu bestimmten Studien entweder durch ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung oder durch die Auswahl der Studierenden innerhalb der beiden ersten Semester zu beschränken. Die Karl-Franzens-Universität Graz hat sich mit der Erlassung der Zulassungsverordnung für das Psychologiestudium für ein Aufnahmeverfahren vor der Zulassung, das die Absolvierung einer Prüfung umfasst, entschieden.

§ 124b Abs. 3 UG scheint sich nach seinen einleitenden Worten ("sofern in den Auswahlverfahren Prüfungen vorgesehen sind") nur auf Prüfungen im Auswahlverfahren, nicht aber auf solche im Aufnahmeverfahren vor der Zulassung zu beziehen. Nach den Gesetzesmaterialien (Abänderungsantrag AA 157 BlgNR 22. GP, 5) soll mit dieser Bestimmung sichergestellt werden, "dass die Bestimmungen über die Wiederholung von Prüfungen für alle anwendbar sind, die sich dem Zulassungsverfahren unterziehen müssen". Daraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff "Auswahlverfahren" hier in einem umfassenden, auch die Auswahl im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens vor Zulassung umfassenden Sinn versteht.

Bei § 124b UG handelt es sich um eine studienrechtliche Bestimmung, was sich auch aus der Überschrift des 3. Abschnittes des 8. Teiles ergibt. Wenn der Gesetzgeber in dieser Bestimmung das Wort "Prüfungen" verwendet, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diesen Begriff im Sinn des im studienrechtlichen Teil enthaltenen Abschnittes "Prüfungen" versteht. Dies spricht dafür, dass auch Zulassungsprüfungen gemäß § 124b UG als Prüfungen im Sinn des Abschnitts "Prüfungen" anzusehen sind.

Prüfungen im Sinn des Abschnittes "Prüfungen" dienen gemäß §§ 72 und 73 UG grundsätzlich der Beurteilung des Studienerfolges; sie sind entweder mit Noten bzw. - wenn dies unmöglich oder unzweckmäßig ist - positiv oder negativ zu beurteilen.

Der genannte Abschnitt des UG enthält jedoch in den §§ 76 und 77 Abs. 5 auch Bestimmungen über Ergänzungs- und Zulassungsprüfungen für den Nachweis der Eignung für bestimmte Studien, deren positive Absolvierung gemäß § 63 Abs. 1 Z 4 und 5 iVm § 64 Abs. 1 Z 5 bzw. § 63 Abs. 11 UG Voraussetzung für die Zulassung ist. Daraus ist ersichtlich, dass es sich auch bei Prüfungen, die nicht der Beurteilung des Studienerfolgs, sondern dem Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen dienen und die somit nicht von "Studierenden" im Sinn von § 51 Abs. 2 Z 15 bzw. Z 22 UG abgelegt werden, - ungeachtet der Benennung von Prüfungskandidaten als "Studierende" im Abschnitt "Prüfungen" - um Prüfungen im Sinn dieses Abschnittes handeln kann. Im Übrigen werden von § 124b Abs. 4 UG auch Personen, die sich dem Zulassungsverfahren gemäß dem Abs. 1 dieser Bestimmung zu unterziehen haben, als "Studierende" bezeichnet.

Aus § 124b Abs. 3 UG, wonach die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen zulässig ist, ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass auch Zulassungsprüfungen gemäß § 124b UG positiv oder negativ zu beurteilen sind, wobei es sachbezogen auf die Erbringung einer für die Reihung ausreichenden oder nicht ausreichenden Leistung ankommt.

Gemäß § 79 UG kann die Beurteilung einer Prüfung nicht angefochten werden, jedoch kann eine negativ beurteilte Prüfung mit Bescheid aufgehoben werden, wenn sie einen schweren Mangel aufweist, wobei der darauf abzielende Antrag innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe der Beurteilung einzubringen und der schwere Mangel glaubhaft zu machen ist. Hierbei handelt es sich lediglich um eine "Exzesskontrolle"; wird die Prüfung nicht angefochten oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen, so hat sie Bestand und kann nicht mehr beseitigt werden (vgl. dazu auch Perthold-Stoitzner in Mayer (Hrsg) , Universitätsgesetz 20022 (2010) 320f). Nach § 79 Abs. 5 UG ist Studierenden Einsicht in die Beurteilungsunterlagen und Prüfungsprotokolle zu gewähren, wenn sie dies innerhalb von sechs Monaten ab Bekanntgabe der Beurteilung verlangen. Von diesen Unterlagen dürfen auch Fotokopien angefertigt werden. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind vom Recht auf das Anfertigen von Fotokopien allerdings Multiple Choice-Fragen inklusive der jeweiligen Antwort-Items ausgeschlossen. § 79 UG enthält somit ein ausgewogenes System eines - eingeschränkten - Anfechtungs- und Einsichtsrechts.

Würde man die Sonderbestimmung des § 79 UG auf Zulassungsprüfungen gemäß § 124b UG nicht anwenden, so müssten diese Prüfungen als Zulassungsvoraussetzung im Rahmen des gemäß § 60 UG mit Bescheid abzuschließenden Zulassungsverfahrens überprüft werden; die Einsicht in die Prüfungsunterlagen wäre im Rahmen des Rechts auf Akteneinsicht zu gewähren. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er gerade für Zulassungsprüfungen gemäß § 124b UG, die von einer großen Zahl von Kandidaten absolviert werden, das von § 79 UG normierte System eines eingeschränkten Anfechtungs- und Einsichtsrechts nicht anwenden wollte.

Gegenteiliges kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass § 124b Abs. 3 UG für Zulassungsprüfungen zwar die Anwendung der - in § 77 leg. cit. enthaltenen - Bestimmungen über die Wiederholung von Prüfungen, nicht aber die Anwendung anderer Bestimmungen des Abschnittes "Prüfungen" ausdrücklich anordnet, zumal § 124b Abs. 3 UG in seinem zweiten Satz, wonach die Wiederholung positiv beurteilter Prüfungen zulässig ist, jedenfalls eine redundante Anordnung enthält, ist dies doch ohnehin in § 77 Abs. 1 leg. cit. geregelt (vgl. zur Kritik an dieser Norm auch Perthold-Stoitzner , aaO, IV.1. zu § 124b).

Aus all diesen Gründen ist § 79 Abs. 5 UG auch auf Zulassungsprüfungen gemäß § 124b leg. cit. anzuwenden. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der für den Schriftsatzaufwand vorgesehene Pauschalbetrag Umsatzsteuer bereits enthält.

Wien, am 18. März 2015

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