Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des J, vertreten durch Schmidtmayer, Sorgo, Wanke Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Ledererhof 2, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. März 2014, Zl. LVwG-TU-13-0007, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, erhobenen und zur hg. Zl. Ra 2014/09/0005 protokollierten Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wurden über den Revisionswerber wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in vier Fällen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 24 Stunden verhängt und ihm die Bezahlung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.
§ 30 Abs. 1 bis 3 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 lautet:
"§ 30. (1) Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung. Dasselbe gilt für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist.
(2) Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.
(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben."
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit der Revision gestellt. Die - außerordentliche - Revision wurde vom Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt, der Verwaltungsgerichtshof ist daher für die Entscheidung über den Antrag zuständig (ebenso wie er nach dem dritten Absatz des § 30 VwGG für eine Entscheidung über einen Antrag auf Abänderung einer vom Verwaltungsgericht bereits getroffenen Entscheidung zuständig wäre).
Der Revisionswerber begründet seinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der Vollzug der über ihn verhängten Geldstrafe einen unverhältnismäßigen Nachteil darstellen würde, weil dies seine Existenz gefährden würde. Er beziehe monatlich nur ein Einkommen von etwa EUR 1.000,--. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung könne ein Indiz für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht und die Vorschreibung von Beiträgen und Beitragszuschlägen gegen den Revisionswerber darstellen.
Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Daher ist zur Entscheidung über den Antrag das Ergebnis einer "Abwägung aller berührten Interessen" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblich. Bei dieser in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Interessensabwägung ist - vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung - eine Abwägung sämtlicher individueller und öffentlicher Interessen vorzunehmen, das Gesetz sieht insofern keine Einschränkung vor.
Der Revisionswerber hat im Fall einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Revision grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, so lange als unschuldig zu gelten und die gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen zu müssen, so lange nicht durch den Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses entschieden ist. Dieses Interesse ist umso stärker zu bemessen, je schwerer der erhobene Vorwurf, je gravierender der Nachteil und je höher die Strafe ist. Der durch die Geldstrafe für den Revisionswerber bewirkte Nachteil wird allerdings dadurch abgemildert, dass die Behörde gemäß § 54b Abs. 3 VStG einem Bestraften, der aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass eine bereits entrichtete Geldstrafe im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof und im Fall der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens oder im Fall der Herabsetzung der Strafe ein vom Revisionswerber bezahlter Geldbetrag entsprechend zurückzuzahlen ist und tatsächlich zurückgezahlt wird.
Der mit einer möglichen Ersatzfreiheitsstrafe verbundene Freiheitsentzug ist bei der Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht zu berücksichtigen, weil gemäß § 53b Abs. 2 VStG mit dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe - außer bei Fluchtgefahr - bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Revision zuzuwarten ist.
Ein öffentliches Interesse an der baldigen Wirksamkeit des gegen den Revisionswerber ausgesprochenen Schuldspruches sowie an der Bezahlung der ihm auferlegten Strafe und damit an der Erreichung des in der Strafnorm zum Ausdruck gebrachten general- und spezialpräventiven öffentlichen Zwecks besteht ebenfalls - jedenfalls wenn man die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides annimmt. Für die Beurteilung der Intensität der öffentlichen Interessen sind dergestalt die einer ersten Beurteilung unterzogenen Erfolgsaussichten der Revision - auch wenn die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision und gegebenenfalls der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision vorbehalten bleibt - nicht ganz ohne Bedeutung (vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, vgl. auch etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0224, vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 5. Dezember 2014, AW 2013/09/0039).
Der Antragsteller hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, VwSlg. 10.381 A/1981), was auch hinsichtlich einer Revision gegen die Verhängung einer Verwaltungsstrafe gilt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 7. April 2006, Zl. AW 2006/09/0006). Diese Konkretisierungspflicht ist grundsätzlich umso genauer zu beachten, je weniger offensichtlich die Schwere und Unumkehrbarkeit der mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber verbundenen Nachteile sind.
Der vorliegende Antrag lässt mangels Darlegung der Vermögensverhältnisse des Revisionswerbers die Beurteilung nicht zu, dass für ihn mit dem Vollzug des angefochtenen Straferkenntnisses tatsächlich ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Höhe der im vorliegenden Fall verhängten Geldstrafen für sich allein und die Angabe des derzeitigen monatlichen Einkommens ist hier keine ausreichende Begründung.
Wenn der Revisionswerber meint, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung könne ein Indiz für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht und die Vorschreibung von Beiträgen und Beitragszuschlägen gegen ihn darstellen, so ist dies nicht überzeugend, weil es sich bei der Beurteilung der Einräumung von vorläufigem Rechtsschutz in einem Verfahren wegen Bestrafung wegen Übertretung des AuslBG und der Sozialversicherungspflicht um unterschiedliche Rechtsfragen handelt.
Die Beurteilung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ergibt im vorliegenden Fall insbesondere angesichts der geringen Darlegung im Antrag, inwiefern die sofortige Bezahlung der Geldstrafen die Beschwerdeführerin unverhältnismäßig hart träfe, dass dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden konnte.
Wien, am 8. August 2014
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